Semesterferien und andere Katastrophen [beendet]

  • So, ich versuche mich auch mal an einer Fotostory.
    Geht mit mir nicht zu hart in's Gericht, ist meine erste, und für Verbesserungsvorschläge bin ich offen und dankbar.
    Die Idee kam mir gestern Abend beim Spielen, ich weiß nicht, ob's so ne Story schonmal gab.
    Ausserdem bin ich glaub ich nicht die begabteste darin, interessante Bilder zu machen, bisher zumindest nicht, aber ich denke, so wie sie sind, passen sie zur Geschichte, die ich drumherum aufgebaut hab. ;)





    Darf ich mich kurz vorstellen?
    Ich heiße Hannah, Hannah Lucas – „Wie nun, Hannah oder Lucas?“, den kenne ich schon, wer sich also drüber lustig macht, lacht alleine.
    Ich hatte das Glück vor 22 Jahren in eine Familie hineingeboren zu werden, in welcher man sich nie besondere Gedanken über Geld machen musste, es war da, wir hatten es, das genügte.
    Meine Mutter, Elaine, ist Dekanin an der hiesigen Universität, mein Vater Todd, ist so eine Art Star – zumindest ist der das unter den Stars, oder jenen, welche sich so nennen.
    Er ist Musikproduzent, und die, die ganz nach oben wollen, taten schon immer gut daran, ihn zu kennen, deshalb waren unsere wechselnden Behausungen schon immer gerammelt voll mit „Freunden der Familie“.
    Die ersten drei Jahre meines Lebens müssen abgesehen davon wohl ziemlich ereignislos verlaufen sein – nur zu gut, dass man sich an seine früheste Kindheit meistens nicht erinnern kann.
    Das änderte sich, als mein jüngerer Bruder Daniel geboren wurde.
    Seit seiner Kindheit war Daniel das, was man im Allgemeinen als „das schwarze Schaf“ bezeichnet.
    Er heckte die blödsinnigsten Sachen aus, war nie eine besondere Leuchte in der Schule (was nicht heißen soll, dass er besonders schlecht war, er musste nur mehr für seine Zensuren tun, als andere), und überhaupt, er war so ganz anders als wir.
    Während mein Vater die berüchtigtsten Partys gab, auf denen sich Stars und Sternchen tummelten, war Daniel eher introvertiert und zog sich eher vor den Computer zurück.
    Daniel und mein Vater ist in unserer Familie sowieso ein leidiges Thema – die beiden können nicht besonders gut miteinander; ständig hatte und hat Todd etwas an ihm auszusetzen, seien es seine Kleider, seine Vorlieben, oder seine Freunde.
    Wobei er von letzteren noch nie besonders viele hatte.
    Eigentlich war ich seine einzige Freundin, seine beste Freundin und seine Schwester, im Blute wie im Geiste.
    Ich hatte Daniel schon immer sehr gerne, und habe früher oft die dümmsten Streiche mit ihm ausgetüftelt.
    Wie dem auch sei – seit ich wegen meines Studiums weg bin, hat Daniel es nicht besonders einfach zu Hause, zwar versteht er sich mit meiner Mutter besser, als mit meinem Vater, aber sie ist oft ziemlich eingespannt, und ich kam nur noch in den Semesterferien nach Hause.
    So wie in diesem Jahr, nachdem ich das vierte Semester erfolgreich abgeschlossen hatte.
    Wer hätte schon gedacht, dass in diesem Jahr absolut alles auf den Kopf gestellt werden sollte…?




    Ich war grade angekommen, als Daniel mir schon entgegen kam.
    Seine Begrüßung war wie immer stürmisch und besonders herzlich; wir waren eben unzertrennlich, und auch ich hatte ihn während der letzten Monate sehr vermisst.
    „Hey Kurzer, alles klar bei Dir?“, lachte ich, während er mir um den Hals fiel.
    Eigentlich lächerlich, er war mindestens 10 Zentimeter größer als ich.
    „Klar mein Lästerschwein“, grinste er mich an.
    Ich knuffte ihn: „Hör auf dieses „Schwesterlein“ ständig zu verdrehen.
    Was machen Mom und Dad?“
    „Mom hat was zu Essen gemacht, wie immer, wenn die glorreiche Tochter nach Hause kommt.
    Dad…mit dem sprichst du am besten selbst.“
    „Hmhm…“, ich verkniff mir jeden weiteren Kommentar, ich wollte ihm nicht ständig das schlechte Verhältnis unter die Nase reiben.



    Nachdem ich alle begrüßt hatte, folgte das obligatorische Familienessen.
    Da ich Modedesign studiere, versteht es sich von selbst, was das Thema beim Essen war, und vor allem meine Mutter zeigte sich interessiert; sie jettet einmal im Jahr nach Paris zu den Modenschauen.
    Nur mein Vater musste sich mal wieder über meine Klamotten aufregen – dabei sollte er in seinem Business am besten wissen, was in ist, und was nicht.



    Eigentlich war ich zu müde an diesem Abend, aber Daniel hatte die Idee, alle Bekannten zu einer Willkommensparty einzuladen.
    Ich kann ihm nichts abschlagen, und so dauerte es nur noch eine Stunde, und die Party war in vollem Gange.



    Neben mehr oder weniger nervigen Bekannten und Freunden meiner Eltern, war auch meine beste Freundin Lucille gekommen; ich hatte sie seit über 7 Monate nicht mehr gesehen.
    Sie trug an diesem Abend sogar dasselbe Kleid wie ich, was mich aber nicht besonders wunderte, denn wir hatten schon immer denselben Geschmack, und wir waren wie Schwestern.
    „Hannah…schön, dich endlich mal wieder zu sehen, und nicht nur mit dir zu telefonieren“, wir umarmten uns innig.
    „Ich muss dir so viel erzählen Baby.“
    Sie lachte: „Das kann ich mir denken, bei dir auf dem Campus passiert ja auch wesentlich mehr als in dem Kaff hier.“
    „Lass uns morgen zu Fernando gehen und einen Cappuccino trinken, okay?
    Ich bin heute Abend zu platt, um alles auf die Reihe zu bekommen.“
    „Kann ich verstehen Süße, mach dir keinen Stress und komm erstmal richtig an.“
    Es fühlte sich gut an, endlich wieder zu Hause zu sein.
    Der Abend wurde denn auch ruhiger, als ich es erwartet hatte.
    Nachdem mich alle auf irgendeine Art und Weise Willkommen geheißen hatten, zog ich mich mit Daniel an den Billard Tisch zurück.



    „Hey Schwesterchen, Dein Spiel war auch schon mal besser.“, er grinste mich an.
    „Haha….ich will mal sehen, wie Du nach einer Stunde Klamotten zusammenpacken und 6 Stunden Autofahrt spielst.“
    „Ist ja schon gut, ich hab nichts gesagt.
    Wollte Sid dich wieder nicht gehen lassen, oder warum haste so lange gebraucht, um deine paar Sachen zusammen zu suchen?“
    „Sid…red bloß nicht von dem…“ ich versenkte die nächste Kugel etwas zu schwungvoll, und hätte fast den Stoff vom Tisch aufgerissen, als ich den Queue ansetzte.
    Daniel sah mich ernst an.
    „Was ist mit Sid…?“
    Ich winkte ab.
    „Eine Frau ohne Mann ist wie ein Fisch ohne Fahrrad.“
    „Ihr seid nicht mehr zusammen?“
    „Oh, er ist bestimmt noch zusammen…mit irgendwem…“
    „Hat er…dich betrogen…?“
    „Nicht heute Abend Daniel, okay?
    Ich will nur ’n bisschen Spaß haben und genießen, dass ich wieder zu Hause bin.
    Außerdem hab ich ja noch dich, Sunnyboy.“
    Ich zwinkerte ihm zu.
    Er lachte.
    „Klar mein Sahnetörtchen.“
    Er stockte kurz, bevor er wieder ansetzte.
    „Ich…hm…ich muss dir nachher noch was erzählen.
    Mom und Dad sollen davon nichts wissen…“
    „Hm…okay…“
    Ich wusste, dass es keinen Zweck hatte, weiter nachzubohren, er würde jetzt sowieso nichts sagen.
    Ich musste wohl oder übel bis nachher warten, und so nahm die Party ihren Lauf.


    Früher oder später tauchen auf einer Party bei uns immer Stars auf, weswegen davon meistens schon keiner mehr Notiz nimmt.
    Was für ihn hier nur noch mehr Grund ist, ungeniert mit Elaine zu flirten.



    Und sie genießt es.
    Meinen Dad interessiert das nicht wirklich, „das gehört zum Geschäft“, und meistens ist er selbst so beschäftigt mit sich und seinen „ultrawichtigen Kontakten“, dass er es schon gar nicht mehr wahrnimmt.


    Die Party ging bis zum nächsten Morgen, obwohl ich schon längst ins Bett wollte.
    Als schließlich alle abgezogen waren, drehten Daniel und ich noch eine Runde im Pool, und ich muss gestehen, ich war auch neugierig, was er mir erzählen wollte.



    „Komm schon Daniel, rück jetzt raus mit der Sprache, was ist los?“
    „Ich bin müde Hannah, lass uns morgen darüber reden.“
    „Du hast dich so komisch angehört…und Mom und Dad sollen davon nichts wissen.
    Ich bin deine Schwester, wenn irgendwas los ist, dann will ich das wissen.“
    Aber ich bekam nichts mehr aus ihm heraus.
    „Lass uns darüber reden, wenn du wieder bei Kräften bist.
    Schlaf dich erstmal richtig aus, und morgen…“, er sah auf die Uhr, „ich meine nachher reden wir dann darüber.
    Hab dich lieb, große Schwester.“
    Ich gab ihm einen Gute-Nacht-Kuss.
    „Ich dich auch…kleiner Bruder.
    Ich bin für Dich da.“
    Er nickte, und schon war er aus dem Zimmer.


    Es war sechs Uhr am Morgen, ich war seit fast 24 Stunden auf den Beinen, und die lange Fahrt und auch die Party, so ruhig sie gewesen sein mochte, hatten mich geschlaucht.
    Aber ich lag noch lange wach, und dachte darüber nach, was für Daniel so wichtig war…

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  • Gestern Abend ist mir was dazwischen gekommen, dafür geht's heute Morgen weiter. :D
    Vielleicht 'n bißchen weniger Actionreich als der Anfang, aber in der dritten Fortsetzung geht's wieder heißer her. ;)



    Semesterferien und andere Katastrophen - II.





    Irgendwann war ich endlich eingeschlafen.
    Als ich aufwachte, wurde mir bewusst, wie erschöpft ich wirklich gewesen war – ich hatte bis um fünf am Nachmittag geschlafen, und als ich mich endlich aufraffen konnte, fühlte ich mich wie eine 70-jährige.
    Ich hatte nichts geträumt, und dachte an Lucille, die ich sofort anrief, und mich in einer Stunde mit ihr verabredete.
    Also sprang ich schnell unter die Dusche, legte etwas Make-up auf, und dann stand sie auch schon vor meiner Tür.


