Amoklauf von Winnenden

Soweit ich weiß, wurde in Erfurt damals für Robert eine Kerze aufgestellt.
Warum also jetzt nicht?
(Bezeichnenderweise hat eine der aufgestellten Kerzen damals nicht gebrannt, ist immer wieder ausgegangen, und man sah es als Fügung, dass Robert es also nicht verdient hätte. So leicht werden Ereignisse mystifiziert.)

Was mich persönlich sehr gestört hat ist, dass Tim nicht angemessen beerdigt wurde. Niemand verlangt eine aufwendige Trauerfeier, aber trotzdem war Tim ein Mensch und hat angeblich auf einem anonymen Friedhof nicht einmal das letzte Geleit von einem Pfarrer/Priester erhalten. Wieso nicht?
Aus rein theologischer Sicht versteh ich nicht, warum irgendein Pfarrer/Priester dies nicht für seine Pflicht hält, denn er müsste gelernt haben, dass aus biblischer Sicht den Menschen ein Urteil über gut und böse nicht zusteht, sondern dass nur Gott allein richten darf - solang soll man alle gleich behandeln.
Versteht mich nicht falsch, ich will jetzt keine Religionsstunde halten, zumal die Meinung über Glauben jedem selbst zusteht, aber warum sucht man nicht einen Geistlichen, der ihm das letzte Geleit spricht. Angst vor Schlagzeilen a lá "DIESER GEISTLICHE (roter Pfeil) SEGNETE EINEN 15-FACHEN MÖRDER" ...??
Ich versteh das nicht..

Genauso verstehe ich nicht, warum Tims Eltern nicht auch irgendwie um Tim trauern dürfen. Sie haben trotz allem einen Sohn verloren, der abgesehen von wenigen Stunden Anfang März fünfzehn Jahre lang ihr Sohn war!
Moralbildung in der Gesellschaft..
Angeblich hätten die Eltern der verstorbenen Schüler gefordert, dass in Zukunft nicht mehr über den Amokschützen berichtet werden dürfe - weder Namen, noch persönliche Hintergründe. Weil er dann zu MENSCHLICH wird?

Zitat von Wolkenfeder

Was mich persönlich sehr gestört hat ist, dass Tim nicht angemessen beerdigt wurde. Niemand verlangt eine aufwendige Trauerfeier, aber trotzdem war Tim ein Mensch und hat angeblich auf einem anonymen Friedhof nicht einmal das letzte Geleit von einem Pfarrer/Priester erhalten. Wieso nicht?
Aus rein theologischer Sicht versteh ich nicht, warum irgendein Pfarrer/Priester dies nicht für seine Pflicht hält, denn er müsste gelernt haben, dass aus biblischer Sicht den Menschen ein Urteil über gut und böse nicht zusteht, sondern dass nur Gott allein richten darf - solang soll man alle gleich behandeln.
Versteht mich nicht falsch, ich will jetzt keine Religionsstunde halten, zumal die Meinung über Glauben jedem selbst zusteht, aber warum sucht man nicht einen Geistlichen, der ihm das letzte Geleit spricht. Angst vor Schlagzeilen a lá "DIESER GEISTLICHE (roter Pfeil) SEGNETE EINEN 15-FACHEN MÖRDER" ...??
Ich versteh das nicht..

Zumindest in der katholischen Kirche galt der Suizid Anfang des 20.Jahunderts noch als Ausschlussgrund von einem kirchlichen Begräbnis. Inzwischen ist es, glaube ich, nicht mehr explizit geregelt.

Zitat von Wolkenfeder

Angeblich hätten die Eltern der verstorbenen Schüler gefordert, dass in Zukunft nicht mehr über den Amokschützen berichtet werden dürfe - weder Namen, noch persönliche Hintergründe. Weil er dann zu MENSCHLICH wird?

