ZitatAlles anzeigenAlcopops werden diese Mischungen aus Spirituosen und Limonade genannt. Sie sind erst seit zwei Jahren auf dem Markt und schon ein Renner, vor allem unter Jugendlichen. 240 Millionen Flaschen verkaufte man allein 2002.
Zielgruppe - Junge Frauen
Das Geheimnis dieser Getränke: Man schmeckt den Alkohol nicht. 5,4 Prozent Alkohol, soviel etwa wie ein starkes Bier, enthält etwa eine Flasche der Sorte "Rigo" und schmeckt dabei nur wie eine Tonic-Water-Limonade.
Konzipiert sind die Getränke vor allem für junge Frauen. Getrunken aber werden sie von denen, die den Geschmack von Limonade noch gewöhnt sind: Von Kindern und Jugendlichen.
Der Bielefelder Jugendforscher Prof. Klaus Hurrelmann macht die Alcopops mit dafür verantwortlich, dass der Alkoholkonsum von Jugendlichen in Deutschland nach jahrelangem Abwärtstrend wieder steigt.
"15 Prozent der 15jährigen Mädchen sagen, dass sie dieses Getränk jeder anderen Alkoholsorte vorziehen", berichtet Hurrelmann. Bei den Unter-18jährigen stünden Alcopops derzeit an der Spitze des Konsums.
Alkohol erst ab 18
Eigentlich dürfen alkoholische Getränke erst ab 18 gekauft werden, doch auch Jüngere kommen problemlos dran, wie Tests des ZDF ergaben. Weder in Supermärkten noch in Getränke-Kiosken wurden die Jugendlichen abgewiesen.
Erfahrungen mit Alkohol gehören zur Pubertät. "Für die meisten ist das auch ganz normal. Für einen Teil ist das dagegen mit dem Risiko verbunden, süchtig zu werden," sagt der Münchner Suchtforscher Ulrich Zimmermann. Er hat untersucht, welche Jugendliche eher zur Alkoholsucht neigen als andere.
Entscheidendes Alter
Faktoren wie familiäre Vorbelastungen und Stressempfindlichkeit spielen hier eine Rolle. "Niemand kann sich ganz sicher sein, dass er nicht zu den Risikogruppen zählt", sagt Zimmermann. Was für einige in der Clicque nur ein Ausprobieren ist, kann für andere der Beginn einer Alkoholikerkarriere sein.
Gerade im Alter zwischen zehn und zwanzig Jahren zeigt sich, ob Jugendliche zu Alkoholikern werden. Und gerade diese Altersgruppe fühlt sich von den neuen Alcopops besonders angesprochen. Das alarmiert die Forscher.
Erschließung neuer Zielgruppen
Die Spirituosenindustrie verweist auf die Verantwortung der Händler. Die müssten das Alter ihrer Kunden kontrollieren. Eine Sondersteuer auf die Produkte, wie sie die Bundesdrogenbeauftragte Marion Caspers-Merk jetzt vorgeschlagen hat, lehnt sie ab.
Eine solche Steuer hatte in Frankreich den Absatz von Alcopops erheblich reduziert. Eine "Strafsteuer" nennt der Branchenverband BSI entsprechende Pläne. Kein Wunder - ist es doch bei insgesamt abnehmendem Alkoholkonsums gelungen, mit den süßen und nichtalkoholisch schmeckenden Alcopos neue Zielgruppen zu erschließen.
Suchtforscher Zimmermann kommt der Gedanke an einen Tierversuch: "Die Tatsache, dass Alcopops eher sehr süße Getränke sind, erinnert an die Situation von Verhaltensforschern, die Ratten alkoholabhängig machen wollen. Ratten trinken keinen Alkohol von sich aus. Aber wenn man Alkohol mit zuckerhaltigem Wasser vermischt, dann trinken Ratten das durchaus. Und wenn man den Zuckergehalt im Laufe der Zeit immer mehr reduziert, trinken die Ratten tatsächlich auch reinen, puren Alkohol."
Noch eine Info:
ZitatAlles anzeigenHintergrund
Das Mischen von hochprozentigem Alkohol und Limonade ist im Grunde genommen nichts Neues. Früher nannte man es Longdrink. Seit Mitte der 1990er Jahre gibt es alkoholische Mischgetränke fertig gemixt auf dem deutschen Markt. Alcopops, Premix oder Ready to Drink (RTD) werden sie genannt.