    Wir gingen in die Altstadt, wo wir herumblödelten und uns aus der Hand lesen ließen.
    „Ich sehe…ein großes Ereignis…ja…Du wirst bald heiraten!“
    Ich musste lachen.
    Für 20 Dollar war die „Seherin“ ihr Geld wirklich wert – und wenn es nur zum Erheitern war.
    „Na da weiß sie ja mehr als ich…ich hätte sie über meine Vergangenheit befragen sollen, nicht über meine Zukunft.“, ich grinste Lucille an.
    „Vielleicht weiß sie auch einfach nur mehr als du?“
    Ich zuckte die Schultern: „Ich sollte mir eine Kristallkugel zulegen, damit kann man richtig gut Geld verdienen, wie’s aussieht.“
    „Ja, schmeiß dein Studium und werd „Madame Lucas“; Lucille lachte.




    „Na, auf die gute Nachricht gibt’s doch erstmal einen verfrühten Hochzeitskuchen.“
    Beim Bäcker ließen wir uns ein Stück Kuchen schmecken.
    „Hannah…ich hab gestern was aufgeschnappt.
    Was ist mit Sid los?“
    Mir blieb der Kuchen fast im Halse stecken.
    „Das ihr alle so neugierig sein müsst…“, nuschelte ich kauend vor mich hin, und wollte nur möglichst schnell vom Thema ablenken.
    „Ich bin nicht neugierig, ich will nur alles wissen…“
    Ich verdrückte den letzten Bissen und ließ mich auf einen Stuhl sinken.
    „Ich hab ihn auf der Jahrgangsparty mit einer anderen erwischt, okay?
    Befriedigt das Deine Neugier?
    Ist nicht grade toll, wenn man seinen Freund mit ner anderen rumknutschen sieht.
    Aber du kennst so was nicht, Lestat ist dir ja zu tausend Prozent treu.“
    Sie legte mir die Hand auf den Arm.
    „Mensch Süße…das wusste ich nicht, tut mir leid.
    Hast du ihm wenigstens eine Abreibung gegeben?“
    „Nein…ich bin kotzen gegangen und danach heulen…dann hab ich meinen Krempel zusammen gesucht und bin nach Hause.“
    Ich wollte Lucille eigentlich nicht mit meinem Seelischen Müll belasten, aber sie war meine beste Freundin, wenn ich es ihr nicht erzählen konnte, wem dann?
    „Du wirst drüber wegkommen, und davon mal abgesehen haben Lestat und ich auch unsere Probleme.
    Es scheint die Lieblingsbeschäftigung von Männern zu sein, ihren Freundinnen weh zu tun…“ murmelte sie.
    „Aber ich weiß was, was dich auf andere Gedanken bringt.
    Der „goldene Hahn“ hat zu gemacht, und seit 3 Wochen ist dort ein Nachtclub, das „Netherworld“, da laufen die süßesten Typen der Stadt rum.“
    „Lucille…mir ist nicht nach ausgehen.“
    „Ach komm schon…vergrab dein süßes Köpfchen nicht zu Hause.
    Du hast Ferien, genieß dass Leben!“
    Nun, sie brauchte nicht mehr viel Überredungskunst, eigentlich hatte sie schon gewonnen, als sie erwähnte, dass es einen neuen Club gibt.



    Es war sowieso schon spät, und so fuhren wir nur kurz zu mir nach Hause, um uns frisch zu machen.
    Lucille hatte Recht gehabt, der Club war der Hammer, und außerdem gut besucht.
    Allerdings stand mir der Sinn nicht nach Männern, und so blieben wir den Abend unter uns, spielten am Flipper und machten die Tanzfläche unsicher.
    Nur ein Mal wurde mein Blick kurz abgelenkt, von jemandem, den ich hier noch nie gesehen hatte.
    Ich neigte mich zu Lucille rüber.
    „Sag mal…wer ist das?“
    Sie schaute sich um.
    „Ach…haben wir doch schon jemanden gefunden, der uns gefällt?“
    „Nein…ich hab den nur noch nie gesehen, und so groß ist die Stadt auch nicht.
    Oder vielmehr hab ich mir immer eingebildet, durch meinen Dad ziemlich viele Leute zu kennen.“
    Ich musterte ihn von oben bis unten…blondes Haar, blaue Augen, strahlend weiße Zähne, Surferklamotten.
    Wobei er wahrscheinlich auch dieser „Berufsgruppe“ angehörte.
    „Das ist Travis, ich hab noch nicht viel von ihm gehört, geschweige denn, mich mit ihm unterhalten.
    Aber du weißt ja, wie’s hier läuft; der eine tratscht das, der andere tratscht das…“
    Ich sah sie an: „Und was hat der Tratsch bisher ergeben?“
    Sie lehnte sich an den Flipper.
    „Dass du gerade bei dem wohl die wenigsten Chancen haben wirst.“
    Ich hatte mich inzwischen weggedreht, bevor er mich noch bemerkte; es gibt nichts schlimmeres, als zu merken, dass man angestarrt wird.
    „Verheiratet?
    Wo ist dann seine Frau?“
    Lucille schüttelte den Kopf.
    „Nein, dass nicht, aber…“
    „Aber was?“
    Sie beugte sich zu meinem Ohr, wobei das überflüssig war, durch die Lautstärke der Musik hätte man unser Gespräch ohnehin nicht „belauschen“ können.
    „Ich hab gehört, er wäre…na ja…vom anderen Ufer…Du weißt schon…“
    „Du meinst, er ist schwul?“
    Sie nickte: „Hab ich zumindest gehört.“
    Ich warf noch einen Blick rüber, und schalt mich dann selbst.
    Natürlich konnte man nicht sehen, ob jemand homosexuell war oder nicht.
    Aber er gefiel mir, unbestreitbar, und Sid hatte ich fast schon vergessen.
    Wir gingen noch eine Runde tanzen, währenddessen ich mir überlegte, dass in den nächsten Wochen vielleicht noch mehr Partys bei uns zu Hause steigen würden.



    Die zweite Nacht, die ich mir um die Ohren geschlagen hatte, seit ich überhaupt wieder zu Hause war.
    Es war fünf am Morgen, als ich nach Hause kam – abgekämpft, hundemüde, aber erleichtert.
    Wie ein Stein fiel ich ins Bett, und war fast schon eingeschlafen, als es mir wie ein Blitz durch den Kopf schoss.
    Daniel!
    Wie hatte ich das vergessen können?
    Ich sprang aus dem Bett und ging rüber zu seinem Zimmer, wo ich leise an die Tür klopfte.
    „Daniel…?“
    Er antwortete nicht, entweder er schlief noch, oder er war überhaupt nicht zu Hause.
    Nein, die zweite Möglichkeit ließ sich eigentlich von vornherein ausschließen.
    Ich klopfte noch einmal, und als er nicht antwortete, betrat ich einfach den Raum.



    Er hackte, wie so oft, mal wieder auf seinem Computer rum; irgendwann würde er noch völlig vereinsamen durch diese scheiß Kiste.
    „Hey…Daniel…“
    Er antwortete nicht, und ich überlegte erst, ob aus Gehässigkeit, oder weil er sich wirklich nicht von diesem Ding lösen konnte.
    „Daniel…“
    Er drehte sich zu mir um: „Ach…hat die große Hannah doch noch den Weg gefunden, ja?
    Und ausgeschlafen, oder schon wieder im Bett?“
    Ich war platt - Daniel war zwar immer ein wenig ironisch gewesen, zuweilen auch sarkastisch, aber solche boshaften Worte kannte ich von ihm nicht.
    Ich überging seine Stichelei.
    „Du wolltest mit mir reden, hier bin ich.“
    „Vergiss es, Hannah.“, er drehte sich wieder zum Bildschirm und tat, als wäre ich überhaupt nicht da.
    „Daniel, komm schon…es tut mir leid, ich hatte mich mit Lucille verabredet und es ist spät geworden.“
    „Jaja, klar, wie kann ich, das schwarze Schaf der Familie auch erwarten, dass die große, die glorreiche, die geliebte Tochter für mich Zeit hätte“; er zog dieses „mich“ in die Länge, dass fast schmerzte.
    „Daniel…“, ich wurde leise, ganz ruhig, „werd nicht ungerecht.
    Du weißt, dass ich im Moment selbst Probleme habe.“
    „Vergiss es Hannah, schon gut, lass mich in Ruhe.“
    Ich zog scharf die Luft ein…wie er wollte, dann sollte er eben sehen, wo er bleibt.
    „Idiot…“, murmelte ich beim Rausgehen – früher oder später würde er sowieso wieder zu mir kommen…


    To be continued...

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  • Dritter Tag, dritte Fortsetung... ;)
    Und diesmal mit 'n bißchen weniger Text.


    Semesterferien und andere Katastrophen - III.





    Der nächste Morgen.
    Unsere Eltern waren längst aus dem Haus, und ich erwischte Daniel grade in unserem privaten „römischen Bad“, wie meine Mutter es am liebsten bezeichnete, bei einem Dampfbad.
    „Na, erstmal ’n bisschen Dampf von gestern ablassen?“
    Der Spruch war ziemlich stumpf, zugegeben, aber er war ein Friedensangebot meinerseits, dass Daniel auch verstanden hatte, aber er sagte kein Wort, die ganze Zeit über.
    Bis er sich schließlich seine Klamotten schnappte und hocherhobenen Hauptes zur Hausbar schritt.
    Wie konnte man nur so ein sturer Bock sein?



    Durch den Beruf meines Dad’s haben wir, wie schon gesagt, eigentlich ständig Gäste im Haus, und eine Karaoke-Bar gehört im Musik Business wohl zum guten Ton.
    Früher haben Daniel und ich hier Stunden zugebracht, uns gegenseitig die neuesten Lieder aus den Charts vorgesungen, und als wir älter waren, haben wir hier auch heimlich was von Dad’s Cognac Vorrat abgezapft.
    Wie auch immer – ich fand ich hier, stumpf auf einem Stuhl sitzend und vor sich hin starrend.
    Ich versuchte dass, was ich als Kind schon immer gemacht hatte – ich schmetterte „The last Unicorn“ und schmachtete ihn an, doch er sah demonstrativ an mir vorbei.
    Ich sprang von der Bühne.
    „Okay…wenn du nicht willst, meinetwegen.“
    Ich verließ die Bar, sollte er doch den beleidigten spielen.
    So hatte er sich noch nie verhalten, in seinem ganzen Leben nicht; sicher, er war schnell eingeschnappt, und ließ einen oft lange schmoren, aber irgendwas war anders.
    Nur wie sollte ich ihm helfen, wenn ich nicht einmal wusste, worum es ging?
    Ich telefonierte ein bisschen durch die Gegend, mit alten Freunden, als ich draußen das Auto meines Vaters vorfahren hörte.
    Keine zwei Minuten später hörte ich seine Stimme, oder vielmehr sein Geschrei von unten quer durchs Haus.



    „…dabei gedacht, kannst …sagen?!
    Marco....unser TOP-STAR! Wie….beibringen, sag’s mir!
    …letzte Mal gewesen, …sag’s im Guten…wehe…WARNE DICH!!!“
    In meinem Zimmer schnappte ich nur Fetzen auf.
    Ich ging zum Treppenabsatz, konnte sie hier aber noch schlechter verstehen, so dass ich schon unten war, als etwas folgte, dass ich selbst meinem Dad nicht zugetraut hätte…



    Ich hätte nie gedacht, dass er zu solchen Mitteln greifen würde.
    Daniel war 19, also lange kein Kind mehr, und selbst als Kinder hatten wir nie auch nur einen Klaps bekommen.
    Aber was ich hörte war unzweifelhaft das Geräusch einer Ohrfeige – einer heftigen noch dazu.
    Mein Dad sah mich gar nicht, stürmte an mir vorbei nach oben, und ich rannte.



