Herr Ellwanger sagt ehrlich:"Ihr Betrieb imponiert mir, Herr Direktor."
Bernhard ist hinter seinem Schreibtisch aufgestanden. "Bitte, nicht Direktor", sagt er. "Meine Frau hasst diese Anrede, sie behauptet, es erinnert sie an Zirkus."
Der Kriminalbeamte lacht:"Ich stelle es mir vor, dass es leichter ist, einen Flohzirkus zu überwachen, als all diese Frauen friedlich bei der Arbeit zu halten."
Bernhard:"Halb so schlimm. Bitte, nehmen Sie doch Platz ... Haben Sie etwas erreicht?"
Herr Ellwanger:"Wie man's nimmt."
Bernhard:"Meine Frau wird jeden Augenblick kommen. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Oder verbieten das Ihre Vorschriften?"
Herr Ellwanger:"Vielen Dank. Ich bin nicht aus Prinzip so ablehnend, aber ich fürchte, ich habe heute noch einiges zu tun."
Isabella tritt ein. Sie begrüßt den Beamten kurz, nickt ihrem Mann zu, dann fragt sie ohne Umschweife:"Miriam hat mit der Sache nichts zu tun, nicht wahr?"
"Ich glaube nicht, dass sie selbst das Geld genommen hat", erklärt der Beamte.
"Soll das heißen...?" Bernhards Kopf läuft rot an. Er beugt sich, die Fäuste geballt, über den Schreibtisch.
Herr Ellwanger:"Sind Sie über die Freundschaften Ihrer Tochter informiert?"
"Ich glaube, Miriam steht mit allen gut", sagt Isabella rasch. "Ich meine, mit allen aus ihrer Klasse. Ihre beste Freundin ist wohl Steffi Rössler."
Herr Ellwanger:"Wie ist es mit Jungen?"
Es entgeht dem Kriminalbeamten nicht, dass Isabella und ihr Mann einen raschen Blick miteinander wechseln. "Es wäre gut, wenn Sie mir die Wahrheit sagen würden", drängt er sanft. "Es ist ja nicht dabei, wenn ein Mädchen in diesem Alter einen Freund hat."
"Sie hat mit ihm Schluss gemacht", sagt Isabella "Ich weiß es ganz genau."
"Wann?" Herr Ellwanger wendet sich ihr zu.
Isabella:"Es war - warten Sie mal, an einem Sonntag, das ist sicher. Am Sonntag vor vier Wochen nicht wahr, Bernhard?"
Bernhard:"Möglich."
Isabella:"Das musst du doch noch wissen, Bernhard. Sie kam ganz verstört nach Hause und sagte, sie hätte mit - wie hieß er doch nur, ich glaube, Gregor - sie hätte mit ihm Schluss gemacht."
Bernhard:"Möglich."
Herr Ellwanger:"Sie haben ihr das geglaubt?"
Isabella:"Natürlich. Miriam lügt doch nicht."
Herr Ellwanger blättert in seinem Notizbuch. "Hm" sagt er "und die Hausschlüssel hat sie angeblich erst vor 14 Tagen verloren. Würden Sie trotzdem so nett sein und mir den Namen des jungen Mannes nennen, falls Sie ihn wissen?"
Als Herr Ellwanger weg ist, sagt Isabella nachdenklich:"Ich glaube nicht, dass es gut war die Kriminalpolizei zu holen."
Bernhard:"Warum nicht, wenn ich bitten darf?"
ISabella:"Die Untersuchung wird viel Staub aufwirbeln, Bernhard."
Bernhard:"Und wenn schon. Wir haben nichts zu befürchten."
"Aber vielleicht..." Isabella spricht den Satz nicht zu Ende.
Bernhard:"Sag schon, was du denkst! Du hast Angst um Miriam!"
Isabella:"Ja."
Bernhard:"Nun hör mal zu, Isa ... Wenn Miriam mit der Geschichte nichts zu tun hat, dann kann ihr nichts passieren. Wenn sie aber drinsteckt, dann ist es höchste Zeit, dass wir es erfahren."
Isabella:"Aber doch nicht durch die Kriminalpolizei, Bernhard. Hätten wir nicht erst einmal selbst mit ihr sprechen sollen?"
Bernhard:"Damit sie uns wieder die Hucke vollschwindelt? Nein, Isa, verlass dich auf mich ... Wir sind bisher viel zu nachsichtig mit dem Kind gewesen. Wenn deine Eltern Till von Anfang an energisch entgegengetreten wären, würde es vielleicht nicht soweit mit ihm gekommen sein."
Isabella:"Miriam und Till. Wie kannst du die beiden überhaupt vergleichen."
Bernhard:"Wissen wir, wie sie ist? Wir haben sie bisher immer durch eine rosarote Brille gesehen. Es ist gefährlich, vor der Wahrheit die Augen zu schließen."
Isabella:"Liebst du sie denn nicht, Bernhard?"
Bernhard:"Schon - aber ich könnte niemals mit ansehen, dass sie dir ernstlichen Kummer macht."
Isabella:"Aber, Bernhard, sie ist doch unser Kind. Glaubst du, es gibt Kinder, die ihren Eltern niemals Sorgen machen? Sorgen gehören doch dazu. Deshalb müssen wir Miriam nur noch mehr lieben."