Mit der Vermarktung von Alcopops reagierten Spirituosenhersteller auf sinkende Umsätze. Lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Spirituosen im Jahr 1980 noch bei 8 Litern im Jahr, so sank dieser Wert 2001 bis auf 5,8 Liter. Seit Einführung der Alcopops kehrt sich dieser Trend um. Bei einigen Spirituosenherstellern sollen Alcopops mittlerweile fast die Hälfte des Umsatzes ausmachen.
Grund für die erheblichen Umsatzsteigerungen sind ein beträchtlicher Werbeaufwand und Vermarktungsstrategien, die in erster Linie auf ein junges Publikum zugeschnitten sind. Häufig sind neue Mixgetränke erst in Clubs und Bars zu finden, bevor sie im Supermarkt im Regal erhältlich sind. Beispielsweise sollen 2004 einige Hersteller planen, fertig gemischte Cocktails zu vermarkten, deren Flaschenform einem Glas ähneln. Durch so genanntes "Gastro-Marketing" sollen die neuen "Cocktails to go" dann zunächst in der Clubszene unters Volk gebracht werden.
Die Sorten
Die Zahl unterschiedlicher Alcopops ist unübersichtlich, da laufend neue Marken erfunden werden. Die meisten Alcopops lassen sich aber folgenden Sorten zuordnen:
Mischgetränke aus destilliertem bzw. hochprozentigem Alkohol und Limonade
Bier-Limonade-Mischgetränke
Wein-Mischgetränke
Bier-Spirituosen-Limonade-Mischgetränke
Daneben gibt es auch Biere mit Aromazusätzen, um den bitteren Geschmack zu überdecken. Den größten Marktanteil nehmen Alcopops aus Spirituosen und süßen Limonaden ein.
Der verdeckte Alkoholgehalt
Durch den Zusatz von Zucker und Aromen wird der Alkoholgeschmack in Alcopops fast vollständig überdeckt. Besonders jungen Menschen und Personen, die noch keinen oder wenig Alkohol trinken, weil er ihnen nicht schmeckt, wird der Einstieg in den Alkoholkonsum somit erleichtert. Doch beim Trinken einer Flasche mit hochprozentigem Alkohol (275 ml, ca. 5,5 Vol.-%) nimmt man rund 12 g reinen Alkohol zu sich. Dem entsprecht in etwa die Menge von zwei Gläsern Tequila (je 2 cl, 38 Vol.-%).
Die Kalorienbombe
Nicht zu vergessen ist der hohe Kaloriengehalt von Alcopops, denn sowohl Zucker als auch Alkohol sind hohe Kalorienlieferanten. So versorgt beispielsweise eine Flasche eines Alcopops mit Spirituosenanteil den Körper mit rund 200 Kilokalorien. Nach zwei Flaschen hat man ungefähr die Kalorienmenge einer Portion Pommes Frites aufgenommen - Mayonnaise oder Ketchup noch nicht eingerechnet.
Zusatzstoffe
Alcopops enthalten neben Zucker und Alkohol häufig problematische Konservierungs- und Zusatzstoffe wie Benzoesäure (E210) und Natriumbenzoat (E211), die beide im Verdacht stehen, Allergien auslösen zu können. Darüber hinaus sind Alcopops häufig intensiv mit Farbstoffen und Aromen angereichert.
Folgen des Konsums
Der süße Geschmack der Alcopops verleitet dazu, sie wie Limonade zu trinken. Dies kann dazu führen, dass sehr schnell vergleichsweise große Mengen Alkohol aufgenommen werden. Der Zucker beschleunigt zudem die Alkoholaufnahme im Körper. Junge Menschen, deren Organismus noch nicht daran gewöhnt ist, Alkohol zu verarbeiten, erleben dabei schnell einen riskanten Alkoholrausch.
Aktuellen Studien zufolge sind die bunten Alcopops vor allem unter Jugendlichen beliebt. Seit Einführung der Alcopops sei das durchschnittliche Einstiegsalter in den Alkoholkonsum deutlich gesunken. Somit begünstigen Alcopops schon früh die Gewöhnung an Alkoholika. Wer jedoch früh beginnt Alkohol zu trinken, erhöht die Wahrscheinlichkeit im Verlaufe seines Lebens Alkoholprobleme zu entwickeln.
Mit dem Alkoholkonsum sind weitere Risiken verbunden. So steigt die Tendenz zu risikoreichem Verhalten wie beispielsweise das Fahren unter Alkoholeinfluss. Unkontrolliertes und aggressives Verhalten kann ebenfalls die Folge der enthemmenden Wirkung des Alkohols sein.
Umfrage:
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