    Als ich die Bar betrat, stand dort nicht mehr Daniel, sondern nur noch ein Häufchen Elend.
    Ich stürzte auf ihn zu.
    “Daniel, großer Gott, was ist denn passiert?“
    Ich ging vor ihm in die Hocke, ich konnte sehen, dass er mit Müh und Not gegen seine Tränen ankämpfte.
    Seine linke Wange war ein wenig gerötet.
    „Du hast den Alten doch gehört…nehme ich an…wahrscheinlich hat’s die ganze Nachbarschaft gehört.“, seine Stimme war zittrig, er war kurz davon loszuheulen.
    „Daniel…jetzt erzähl mir endlich was los ist, verdammt.
    Du kannst nicht ewig alles in dich reinfressen, so stark ist niemand, und du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst.“
    Ich erhob mich aus der Hocke, um ihm in die Augen sehen zu können.
    „Komm mal her…“, ich nahm ihn einfach in den Arm und drückte ihn an mich, und dann konnte er nicht mehr anders, er ließ den Tränen freien Lauf.



    Das würde eine verdammt lange Nacht werden…


    to be continued...

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  • Semesterferien und andere Katastrophen - IV.


    Ein wenig Licht in's Dunkel... ;)



    Wir blieben nicht zu Hause zum Reden, sondern fuhren, wie ich Tags zuvor mit Lucille, in die Altstadt.
    Ein kleines Straßencafé, dass eigentlich nur von „Insidern“ besucht wurde, und wo zu dieser Zeit erst recht nichts los war.
    Wären wir zu Hause geblieben, hätte immer noch die Möglichkeit bestanden, dass Dad uns „belauscht“ hätte, nach seinem Wutausbruch eben.
    Aber meinen Vater würde ich mir morgen vorknöpfen, zunächst gehörte meine Aufmerksamkeit Daniel.



    Bei einer Tasse Kaffee konnte ich ihm endlich entlocken, was ihm auf der Seele brannte, auch wenn es mehr Überzeugung kostete, als ich gedacht hätte.
    „Daniel…komm schon, erzähl endlich.“
    Er nahm einen hastigen Schluck aus seiner Tasse, der Kaffee rann hart durch seine Kehle.
    „Daniel…warum ist Dad so ausgerastet?“
    Er stellte die Tasse ab, und schaute einen Moment lang vor sich auf den Tisch, bevor er endlich anfing, zu reden.
    „Letztes Wochenende, am Samstag, war eine Party…bei Marco.“
    „Marco Haddat?“
    Er nickte: „Ja, bei unser aller Superstar…das Aushängeschild in Dad’s Plattenlabel.“
    Er zögerte erneut, und ich gab ihm noch Zeit, sich zu sammeln.
    Schließlich hob er wieder an: „Es waren so ziemlich alle da, von bis, die reichen und die weniger reichen, die Sternchen und wirklich Prominenten.
    Eine Kostümparty, eine Art Maskenball, um sein neues Haus einzuweihen.
    Ist auch egal, es wurde getanzt, gelacht, viel gegessen…“
    Sein Blick schweifte in die Ferne beim Erzählen, er sah mich nicht an, sondern war ganz weit weg, mit diesem glasigen Blick eines träumenden,



    bevor er fortfuhr: „…und vor allem wurde viel getrunken.
    Marco unterhielt sich mit seinem Freund, du weißt, wie ich mich auf Partys verhalte, ich stehe nie im Mittelpunkt.
    Das hab ich hier auch nicht, ich stand einfach dabei, und habe den beiden zugehört und einen Becher Bowle nach dem nächsten gekippt.
    Irgendwann, ich weiß nicht mal mehr, wie spät es war, kam Marco zu mir.
    Wir unterhielten uns, scherzten und lachten – du weißt selbst, dass er Charme hat für zwei, und ich amüsierte mich prächtig.
    So sehr, wie seit langem nicht mehr.
    Und irgendwann…ist es…dann passiert.“
    Er brach erneut ab, sah mich jetzt an.
    Ich hob beide Augenbrauen: „Ist was passiert?“
    Ein tiefer Seufzer entwand sich seiner Kehle, bevor er mit seiner Erzählung fort fuhr.
    „Wir hatten viel getrunken, zu viel, sonst wäre das nicht passiert…der Alkohol, die Bowle…“
    Daniel stockte noch kurz, bevor es dann endgültig aus ihm heraus brach.
    „Marco…ich…er…wir haben uns geküsst.“



    Mir fiel fast die Kaffeetasse aus der Hand, ich konnte mich jedoch soweit beherrschen, dass ich mir äußerlich kaum etwas anmerken ließ.
    Ich räusperte mich lediglich lautstark, nein, ich brach in einen regelrechten Hustenanfall aus.
    Daniel sah mich an, wie ein geprügelter Hund.
    „Der Alkohol war schuld, ich war zu betrunken, um noch zu merken, was vor sich ging.
    Und so schnell, wie es angefangen hatte, hörte es auch wieder auf.“
    Jetzt zumindest wusste ich, weshalb mein Vater einen solchen Aufstand gemacht hatte.
    Marco war das Aushängeschild seiner Agentur, er war der Leader einer dieser Boybands, wenn bekannt werden würde, dass er homosexuell war, dann war die Band und damit das Label geliefert.
    Kein Mädchen würde sich noch Poster von einem Star an die Wand hängen, von dem es mit Sicherheit wusste, dass er ausgerechnet auf Mädchen nicht steht – das Image bedeutete alles, und Teen-Stars hatten jung, gutaussehend und vor allem solo zu sein.
    Zumindest musste das nach außen hin der Zielgruppe suggeriert werden, dann war alles in Ordnung.
    Aber ein öffentlicher Kuss, und dann auch noch einer zwischen Männern, würde einen Skandal bedeuten.
    Daniel schwieg, während mir diese Gedanken durch den Kopf schossen.
    Es ging nicht darum, dass sie sich geküsst hatten, oder dass es Daniel war, es ging um das Image, und das wurde nirgends schneller zerstört, als auf einer solchen Party.
    „Es…geht noch weiter…“, sagte er zögerlich.
    Ich brachte kein Wort über die Lippen, sah ihn einfach nur an.
    „Marcos Freund…also der, mit dem er zusammenlebt…er hat’s mitbekommen…“
    „Wie auch zig andere Gäste, nehme ich mal an…?“
    „Ja, aber er war der einzige, der mir vor versammelter Mannschaft eine gezimmert hat…“, die Worte kamen sehr leise über seine Lippen.



    Ich rutschte auf dem Stuhl nach unten.
    „Ach du Sch…“
    Daniel sah auf den Tisch vor sich.
    „Es haben alle mitbekommen, alle.
    Ein Wunder, das kein Fotograf in der Nähe war, sonst hätte es wahrscheinlich noch sonntags in sämtlichen Zeitungen gestanden.“
    „Du scheinst eine magische Anziehungskraft auf Ohrfeigen auszuüben…“
    „Danke, dass war genau dass, was ich jetzt gebraucht hab…Lästerschwein.“
    „Schon gut, tut mir leid.
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll…das ist…also das ist wirklich…“
    „Der Weltuntergang.“
    Daniel konnte nicht mehr, er stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte den Kopf hinein.
    Er fing an zu schluchzen, wie ein kleines Kind.
    „Hey…nicht weinen, das macht’s nicht besser.
    Ich rede morgen mit Dad, und dann kriegen wir das schon wieder hin, okay?“
    „Du sagst das immer so einfach…für dich war nie irgendwas wirklich schwer.“
    „Jetzt hör aber auf, ich hab auch genug arbeiten müssen, um zu bekommen, was ich wollte.
    Und wäre alles immer so einfach für mich, wäre ich noch mit Sid zusammen.
    Ich rede Morgen mit Dad, ich wickle ihn um den Finger, das weißt du doch.“
    Daniel nickte nur müde.


    Ich war froh, als wir endlich zu Hause waren, und ich mich schlafen legen konnte – die letzten Tage waren aufregend genug gewesen, morgen würde ich einfach nur ausschlafen und faulenzen.
    Aber an diesem Abend wusste ich nicht, was noch auf mich zukommen würde.



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  • Es geht weiter - diesmal "leider" wieder mit etwas mehr Text - irgendwie find ich nie 'n Ende beim Schreiben *g*


    Semesterferien und andere Katastrophen - V.


    Der nächste Morgen verlief ruhig, unsere Eltern waren arbeiten, wie immer, und Daniel war schon früh ausgegangen, zum Tennis spielen.
    Ich legte mir die Worte, die ich meinem Dad sagen wollte zurecht; so konnte er nicht mit Daniel umspringen, auch nicht als Vater, und sei der Skandal noch so groß.
    Ich hatte beim Gespräch mit meinem Bruder am Vorabend eine Kleinigkeit übersehen, doch auch jetzt stieß ich noch nicht darauf; das sollte mir erst viel später bewusst werden.
    Es war fast zu ruhig heute Morgen, und ich begann grade, mich zu fragen, was noch auf mich zukommen würde, als es an der Tür läutete.



    Vor mir stand der Typ, den ich vor zwei Tagen noch im Netherworld gesehen hatte.
    Bei Tageslicht sah er noch besser aus, als im wilden Stroboskoplicht des Clubs.
    Er strahlte mich mit seinem Colgate-Lächeln an, während er mir eine Schachtel Pralinen überreichte.
    „Hi, ich bin Travis Woods“, er neigte den Kopf leicht nach links, „ich wohn am Ende der Straße.“
    Mit dem Blick folgte ich seiner Geste.
    „Ach, ja, Sie sind neu zugezogen, oder?
    Ich bin Hannah Lucas.“
    Ich nahm die Pralinen entgegen, „statt Brot und Salz für die neuen Nachbarn?“.
    „Ja, so ähnlich…aber nennen Sie mich Travis…ich mag diese Förmlichkeiten nicht“; wieder dieses gewinnende Lächeln.
    „Okay…ich bin Hannah, nicht mehr und nicht weniger“, ich lächelte, und fragte mich, weshalb ich mir das Haar heute Morgen nicht hochgesteckt hatte.
    Ich war nicht für diese nachbarschaftlichen Pläusche an der Haustür zu haben, und deshalb bat ich ihn herein.
    Nach der üblichen Schlossführung, die man so begeht, bot ich ihm etwas zu trinken an, und wir kamen ins Gespräch.