Wenn ich dem, was in meiner Tageszeitung steht, Glauben schenken darf, ging es bei der Forderung nach Anonymität darum, potentiellen Nachahmern kein Vorbild zu zeigen. Es geht also nicht darum, den Amokschützen als möglichst menschenfernes Monster darzustellen.

altpapier: Worin genau unterscheidet sich Tim von anderen Mördern? Inwieweit Tim ein Opfer der Familie/Gesellschaft ist, wurde bereits beschrieben, doch wie sieht es mit vielen anderen "bösen Menschen" aus? Meinst du nicht, dass man, wenn man "etwas an der Oberfläche des ganzen kratzen würde", bei vielen auch genug Zusammenhänge fände, die diese Menschen ebenfalls als Opfer der Gesellschaft/Familie/unglücklicher Zufälle auswiesen? Doch auch diese Menschen bekommen kein Mitleid oder Verständnis, stattdessen werden sie verurteilt und für lange Zeit weggesperrt.
Ich sage nicht, dass Tim kein Opfer ist, viel mehr stelle ich in Frage, ob es wirklich Sinn macht, Amokläufer gesondert zu betrachten und so zu tun, als seien sie die einzigen, die unserer Gesellschaft zum Opfer fallen.

Ich denke man würde die Sache ebenfalls anders sehen wenn Tim nicht 17 sondern 37 gewesen wäre. Ob man dann auch soviel "Mitleid" für den Amokläufer finden würde? Sicher, überall ist etwas schiefgelaufen, wenn es um Mord geht, aber bei Kindern und Jugendlichen kommt da der Gedanke der verlorenen Unschuld dazu, die nun mit Blut von anderen Menschen befleckt wurde.

Ich denke gerade an ein Lied des französischen Rappers MC Solar. Der hat ein Lied geschrieben das den Mord eines 6jährigen an einer Mitschülerin beschreibt. Und daran wie sehr es mich entsetzt hat. Dabei werden täglich Menschen wegen Vergeltung ermordet - von Erwachsenen. Aber die Tatsache, dass ein Minderjähriger sowas tut, entsetzt uns alle soviel mehr, bestürzt uns zutiefst. Vielleicht weil uns hier viel bewusster wird, wie kaputt die Menschheit eigentlich ist? Ich denke schon dass es damit zu tun hat.

Zitat von K@hi

altpapier: Worin genau unterscheidet sich Tim von anderen Mördern? Inwieweit Tim ein Opfer der Familie/Gesellschaft ist, wurde bereits beschrieben, doch wie sieht es mit vielen anderen "bösen Menschen" aus? Meinst du nicht, dass man, wenn man "etwas an der Oberfläche des ganzen kratzen würde", bei vielen auch genug Zusammenhänge fände, die diese Menschen ebenfalls als Opfer der Gesellschaft/Familie/unglücklicher Zufälle auswiesen? Doch auch diese Menschen bekommen kein Mitleid oder Verständnis, stattdessen werden sie verurteilt und für lange Zeit weggesperrt.
Ich sage nicht, dass Tim kein Opfer ist, viel mehr stelle ich in Frage, ob es wirklich Sinn macht, Amokläufer gesondert zu betrachten und so zu tun, als seien sie die einzigen, die unserer Gesellschaft zum Opfer fallen.

Erstmal denke ich, besteht (wie von FF erwähnt) schon der Unterschied im Alter.. Für mich ist es unvorstellbar, wie man mit 17 zu sowas in der Lage sein kann, das Übersteigt meinen Horizont einfach komplett.
Zudem liegt der Unteschied darin, dass man ihn nicht mehr Fragen kann. Motive anderer Mörder, sofern sie noch Leben sind und sie aussagen, sind oft ziemlich banal (natürlich nicht immer) aber da wird aus Neid gehandelt oder es kann auch an psychischen Problemem liegen (nicht das das banal wäre, aber ich hoff Du verstehst was ich meine). Ich denke, so ein Ereignis ist definitiv auch als Hilferuf aufzufassen, nur das eben jede Hilfe zu spät kommt. Und es soll eben die Augen öffnen. Ein 'normaler' Mörder will sich nicht an die Öffentlichkeit wenden, wage ich jetzt zu behaupten.

Ich finde es erschreckend, dass so ein junger Mensch einfach keinen anderen Ausweg mehr sieht. Ein konvetioneller Mörder wie aus dem Film tötet nicht um Auswege zu finden.

Und ich sage nicht, dass andere Täter schlimmer sind als Tim. Wenn ich schon so argumentiere, dann denke ich sind auch einzelne Mordfälle gesondert zu betrachten, auch in Bezug auf Gesellschaft und Umfeld, da hast Du Recht. Es geht aber eben nicht immer mit einem Universalrezept. Dennoch denke ich, kann man schon im Großen und Ganzen einen Unterschied ausmachen.