    Er schien etwas schüchtern zu sein, denn er sah immer wieder zur Seite, während wir uns unterhielten, und schaute mir selten direkt in die Augen.
    Seine Augen funkelten wie der Ozean in der Mittagssonne…
    Ich schalt mich selbst im selben Moment, da mit der Gedanke durch den Kopf geisterte.
    Eben hatte ich noch Sid hinterher geweint, und jetzt saß ich hier einem völlig fremden gegenüber, und malte mir romantisch-duselige Sätze aus.
    „Du studierst Modedesign, richtig?“
    Seine Stimme riss mich zurück in die Gegenwart.
    „Ja…äh…woher weißt Du das?“
    Er grinste: „Ich bin zwar neu hier, aber ich bin nicht gefeit gegen das Getratsche.
    Meine andere Nachbarin, Mrs. Nelson hat es mir erzählt.
    Und dass deine Eltern so stolz auf dich wären.“
    Ich verdrehte die Augen, wenn ich mich auch im selben Moment eines Schmunzelns nicht erwehren konnte.
    „Das sind sie – und Mrs. Nelson redet zu viel.
    Was machst du, wenn du dich nicht grade neuen Nachbarn vorstellst?“
    „Och, so dies und das…surfen, rumhängen, zeichnen.“
    Ich musste lachen: „Also die beiden ersten Sachen hätte ich dir ohne Umschweife zugetraut, aber nicht die Kunst.
    "Malst du nur für dich?“
    „Hm…wie man’s nimmt.
    Manchmal nur für mich, manchmal auf Bestellung von jemandem.“
    „Oh…du lebst von der Malerei?“
    „Ja, könnte man so sagen, manchmal mehr schlecht als recht, aber bisher hat es noch immer funktioniert.“
    Seine makellosen Zähne funkelten mich erneut an.
    Aber bevor ich noch etwas sagen konnte, wurde unser Gespräch durch meinen Vater unterbrochen.
    Und nachdem Travis sich auch ihm höflichst als der neue Nachbar vorgestellt hatte, verabschiedete er sich auch schon wieder.
    „Ich wohn nur ein paar Häuser weiter…komm mich besuchen, wenn du möchtest“, sagte er mir zum Abschied.
    Am liebsten wäre ich ihm auf der Stelle gefolgt; wenn ich an das Gespräch mit meinem Vater dachte, wurde mir schlecht.



    Der fing denn auch sofort an, mir vorzuwerfen, wie ich Daniel noch verteidigen könnte, nach dem, was vorgefallen wäre.
    „Ganz einfach Dad: Daniel ist mein Bruder, und ich liebe ihn.
    Und er hat es nicht verdient, dass du so mit ihm umgehst.“
    Ich zögerte einen Moment, so hatte ich noch nie mit meinem Vater geredet.
    „Er ist dein Sohn verdammt noch mal!“
    Mein Dad schnappte nach Luft, so einen Ausbruch hatte wohl auch er nicht von mir erwartet.
    „Und wenn er hundert Mal mein Sohn ist, das gibt ihm nicht das Recht, mich so zu blamieren!
    Vor sämtlichen Freunden und Bekannten, und dann auch noch Marco…!“
    „Ist dir mal in den Sinn gekommen, dass Daniel überhaupt keine Schuld trifft, sondern Marco? Dass Marco auf Männer steht, und nicht Daniel?
    Nein, natürlich nicht, er ist ja immer der schuldige, Daniel ist der komische, „aus der Art geschlagen“, er teilt nicht deine Träume und deinen Ehrgeiz, deswegen ist er immer der Schuldige.“
    Ich drehte mich auf dem Absatz um und ließ ihn stehen – hätte ich jetzt weitergeredet, wären wir uns gegenseitig nur an die Gurgel gegangen, ich wollte lieber warten, bis meine Mom von der Arbeit kam, mit ihr konnte man reden.



    So war es denn auch, als sie endlich nach Hause kam – ich hatte ihr nicht mal Zeit gelassen, sich in ein normales Outfit zu schmeißen.
    Mein Dad hatte ihr die Sache natürlich erzählt, auch von dem Streit, nur die Ohrfeige, die hat er außen vor gelassen.
    Meine Mutter seufzte.
    „Hannah…du musst deinen Vater verstehen, so was kann einfach nicht sein.“
    „Mom…ich versteh, was so was für Dad bedeutet, aber er kann Daniel nicht so runtermachen.“
    „Er hat ein wenig überreagiert…“
    Ich fiel ihr ins Wort: „Überreagiert? Hat er dir von der Ohrfeige erzählt?“
    Mein Dad brauste auf: „Das war im Eifer des Gefechts, und außerdem hat so was noch niemandem geschadet!“
    Meine Mom und ich sahen uns an, dann wandte sie sich an meinen Dad: „Todd…wenn du jetzt anfängst von deinem Vater zu erzählen, und wie oft der dir eine runtergehauen hat, dann gehe ich mich auf der Stelle übergeben.
    So etwas dulde ich nicht in meinem Haus, und du gehst dich, sobald Daniel zu Hause ist, auf der Stelle bei ihm entschuldigen!“
    Meine Mutter sprach nicht oft so, aber wenn, dann konnte man beobachten, wie mein Dad auf der Stelle ganz klein wurde.
    Er zog die Luft scharf durch die Nase ein.
    „So weit kommt’s noch, dass ich mich bei…“
    „Todd!“
    Das Gesicht meines Dad’s rötete sich, ich konnte sehen, dass er sich nur mit Mühe beherrschte.
    Schließlich sprang er auf.
    „Also gut…wenn’s unbedingt sein muss…wenn er wieder kommt, dann werde ich mit ihm reden.“
    „Nicht reden Todd…du wirst dich entschuldigen.“
    „Jaja, schon gut…“, murmelte er, und ließ uns dann einfach stehen.
    „Danke, Mom…“
    Sie seufzte: „Daniel, unser ewiges Sorgenkind.“
    „Er ist ein guter Mensch Mom, er ist nur etwas tollpatschig.“
    „Ich weiß Hannah…“, sie lächelte, „er wird seinen Weg schon noch finden, irgendwann.“



    Als Daniel schließlich nach Hause kam, war es fast schon Mitternacht.
    Dad war längst zu Bett gegangen, und ich erzählte Daniel von dem Gespräch, aber er schien mit gar nicht richtig zuzuhören.
    „Daniel…was ist denn los mit Dir?“
    Er sah mich mit einem verklärten Blick an.
    „Was? Hä…?“
    Ich musste grinsen.
    „Stehst du unter Drogen, oder was ist passiert?“
    „Ach Hannah…“, er lehnte seinen Kopf an meine Schulter.
    „Ich hatte den schönsten Tag meines Lebens…“, er seufzte tief.
    „Hmhm…“, es fiel mir wie Schuppen von den Augen.
    „Was du mir gestern gesagt hast, wolltest du mir gar nicht sagen, oder?
    Du wolltest mir was anderes erzählen…“
    Er sah mich an: „Ja…und davon sollen Mom und Dad nichts wissen.“
    Er musste gar nichts mehr sagen, man konnte ihm ansehen, was in seinem Kopf vorging.
    „Du bist…verliebt, hab ich Recht?“, ich konnte mich eines Grinsens nicht erwehren.
    Er nickte mit diesem seligen Lächeln, wie es nur verliebte tun.
    „Aber warum soll das niemand wissen?
    Das ist doch toll Daniel!“
    Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf.
    „Oh nein…sie ist doch nicht etwas verheiratet, oder…?“
    Er grinste: „Nein, das nicht, weder verheiratet, noch an jemanden vergeben.“
    Innerlich atmete ich auf.
    “Okay, wann stellst du sie mir vor?“
    „Bald Hannah…bald…“


    To be continued...

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  • So, heute Nacht hab ich mich mal wieder 'n bißchen ausgetobt - und dass ist dabei rausgekommen.
    Vielen Dank für euer Lob, so macht das Weiterschreiben doppelt Spaß.


    Semesterferien und andere Katastrophen - VI.


    Der erste Tag, der einigermaßen normal verlaufen sollte, seitdem ich wieder zu Hause war.
    Lucille war heute bei ihren Schwiegereltern, und so verbrachte ich den Vormittag mit einer ausgedehnten Shopping Tour durch das Einkaufszentrum.
    Mein Dad hatte mir seine Kreditkarte überlassen, warum also nicht das Friedensangebot nutzen?
    Nachdem ich diverse Abendkleider anprobiert und mich schließlich für alle entschieden hatte (weil ich mich eben mal wieder nicht entscheiden konnte),



    landete noch der dazu passende Schmuck in meinen Einkaufstaschen.



    Und besorgte schließlich noch eine Kleinigkeit für Daniel – ich brachte ihm immer etwas mit, wenn ich einkaufen ging.
    Ich hatte die Sachen, die ich gekauft hatte einpacken und direkt nach Hause schicken lassen, so dass ich ungehindert einem Schaufensterbummel nachgehen konnte, bis mein knurrender Magen mich daran erinnerte, dass es noch anderes gibt, als Einkaufen.
    Normalerweise wäre ich ins Mendoza gegangen, dort gibt es die besten Spanischen und Internationalen Gerichte überhaupt, aber ich hatte keine Lust auf die Spießer, die dort normalerweise verkehrten, und schon gar nicht darauf, irgendwelche ominösen Bekannten meines Vaters zu treffen, und so zog es mich zu Wimpy’s; das war immer noch besser als der Fraß in der Mensa der Uni.


    Ich wollte mich eben setzen, als mir jemand von hinten auf die Schulter tippte: „Ich dachte, bei euch gibt’s nur Trennkost bestehend aus Möhren und Salatblättern.“
    Ich war etwas irritiert, drehte mich aber auf dem Absatz um, und vor mir stand ein grinsender Travis Woods.
    Normalerweise bin ich nicht auf den Mund gefallen, aber irgendwie fielen mir in diesem Moment keine besseren Worte ein als: „Nein…ähm…nein, wir essen auch normale Sachen.“
    Ich ärgerte mich über mein Gestammel, ihn hingegen schien es nicht zu stören.
    „Gut zu wissen, ich dachte schon, ich bekäme nie die Chance, dich zu einem Essen einzuladen.“
    Er beugte sich etwas zu mir herunter: „Ich mag nämlich keinen Salat.“
    Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss, doch einen Augenblick später hatte ich mich wieder gefangen.
    Dafür, dass wir uns erst seit gestern offiziell kannten, ging er ganz schön ran, und das war nicht unbedingt eine Eigenschaft, die ich bei Männern mochte.
    „Tja, nun…dann hab ich dich hiermit wohl eines besseren belehrt.“
    Er lächelte: „Hast du.
    Und, wie sieht’s aus, essen wir zusammen?“



    Er war gar nicht auf meine Zickigkeit eingegangen, was mich nur noch mehr entwaffnete, und ein bisschen ärgerte.
    Andersrum – warum nicht; ich war allein, er war allein, was sollte bei einem Mittagessen schon passieren?



    Ich kann nicht genau sagen, wie lange wir in dieser Burger-Spelunke gesessen hatten, denn ich hatte nicht auf die Uhr gesehen, als wir uns dort trafen.
    Als wir aber endlich aufbrachen, war es bereits fast halb fünf am Nachmittag.
    Wir hatten uns stundenlang unterhalten, und uns gegenseitig fast unsere komplette Lebensgeschichte erzählt.
    Ich erfuhr, dass er Kunst studiert hatte, bevor er hierher kam, dann aber das Studium abgebrochen hatte, wegen „einer, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte flüchten Bekanntschaft“, wie er sagte.
    Dadurch war er auch in eine Surferclique geraten, mit welcher er jetzt nichts mehr zu tun hatte, und von seinen letzten paar Kröten hatte er sich schließlich das kleine verkommene Haus unten an der Straße leisten können.
    Seither schlug er sich mit dem durch, was er an seinen Bildern verdiente.
    Während unseres Gespräches versuchte ich mich daran zu erinnern, ob ich mich mit Sid jemals so gut hatte unterhalten können; wann ich mich überhaupt so gut mit jemandem hatte unterhalten können, meinen Bruder mal ausgenommen.
    Schließlich standen wir auf dem Bürgersteig.
    „Okay…hier ist es wohl Zeit zum Auf Wiedersehen sagen“, ich schielte auf die Uhr.
    Im Gegensatz zu heute Mittag sah er mich fast schüchtern an.
    „Du hast nicht noch Lust, auf einen Drink, oder?“
    Ich musste grinsen.
    „Für ein Abendessen bin ich zu satt, und für einen Drink ist es noch zu früh…
    Aber es war schön, ich danke dir für die Einladung.
    Wie kann ich mich revanchieren?“
    „Vielleicht kochst du ja irgendwann mal für mich?“, sagte er, nicht ohne dieses jungenhafte Grinsen, welches er heute so oft hatte sehen lassen.
    „Aber vielleicht kommst du auch einfach nur mal vorbei und schaust dir meine Bilder an…das würde genügen“.
    Ich lachte: „Dann entscheide ich mich für letzteres, Kochen gehört nicht grade zu meinen Stärken…“
    „Okay, also dann bis morgen.“



    Er warf mir eine Kusshand zu und ließ mich stehen, bevor ich darauf etwas erwidern konnte.
    „Wann morgen?!“, rief ich ihm hinterher, aber da war er schon ins nächste Taxi gesprungen.


    Ich nahm den nächsten Wagen, und ich hatte das Gefühl, wie auf Wolken zu gehen.
    „Nein Hannah…du hast grade erst eine Beziehung hinter Dir…genauso genommen ist es 3 Tage her, dass du deinen Ex mit ner anderen erwischt hast.
    Schlag dir das aus dem Kopf.“
    Auf dem Weg nach Hause schossen mir immer wieder tausend Gedanken durch den Kopf.
    Als ich die Haustür aufschloss hätte ich fast Daniel umgerannt, so sehr war ich in Gedanken versunken.



    „Hmpf…Mensch Hannah, bist du mit Blindheit geschlagen?
    Wo warst du eigentlich so lange?
    Oder haben die jetzt geschlossen, weil du sämtliche Auslagen aufgekauft hast?“
    Ich sah auf: „Nein…ich…ach…“ und dann musste ich loslachen.
    „Gack gack gack gack…“, äffte er mich nach.
    “Sag schon, was ist passiert? Haben die dir Lachgas verkauft?“, wobei er selbst ein Lachen nicht mehr unterdrücken konnte, wir steckten uns mit so was immer gegenseitig an.
    „Haben sie nicht, aber auch deine große Schwester hatte mal einen schönen Tag.
    Hier, ich hab dir was mitgebracht.“



    Ich überreichte ihm einen Bären, einen von der Sorte, die er als Kind so gerne gehabt hatte.
    Doch dafür interessierte er sich gar nicht so sehr.
    „Und, wie heißt er?“
    Ich grinste: „Der Bär? Dem musst du noch einen Namen geben.“
    „Du weißt was ich meine.“
    „Kennst du den neuen Nachbarn?
    Travis…“, ich glaube, ich sprach den Namen aus, wie ein verliebter Teenie, der von seinem Lieblingssänger spricht.
    „Ja…kenne ich…“
    Daniels Lachen war aus seinem Gesicht gewichen, die Worte kamen nur abgehackt über seine Lippen.
    „Ich hoffe, ihr hattet einen wunderschönen Tag…“, meinte er zischend, und stürmte an mir vorbei aus der Haustür.



    Normalerweise hätte ich mich darüber gewundert, aber Daniels Launen gingen mir mittlerweile so auf die Nerven, dass ich ihn einfach gehen ließ.
    „Reisende soll man nicht aufhalten…“, murmelte ich.
    Höchste Zeit, mich meinen Einkäufen, die schon vor Stunden geliefert worden waren, zu widmen.


    To be continued...

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  • Semesterferien und andere Katastrophen - VII.


    Der Typ zum verlieben... ;)


    Ich hatte einen ruhigen Abend verbracht, im Ankleidezimmer meiner Mutter, um die neuen Kleider anzuprobieren, und einige alte Sachen endlich auszumisten.
    Ihr müsst mich wohl für sehr dekadent halten – in gewisser Weise bin ich das wohl auch, gemessen allerdings an meiner Mutter bin ich das reinste Weisenkind.
    Zumindest habe ich nicht mein eigenes Zimmer, voll gestellt mit Schränken, in denen über 200 Paar Schuhe, mindestens genauso viele Gürtel, Tücher, und derlei Accessoires mehr und bestimmt an die 300 Abendkleider untergebracht sind, von den „normalen“ Klamotten mal abgesehen.
    Ich denke, ihr Kleidertick ist eine Art Flucht vor meinem Dad, wobei ich mich frage, was es da noch zu flüchten gibt, so selten, wie der zu Hause ist.
    Aber das nur am Rande.
    Um bei meiner Mom zu bleiben – die stand am nächsten Morgen in meinem Zimmer, und wecke mich ziemlich unsanft.
    „Maaaan…kann man hier nicht ein mal ausschlafen…“, maulte ich noch im Halbschlaf.
    „Sid ist am Telefon.“
    Bamm, das war’s, schlagartig war ich wach.
    Was wollte der denn noch?
    Ich sprang aus dem Bett und nahm das Telefon im oberen Flur ab.
    „Lucas…?“
    „Hey Baby…Sid hier…“, seine Stimme klang müde, abgekämpft, als hätte er mal wieder eine ganze Nacht durchgefeiert.
    „Ich bin weder dein Baby, noch habe ich dir noch was zu sagen.“
    Wie konnte er sich erdreisten hier anzurufen, und dann noch um diese Uhrzeit?
    „Hannah…hör mir doch zu…bitte…“
    „Ich nehme an, du möchtest mir erklären, dass ja alles nicht so war, wie ich denke.
    Dass es nur so ausgesehen hat, und das ja gar nichts war; das sie dir nichts bedeutet und was weiß ich was für Ausreden Kerlen dazu noch einfallen.“
    Stille am anderen Ende, damit hatte ich ihm erstmal den Wind aus den Segeln genommen.
    Nach einem Moment des Schweigens hob er wieder an:
    „Warum bist du so stur?“
    „ICH und STUR?
    Schätzchen, wenn du hier noch mal anrufst, dann zeig ich dir mal was es heißt, stur zu sein.“



    Klack – ich schmiss den Hörer auf die Gabel.
    Das hatte er verdient, ich hatte ihm nichts mehr zu sagen, und an der Situation in der ich ihn erwischt hatte, gab es nichts zu deuteln.
    Meine Mom war im Schlafzimmer gewesen, während ich das „Gespräch“ hatte, und kam jetzt zu mir, legte mir eine Hand auf die Schulter.
    „Alles in Ordnung?“; ihre Stimme war sanft, mitfühlend, als wüsste sie genau, was grade in mir vorging.
    Erst jetzt bemerkte ich, dass ich zitterte; ich wusste nicht, ob vor Aufregung, oder ob da immer noch was anderes war.
    „Ja Mom…alles in Ordnung…“, ich rang mir ein Lächeln ab, welches sie erwiderte.
    „Nicht unterkriegen lassen…mit der Nase immer gegen den Wind Hannah.“, sie strich mir übers Haar.




    Ihr Trost tat gut, und sie hatte Recht; immer gegen den Wind.
    Ich erinnerte mich an Travis – „Also bis morgen dann“, klang mir seine Stimme noch im Ohr.
    Und nach diesem Telefonat zweifelte ich keinen Augenblick länger daran, dass ich zu ihm rüber gehen würde.


    Zwei Stunden später war es denn soweit, nachdem ich mich ungefähr 15 Mal umgezogen hatte, 3 mal neues Make-up aufgelegt und mich schließlich doch entschieden hatte, gar keines zu nehmen, und das fünfte paar Schuhe, das zu unbequem war angehabt hatte.
    Irgendwann war ich zufrieden, und ging rüber.
    Als ich vor der Tür stand, klopfte mein Herz schneller und schneller, und ich überlegte schon, wieder zu gehen, als er mir zuvor kam, und die Haustür aufriss.



    „Naaa, wen haben wir denn da?
    Ich war hinten im Garten und hab dich gesehen“, grinste er über mein perplexes Gesicht.
    Noch ehe ich etwas sagen konnte, stand ich schon mitten in seiner Wohnung.
    Ich hatte sie mir schlimmer vorgestellt, als sie war vielleicht nicht mit den tollsten Möbeln eingerichtet, und ziemlich klein, aber geschmackvoll und gemütlich.
    Jetzt war es an ihm, eine Schlossführung zu veranstalten, und er tat das mit einer Eleganz, als bewohnte er tatsächlich ein Schloss, und nicht so ein Mäuseloch.
    Besonders stolz war er auf sein Atelier, welches er in einem ehemaligen Vorratsraum eingerichtet hatte, und erzählte mir die Geschichte zu jedem einzelnen Bild.



    „Ich langweile dich bestimmt, tut mir leid.“
    “Nein, das tust du nicht.
    Es ist schön, wenn jemand mit solcher Leidenschaft von seiner Berufung spricht, wie du es tust.“
    Seine Anwesenheit wurde immer behaglicher – ich kannte ihn kaum und fühlte mich doch von Minute zu Minute wohler in seiner Gegenwart.
    „Möchtest du was essen?
    Nach so viel Geduld musst du Hunger haben.“
    Nun, den hatte ich nicht, aber ich ließ mich nur zu gerne von seinen Kochkünsten überzeugen und hätte sowieso mittlerweile einiges getan, um diesen Nachmittag noch zu verlängern.
    Beim Essen redeten wir über mein Studium, belangloses Zeug, aber das war egal.



    Bis er hervorplatzte: „Wie kommt es, dass du keinen Freund hast?“
    Mir blieb der Bissen im Halse stecken.
    „Wer sagt denn, dass ich keinen habe?“
    „Na ja…ein Mädchen, dass einen Freund hat, geht normalerweise nicht alleine shoppen.
    Und lässt sich nicht von jedem dahergelaufenen Surfer und Möchtegern Künstler zum Essen einladen, und besucht ihn einen Tag später dann auch noch zu Hause.“
    Ich legte das Besteck nieder.
    „Du hast Recht, ich habe keinen Freund.
    Mein letzter war ein…nun…auch ein Möchtegern, und ein faules Stück dass mich betrogen hat noch dazu.
    Reicht dir das als Erklärung?“
    „Voll und ganz.“
    „Wie kommt es, dass du keine Freundin hast?“
    Das Spielchen spielte ich mindestens so gut wie er.
    „Hm…weil sich nicht allzu viele Frauen für mich interessieren.“
    „Eh…das glaube ich dir nicht.“
    Er neigte sich über den Tisch zu mir: „Warum nicht, hm?“
    Wieder schoss mir die Röte ins Gesicht – wie schaffte dieser Kerl das bloß immer wieder?
    „Weil…nun...hm…“
    Grinsend lehnte er sich zurück.
    „Schon gut, du brauchst nicht zu antworten.
    Omnis mundi creatura, quasi liber est pictura, mundis est et speculum.
    Ich sehe es in deinen Augen.“
    „Und möchtest mich mit deinen Latein-Kenntnissen beeindrucken, ja?“
    Ich stand auf.
    “Männer sind alle gleich.
    Ich danke dir für das Essen, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.“
    Er erhob sich ebenfalls, und sah mich an.
    „Sei nicht böse bitte…ich wollte niemanden beeindrucken, tut mir leid, wenn ich dir auf den Schlips getreten bin.
    Ich versuche hier neue Freunde zu finden…und das hier zeigt mir, warum ich bisher noch nicht viele gefunden habe.“
    Augenblicklich tat es mir leid, ihn zu angefahren zu haben.
    „Sorry…tut mir Leid, ich wollte nicht ungerecht werden.
    Ich bin nur noch etwas gereizt, wenn es um das Thema Männer geht.“
    „Kann ich verstehen…
    Möchtest du wirklich schon nach Hause?“
    „Ja, ich denke…ich muss mich noch um meinen kleinen Bruder kümmern, ihm geht’s im Moment wohl noch schlechter als mir.“
    Er nickte: „Ich bringe dich zur Tür.“
    „Vielleicht machen wir trotzdem noch mal was zusammen?“, fragte er fast ein wenig enttäuscht, als wir uns verabschiedeten.
    „Natürlich, warum nicht?“; platzte es aus mir heraus, und damit hatte ich mehr verraten, als eigentlich meine Absicht gewesen war.
    Er verabschiedete sich auf sehr französische Art, mit diesem „Küsschen hier, Küsschen da“; und ich glaube das war der Moment, in dem ich mich in ihn verliebte…



    Doch ehe ich mich versah, stand ich schon wieder auf der Straße.
    Wie konnte ich so blöd sein?
    Ich hatte mich benommen wie ein Kleinkind, oder Meg Ryan in irgendeinem Hollywood-Drama, aber nicht wie eine Frau von 22 Jahren.
    „Hannah, du musst noch viel lernen…verdammt viel…“
    Als ich zu Hause war, hing ich mich ans Telefon, um Lucille von der Satire, die ich heute abgeliefert hatte zu erzählen; auch von Sid.
    Über den regte sie sich tierisch auf, noch mehr als ich, weshalb ich schmunzeln musste.
    „Wegen Travis mach dir keine Sorgen.
    Am Samstag hat mein Göttergatte Geburtstag, und rate mal, wer eingeladen ist?“
    ‚Typisch beste Freundin’ dachte ich nur, und fieberte ab demselben Moment der Party am Samstag entgegen…



    To be continued...



    *Omnis mundi creatura…/ Jedes Geschöpf der Welt ist für uns gleichsam ein Buch und ein Gemälde und ein Spiegel.
    Für jene, welche genauso wenig bewandert sind in Latein wie ich ;)

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  • Die zweite Fortsetzung heute, die ich eigentlich morgen erst veröffentlichen wolle.
    Ich fürchte allerdings, die Story wird länger, als ich selbst gedacht hab, da kann man zwei Fortsetzungen an einem Tag verkraften, glaube ich.



    Semesterferien und andere Katastrophen - VIII.

    Die Party




    Samstagabend.
    Die Woche hatte, zum Glück, keine weiteren Überraschungen für mich bereitgehalten, so dass ich nichts weiter zu tun hatte, als mich zwischen den Klamotten, die ich tragen wollte zu entscheiden.
    Lucille hatte nicht wahnsinnig viel mit Daniel zu tun, aber er war natürlich auch eingeladen; deshalb kam ich nicht umhin, ihn wegen seiner neuen Freundin aufzuziehen.
    „Wie ist das mit deiner Affäre, wird sie heute Abend auch da sein?“
    „Du weißt doch, DU bist meine Affäre“, gab er grinsend zur Antwort.
    „Oh ho…da wird deine Lady aber eifersüchtig auf mich sein…sollte ich mir vielleicht lieber was sportliches anziehen, damit ich auf einen eventuellen Kampf vorbereitet bin?“
    „Nein, du kannst tragen, was immer du möchtest – ich gehe allein.“
    „Warum machst du so ein großes Geheimnis daraus Daniel?
    Ich dachte als deine Schwester eigentlich, du würdest sie mir als einer der ersten vorstellen.“
    „Lass es meine Sorge sein, wann ich wem jemanden vorstelle, okay?“
    Er rauschte aus dem Zimmer.
    Ich hatte eigentlich angenommen, Verliebtheit lässt einen auf Wolken schweben – Daniel schien sie nur noch weiter runter zu ziehen.
    Aber in diesem Moment war das nicht wichtig – Travis würde da sein, und ich fieberte der Party entgegen.
    Zum Glück würden uns meine Eltern nicht begleiten, obwohl Lucilles Mann auch eine kleine Berühmtheit war – allerdings nicht in der Musikwelt, und so interessierte mein Dad sich nicht mehr für ihn, als dass er vielleicht mal einen Werbespot mit ihm über den Bildschirm flimmern sah.
    Ich hatte lange überlegt, was wohl das beste Geschenk für jemanden war, der alles hatte, und entschied mich dann einfach für den üblichen Blumenstrauß – alles andere wäre ohnehin zu übertrieben gewesen, da Lucille meine beste Freundin und nicht Lestat mein bester Freund.
    Wie dem auch sei, irgendwann wurde es Abend, Daniel hatte sich wieder gefangen, und wir machten uns auf zu den beiden.



    Ich überreichte Lestat den Blumenstrauß, gratulierte ihm, und er bedankte sich artig, woraufhin er mich auch gleich an Lucille verwies – irgendwie konnte ich mit diesem Typen einfach nicht warm werden, und insgeheim fragte ich mich immer mal wieder, wie Lucille einen wie ihn hatte heiraten können.
    Die Gäste waren bereits in einer ausgelassenen Stimmung, was mich nicht weiter wunderte, so wie die beiden immer auffahren ließen, und nur der beste Catering Service hatte reichlich für Essen und Getränke gesorgt.
    Natürlich war auch Marco eingeladen, und Daniel vermied es peinlichst, ihm über den Weg zu laufen.
    Er hatte wohl irgendeinen Bekannten getroffen, denn ich sah ihn den ganzen Abend kaum noch.
    Lucille stürmte mir entgegen – sie war bereits ein wenig angetütert, und sprang mir in die Arme.




    „Hey Süße…schön, dass du da bist, “ flötete sie.
    „Ist doch klar, oder?“
    „Wir unterhalten uns nachher, ja? Ich muss mich erst um die anderen kümmern“; sie drehte sich noch einmal kurz zu mir um: „Zieh dich doch oben schnell um, irgend einen Fummel aus meinem Schrank, ist hier heute mehr Discomäßig“, und damit war sie verschwunden.
    Während sie mit den anderen beschäftigt war, nahm ich mir erstmal etwas vom Buffet, und nippte schließlich an einem Glas Bowle herum.




    Aber irgendwann war dieses „Sehen und gesehen werden“ Spielchen zu langweilig, abgesehen davon, dass ich es noch nie gerne gespielt hatte.
    Ich wollte eben nach oben, in den eigens für solche Anlässe vorgesehenen Disco-Raum, als mich fast der Schlag traf.



    Sid!
    Was zum Teufel machte der hier?
    Mir lief es kalt den Rücken herunter, und ich glaube zuerst wurde ich blass, und dann rot.
    Natürlich hatte er mich längst gesehen, und kam auch gleich auf mich zu.
    „Hannah…“, kam es leise über seine Lippen, grade so, als wäre er grade neben mir wach geworden.
    Nun, ich konnte mich schlecht umdrehen und ihn einfach stehen lassen, und so machte ich gute Miene zum bösen Spiel.




    „N’abend Sidney…“
    Ich fragte mich einmal mehr, wie bescheuert Eltern sein, und ihr männliches Kind nach einer australischen Stadt benennen können – noch dazu mit einer so seltsamen Schreibweise.
    „Wie…geht’s dir?“
    „Ging schon mal besser.“
    Er nickte, und wusste nicht, was er sagen sollte; verlegen legte er die linke Hand in den Nacken.
    „Lestat hat mich eingeladen…du weißt doch, er und mein Bruder…“
    “…sind die dicksten Freunde, ich weiß.
    Was aber noch lange nicht heißt, dass ich mit dir hier rumhängen muss.
    Außerdem warte ich noch auf jemanden.
    Mach’s gut…Sid.“
    Ich schob mich an ihm vorbei und die Treppe hinauf, wo ich schließlich dort landete, wo ich eigentlich hin wollte.
    Lucille und Lestat hatten die Tanzfläche gestürmt – und obwohl ich ihn nicht besonders leiden konnte, musste ich zugeben, dass die beiden ein schönes Paar waren, perfekt aufeinander abgestimmt, wie immer.
    Aber das war mir in dem Moment egal; ich brauste auf Lucille zu, und zog sie ziemlich grob von der Tanzfläche.
    „Hättest du mich nicht wenigstens mal vorwarnen können?!“
    Sie ließ sich hier vor den anderen nicht auf ein Gespräch ein, sondern zog mich weiter in das private Bad der beiden.




    „Hannah, tu mir einen Gefallen und mach an Lestat’s Geburtstag nicht so einen Aufstand, okay?“
    „Aufstand?“, fuhr ich sie an: „Mein EX-Freund rennt hier rum, der vor einer Woche noch knutschender Weise mit irgend so einem Flittchen in den Büschen lag, und DU sagst ich soll keinen Aufstand machen?!“
    „Lestat hat ihn eingeladen, und immerhin ist das hier seine Party, ich war nicht verantwortlich für die Gästeliste.“
    „Du hättest mir wenigstens vorher was sagen können, und mich nicht einfach so in ihn reinlaufen lassen sollen!“
    „Es tut mir leid Hannah, okay?
    Ich hatte keine Ahnung, dass er hier sein würde, bevor ich ihn heute Abend hier gesehen habe.“
    “Ja klar, keine Ahnung; du bist mit Lestat verheiratet und ihr habt die Party zusammen geplant, da hattest du natürlich keine Ahnung.
    Und dich dann noch so heuchlerisch auf meine Seite schlagen vor zwei Wochen am Telefon.“
    “Hannah, es reicht.
    Ich habe dir gesagt, dass ich keine Ahnung hatte, entweder du glaubst es, oder du lässt es, aber ich lasse mich von dir nicht so anfahren.
    Außerdem habe ich es ernst gemeint mit dem, was ich am Telefon gesagt habe.“
    Sie legte eine kurze Pause ein, bevor sie etwas ruhiger fort fuhr: „Außerdem ist Travis hier – wisch Sid doch einfach eins aus.
    Und auf Travis warst du doch eh scharf.
    Und jetzt entschuldige mich, ich möchte mit meinem Mann tanzen.“
    Damit drehte sie sich um, und rauschte zurück zur Tanzfläche.
    Ich ballte die Hände, von ihr als meine beste Freundin hatte ich mehr erwartet, als einfach nur „Du kannst Sid ja eins auswischen.“
    Trotz allem wollte ich das Fest nicht verderben, und mischte mich für vielleicht 15 Minuten unter die tanzenden.



    Aber irgendwann konnte ich einfach nicht mehr, es war egal, ob Travis hier war; mit Mühe beherrscht verabschiedete ich mich von Lestat.
    Und nachdem ich mich aus ihrem Outfit geschält hatte, ziemlich unterkühlt, mit einem genervten Blick auf die Uhr auch von Lucille – die mich ihrerseits links liegen ließ, und weiter ausgelassen mit irgendeinem ihrer Bekannten tanzte.
    Bitte, sollte sie mir doch gestohlen bleiben, so wie sie mir in den Rücken gefallen war.



    Als ich in dieser Nacht nach Hause kam, war es Daniel, der mich trösten musste, und der zu meiner Überraschung schon zu Hause war.
    Er legte den Arm um meine Schultern.
    „Alles in Ordnung bei dir?“
    “Nichts ist in Ordnung…“, presste ich zwischen den Zähnen hervor.
    „Ich hab’s gesehen…Sid war da…warum hat Lucille nichts gesagt?“
    „Ach die…“
    „Hmhm…ihr habt euch gestritten, was?“
    „Ist doch egal, die kann mir den Buckel runterrutschen.“
    „Reg dich nicht auf Hannah, das wird schon wieder.“
    Er sagte das in einem so mitfühlenden Ton, dass ich Lachen musste.
    Zuerst sah er etwas irritiert drein, dann lachte er mit.
    „Siehst du Schwesterherz, geht doch schon wieder.“
    „Und ich dachte, ich müsste dich trösten.“
    „Vertrag du dich lieber wieder mit Lucille.“
    „Ja…ich ruf sie morgen an.“
    Wir trennten uns für diese Nacht, und ich genehmigte mir noch eine heiße Dusche.
    Trotzdem meine Gedanken sich überschlugen, sank ich überraschend schnell in einen tiefen, traumlosen Schlaf…


    To be continued...

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  • Auf vielfachen Wunsch hin *lol* hier die Fortsetzung.
    Leider mit sehr viel Text am Anfang; ist mir nicht anders gelungen, sry.


    Semesterferien und andere Katastrophen - IX.
    Das Chaos geht weiter



    Ich rief Lucille nicht an, am nächsten Tag nicht, und auch nicht in den Tagen darauf.
    Sie war mir in den Rücken gefallen, sie musste gewusst haben, dass Sid auf der Party sein würde, und der war, wie sie auch wusste, der letzte Mensch, mit dem ich im Moment zusammentreffen wollte.
    So verging fast eine ganze Woche, ohne dass ich etwas von ihr gehört hätte.
    Glücklicherweise hörte ich aber auch nichts von Sid, der mich in der letzten Woche zweifelsohne angerufen hatte, um mir zu sagen, dass er auf der Party sein würde.
    Ich hatte das Gefühl, dass Daniel mir aus dem Weg ging, was noch dadurch bestätigt wurde, dass er kaum zu Hause war; und das kannte ich nicht von ihm.
    Normalerweise war er meistens auf seinem Zimmer, oder zumindest irgendwo im Haus, aber seit ich hier war, erreichte man ihn kaum noch, nicht einmal auf seinem Handy.
    Ich hatte meine Dummheit gegenüber Lucille längst eingesehen, und trotzdem konnte ich mich nicht überwinden, mich bei ihr zu melden – mein Stolz war zu groß.
    Was mich aber am allermeisten wurmte war die Tatsache, dass Travis auf der Party gewesen war, und dass ich kaum Notiz von ihm genommen habe.
    Ich hatte ihn nur flüchtig begrüßt, und mich dann wieder völlig mir gewidmet – nach der Show die ich bei ihm zu Hause abgezogen hatte, musste er spätestens durch die Aktion auf Lestat’s Geburtstag meiner völlig überdrüssig geworden sein.
    Natürlich, ich hätte ihn einfach anrufen und ihm die Situation erklären können, wir waren erwachsene Menschen, aber was hätte ich ihm sagen sollen?
    „Hey, mein Ex war auf der Party und an dem hänge ich noch, deswegen habe ich nicht mit dir geredet.“?
    Egal, wie ich es drehte, es kam immer nur Mist dabei heraus, und so vergrub ich mich die Woche über zu Hause.
    Es war am Freitag, als meine Mutter meinte, dass es wohl mal wieder an der Zeit wäre, dass ich ein wenig unter Leute käme.
    „Baby, ich hab keine Ahnung was passiert ist, aber egal was es ist, dich hier zu Hause zu vergraben bringt auch nichts.“
    „Ach Mom…ich habe keine Lust auszugehen.“
    „Hat es was mit Sid zu tun, hm?“
    Ich verdrehte die Augen.
    „Konnte Daniel seine Klappe wieder nicht halten?“
    „Doch, konnte er.
    Aber ihr wart fast vier Jahre lang zusammen, und ich bilde mir ein, meine Tochter zu kennen.
    Ich weiß welche Laus dir über die Leber gelaufen ist.
    Und das hat mir nicht Daniel erzählt, sondern der neue Nachbar.“
    „Travis?!“; ich dachte, ich hätte mich verhört.
    Sie nickte.
    „Ich habe ihn gestern in der Stadt getroffen, er hat gefragt, wie es dir ginge, wo du dich doch mit jemandem so in der Wolle gehabt hättest, auf der Party am Samstag.“
    Innerlich atmete ich auf – er wusste also nicht, wer Sidney war; wobei es auch eigentlich peinlich genug war, dass er mitbekommen hatte, wie wir uns unterhalten haben.
    Elaine strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    „Du magst sie beide, oder?“, fragte sie vorsichtig.
    Ich gab nichts zur Antwort, konnte ihr aber auch nicht direkt ins Gesicht sehen, und das genügte.
    Sie sah mich kurz nachdenklich an.
    „Lass dir Zeit bei deiner Entscheidung Hannah; eine falsche Entscheidung kann dein ganzes Leben in einer Weise beeinflussen, die nicht immer die beste ist.“
    Sie hatte leise gesprochen, fast bedauernd, und ich sah ihr an, dass sie meinen Dad meinte.
    Wahrscheinlich hatten die beiden sich sogar irgendwann mal geliebt, sonst wären wohl weder Daniel noch ich auf der Welt, aber die Liebe war irgendwann gestorben.
    Sie sah mich an: „Lass dir Zeit, aber entscheide dich irgendwann – keiner der beiden wird ewig auf dich warten.“
    „War es bei dir so, Mom?“
    Die Frage war mir einfach herausgerutscht, ohne dass ich noch etwas dagegen hätte tun können.
    Im selben Moment biss ich mir auf die Zunge – erst denken Hannah, dann reden.
    Sie schaute mich nur bedrückt an, war aber offensichtlich wegen meiner Frage nicht böse.
    „Irgendwann werden wir uns noch darüber unterhalten Hannah…aber nicht jetzt.“
    Meine Mutter stand auf und verließ das Zimmer.
    Die Frage war unbedacht gewesen, und dumm; jetzt hatte ich es mir mit meiner besten Freundin verscherzt, mein Bruder ließ sich kaum noch blicken, und anstatt mich wenigstens ihr gegenüber zusammenzureißen, hatte ich meine Mom noch an Dinge erinnert, an die sie offensichtlich nicht gerne zurückdachte.
    Aber ändern konnte ich daran sowieso nichts mehr, vielmehr besann ich mich darauf, dass meine Mutter, wie so oft, Recht hatte, und ich mich nicht hier zu Hause vergraben konnte.
    Ich entschied mich für einen Tag im Nordbad, irgend jemanden würde ich hier mit Sicherheit treffen – als wir noch Teenager waren, verging im Frühling und Sommer quasi kein Tag, an dem wir nicht hier gewesen wären, und ich kannte kaum jemanden, der auf der Liegewiese nicht seinen ersten Kuss bekommen hätte.



    Also machte ich mich auf den Weg, und war kaum angekommen, als ich schon die erste Bekannte traf; Daniela, aus meiner alten Schulklasse.
    Wir hatten uns seit mindestens zwei Jahren nicht gesehen, obwohl wir uns immer recht gut verstanden hatten; und so verbrachten wir den Nachmittag miteinander.



    Bei einem Fruchtshake unterhielten wir uns über die letzten zwei Jahre, wobei ich erfuhr, dass Lucille nicht die einzige war, die mittlerweile verheiratet war, nur hatte Daniela lange nicht so reicht geheiratet, und war inzwischen Mutter von Zwillingen.
    Heute Nachmittag hatte sie „frei“, wie sie mir erzählte, trotzdem verabschiedete sie sich recht zeitig, „um zu sehen, ob die Kurzen nicht doch meinem Mann auf der Nase herumtanzten“, wie sie sagte.
    Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, in Zukunft wieder einen regeren Kontakt aufrechtzuerhalten, und so überließ Daniela mich wieder mir selbst.
    Zuerst drehte ich noch eine Runde durch das Freibad, und schwamm dann einige Bahnen; das machte den Kopf frei und so hatte ich wenigstens einen Nachmittag totgeschlagen.



    Ich ging zur Umkleide und wollte mich grade meiner nassen Sachen entledigen, als mein Blick auf einen mir nur zu vertrauten Haarschopf fiel.



    Daniel hatte nicht gesagt, wohin er gehen würde, deshalb war ich überrascht, ihn ausgerechnet hier zu treffen; er war nicht der Typ, der gerne schwimmen ging.
    Trotzdem freute ich mich, und bog um die Ecke, von wo aus ich ihn gesehen hatte.
    Ich grinste, wollte ihm die Hände vor die Augen halten, nach dem Motto: „Na, wer bin ich?“; als ich zurückprallte.
    Zwar war es Daniel, der dort stand, aber gleich hinter ihm konnte ich einen zweiten ausmachen, welcher mir in den letzten paar Tagen vertraut geworden war – Travis.
    Beide in inniger Umarmung verschlungen.



    Ich schloss die Augen: „Ist schon gut Hannah, wenn du sie wieder aufmachst, ist alles in Ordnung.
    Da steht nicht dein Bruder, der grade mit seiner Zunge die Mandeln deiner Liebelei erforscht…ist alles okay, mach die Augen auf…“
    Ich holte einmal tief Luft, und öffnete die Augen wieder; und natürlich standen die beiden da immer noch.
    Mein Magen schnürte sich zu einem Klumpen zusammen, ich spürte, wie mein Mund mit einem Schlag trocken wurde, wie die Wüste Gobi.
    Noch hatten die beiden mich nicht bemerkt, und das Einzige, was ich noch tun konnte war, dass auch tunlichst zu vermeiden.
    Ich ging die paar Schritte zu den Umkleiden zurück, und meine nassen Sachen fühlten sich plötzlich so schwer und kalt an, wie Blei.


    Ich kann nicht genau sagen, welchen Weg ich nach Hause genommen habe, ich weiß nur noch, dass ich irgendwann unten an der Bar stand; und dann hielt mich nichts mehr.
    Zum Glück hatte mein Dad immer einen guten Vorrat an Alkohol zu Hause, „nur für alle Fälle“, und jetzt machte ich regen Gebrauch davon.
    Ich schüttete einen Tequila-Sunrise nach dem nächsten in mich hinein.



    Es war nicht meine Art, mich einfach so zu betrinken, eigentlich trinke ich so gut wie nie, aber die letzten Tage und Wochen war einfach zu viel gewesen.
    Erst erwische ich Sid mit einer anderen, dann verkrache ich mich wegen dem auch noch mit meiner besten Freundin, lerne einen Typen kennen, in den ich mich auf der Stelle verlieben könnte, und finde den dann knutschend mit meinem Bruder.
    Die Tatsache, dass ich selten trinke, schlug sich dann auch darin nieder, dass der Tequila schneller als erwartet seine volle Wirkung zeigte.
    Nun, zumindest kann ich mich noch daran erinnern, wie ich irgendwann aufgestanden bin und auf mein Zimmer gehen wollte, weil mein Bett mittlerweile doch in aller Deutlichkeit nach mir rief.



    Was allerdings danach geschah, dass wussten die Götter…


    To be continued...

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  • Erstmal nur ne ganz kurze Fortsetzung - zum "Spannungsaufbau", sozusagen ;)


    Semesterferien und andere Katastrophen - X.
    Der Traum


    Ich hatte einen merkwürdigen Traum in jener Nacht.
    Anstatt mich aufzuraffen und endlich ins Bett zu gehen, schwankte ich grade noch vom Stuhl und ging zu Boden.
    Dort lag ich eine Weile, mir war kalt, und kotzübel.



    Ich kauerte mich auf dem Boden zusammen, und schloss die Augen.
    Eine Haarsträhne war mir ins Gesicht gefallen, und ich wollte sie fortpusten, aber sie war so widerspenstig, dass sie das nicht mit sich machen ließ.
    Als ich mir übers Gesicht fuhr stellte sich heraus, dass es keine Haarsträhne gewesen war, sondern eine Spinne, die über mein Gesicht gekrabbelt war.
    Ich stieß einen Schrei aus, schüttelte die Spinne fort und versuchte mich vom Boden hochzustemmen, aber ich war zu schwach.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort gelegen hatte, als sich zwei Arme unter mich schoben, und mich aufhoben.
    Sie hielten mich behutsam, aber sicher, meine Beine und Arme hingen schlaff herunter, meinen Kopf konnte ich mit einiger Mühe oben halten.
    „Keine Angst Baby…ich bring dich ins Bett…“, ich hörte die Stimme wie durch Watte.
    Ich öffnete kurz die Augen, um zu sehen, wer mich da aufgehoben hatte.
    „Du…bist da…“ nuschelte ich, und schlang dann meine Arme um seinen Hals.
    Mir war, als würde ich schweben, und irgendwann glaubte ich kurz das Gesicht meiner Mutter zu sehen, und sie lächelte.
    Das Gefühl endete abrupt, als die Arme mich sinken ließen, vorsichtig auf den Boden setzten, und ich sackte gegen den Körper, der mich getragen hatte.



    Die Arme umfingen mich sicher, um mich dann abermals hochzuheben, und mich schließlich sanft auf dem Bett abzulegen.
    Unter mir spürte ich Satin Bettwäsche, und eine weiche Matratze; einen Augenblick später fühlte ich die Wärme einer Decke um mich herum.



    Eine Hand strich mir das Haar aus dem Gesicht, sanfte Fingerkuppen wanderten über meine Wangen, dann wieder diese warme Stimme: „Ist alles okay Baby…du bist im Bett…du hast zu viel getrunken und musst schlafen…“
    Die Augen hatte ich noch immer geschlossen, und ein geseufztes „Hmhm…“ entwand sich meiner Kehle.
    Der eben noch an meinem Bett gestanden hatte, entfernte sich, zumindest aus der direkten Nähe meines Gesichtes, und kurz darauf spürte ich, wie mir die Schuhe ausgezogen wurden.
    Dann beugte er sich wieder über mich, der Atem prickelte auf meinem Hals, bevor weiche Lippen meine Lider küssten, und die Hand, die zuvor schon da gewesen war wieder sachte durch mein Haar strich.
    „Ich lass dich jetzt schlafen…“, sagte die Stimme, und dann begann er sich zu entfernen.
    Ich wollte mit einem Ruck hochfahren, aber mein Körper war wie gelähmt.
    „Bleib…bitte…bleib…“, brachte ich nuschelnd hervor, meine Zunge fühlte sich an wie Blei.
    Er kam zurück, stand offenbar auf der anderen Seite des Bettes, und mühsam drehte ich mich in diese Richtung.
    Ich hörte das Rascheln von Kleidung, wie Schnürsenkel aufgezogen wurden.
    Dann Stille…ein kurzes Durchatmen, und im nächsten Moment bemerkte ich, wie er sich neben mich aufs Bett schob, mir zugewandt, und meine Hand nahm, sachte den Handrücken küsste.



    „Ich bin bei dir Hannah…“
    Mit aller Kraft schob ich mich auf den Körper zu, schmiegte mich an ihn, bettete meinen Kopf an seine Brust.
    Ich wollte meine Augen öffnen, aber ich schaffte es nicht.



    Ich glaube, ich spürte noch, wie die Lippen abermals meine Lider küssten, aber ab hier versank alles in den dunklen Wolken des Traumes…


    To be continued...

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  • Nur der Traum is auch doof, oder? ;)


    Semesterferien und andere Katastrophen - XI.
    Des einen Leid, des anderen Freud



    Als ich erwachte, war es bereits heller Tag, und die Sonne schien direkt in mein Gesicht, was wohl letztendlich dazu führte, dass ich überhaupt irgendwann aufwachte.
    Ich fühlte mich, als hätte mich ein Bus überrollt, und schaffte es nur sehr langsam, mich überhaupt aufzusetzen.
    Ich trug noch immer die Klamotten, die ich gestern angehabt hatte, was mich einmal mehr an die Erlebnisse des gestrigen Tages erinnerte; lediglich meiner Schuhe hatte ich mich entledigt.
    Schwankend stemmte ich mich von der Bettkante hoch – mein Kopf fühlte sich an, als hätte ein Elefant drauf gesessen, ich rieb mir die Schläfen.



    Erst jetzt wurde ich gewahr, dass ich mich nicht in meinem Zimmer befand, sondern im Schlafzimmer meiner Eltern.
    Wie war ich überhaupt hierher gekommen?
    Ich konnte mich daran erinnern, dass ich ohne Maß getrunken hatte, und dass ich irgendwann nach oben ins Bett wollte, aber wie zur Hölle war ich hier gelandet?
    Ich war betrunken gewesen, aber so betrunken, dass ich die Türen verwechselt hatte…?
    Im Augenblick war es mir auch egal, ich ging ins Bad, und dort konnte ich das Ausmaß der Misere betrachten.
    Mein Haar stand mir wirr um den Kopf, ich hatte Tränensäcke, mindestens so groß wie die von Derrick, und meine Lider waren aufgequollen.
    Meine Sachen stanken nach Alkohol; wie mein Atem gerochen haben mochte, darüber wollte ich mir lieber keine Gedanken machen.
    Ich bewegte mich wie eine Oma, „nie wieder Alkohol“, schoss es mir durch den Kopf.
    Ich entledigte mich erstmal meiner Kleider, und stieg ich in die Badewanne, und verließ diese erst wieder, nachdem ich mich mindestens 3 mal geschrubbt hatte, und meine Haut hoffnungslos verschrumpelt war.
    Ich zog mich um, und sah im oberen Stockwerk nach, ob überhaupt irgendwer zu Hause war, aber wie immer waren alle ausgeflogen.
    Im Schlafzimmer meiner Eltern richtete ich das Bett, in dem ich ganz schön gewütet hatte – wo hatten meine Eltern geschlafen?
    Ich wollte das Zimmer schon verlassen, als mein Blick auf eine Jacke auf dem Sofa fiel, ich erkannte sie nicht sofort, bis mir siedend heiß mein „Traum“ wieder einfiel.
    Ich hatte nicht geträumt, ich war tatsächlich ins Bett gebracht worden, und dass derjenige sich im Raum vertan hatte, war nur logisch, denn er war vorher noch nicht allzu oft hier gewesen.
    Die Jacke gehörte Sid!
    Er hatte mich ins Bett getragen, er war es, der mir die Schuhe ausgezogen hatte, mir übers Haar gestrichen hatte, und oh Gott…er hatte hier übernachtet, neben mir, wenn nicht schlimmeres.
    Schlagartig war ich wach, trotz Kopfschmerzen, und obwohl meine Glieder schwer waren; wenn die Jacke hier war, dann musste er noch irgendwo hier sein.
    Ich hastete die Treppe herunter, überprüfte alle Räume unten, aber ich fand niemanden, das Haus war wie leergefegt.
    In der Halle ließ ich mich auf ein Sofa sinken – was war passiert, an das ich mich nicht mehr erinnern konnte, und verdammt noch mal wo war Sid?
    Die Minuten zogen sich wie Kaugummi, als plötzlich die Haustür aufgeschlossen wurde, und da stand er – triefend nass vom Regen draußen, eine Tüte Brötchen unter dem Arm, und sah mich an.
    Am liebsten hätte ich ihn auf der Stelle nach draußen befördert.
    Einen Moment lang verharrten wir beide so, bis er schließlich auf mich zukam, und die Brötchen auf dem Tisch vor mir ablegte.
    „Ich…hab Brötchen mitgebracht“, murmelte er mehr, als das er es sagte.
    Ich nicke, sagte aber nichts.



    Er setzte sich auf das Sofa neben mir, und sah mich einen Augenblick lang schweigend an, bis er schließlich das Wort ergriff.
    „Du…warst ganz schön betrunken gestern“, er sagte es ohne Vorwurf, vielmehr mitleidig.
    „Ja…und du hast das ganz schön ausgenutzt“, gab ich bissig zur Antwort.
    „Ich habe dich ins Bett gebracht…“
    “Was hattest du überhaupt hier verloren?“, fiel ich ihm ins Wort.
    „Ich wollte…nach dir sehen, was du machst, wollte mit dir reden, mich entschuldigen…verdammt Hannah, was habe ich hier gesucht?
    Ich wollte bei dir sein…“
    „Das hast du ja wohl auch geschafft.“
    „Deine Mutter...hatte Musik aus der Bar gehört, und nachgesehen, als sie gestern nach Hause kam, und da hast du gelegen.
    Ich kam dazwischen, sie öffnete mir die Tür, und war heilfroh mich zu sehen.
    Sie bat mich, ihr zu helfen, alleine hätte sie dich nie ins Bett bekommen, und sie hatte noch einen Termin gestern Abend.
    Also trug ich dich ins Bett…“
    „…ins falsche Bett.“, fuhr ich ihm abermals dazwischen.
    „Trug ich dich ins Bett und deckte dich zu.
    Ich wollte gehen, ich war froh, dass ich dich überhaupt gesehen habe.
    Du warst diejenige, die gesagt hat, ich solle bleiben.
    Und ich blieb…“, er endete, und ich war auf hundertachtzig.
    „Ich war BETRUNKEN, du glaubst doch wohl nicht wirklich, dass ich noch mitbekommen habe, was passiert ist.
    Ich dachte dass das, was gestern passiert ist, ein Traum war!“
    Er sah zu Boden, bis er sich schließlich erhob, und zu mir herunter sah.
    „Es tut mir leid Hannah…ich wollte dir helfen, und ich wollte in deiner Nähe sein, weil ich…“, er unterbrach sich kurz, und ich glaubte, ein aufflackern von Tränen in seinen Augen zu sehen.
    „…weil ich dich liebe.
    Und wenn das falsch ist, und du es nicht willst, dann tue ich wirklich besser daran, dich in Ruhe zu lassen.
    Mach es gut Hannah, ich wünsche dir viel Glück.“
    Er wandte sich um und war schon auf dem Weg zur Tür, als ich aufsprang.
    „Sidney…“, er hielt inne, „was…was ist gestern noch passiert?
    Du hast doch nicht…ich meine…“
    Er drehte sich wieder zu mir um.
    „Nichts ist passiert…ich habe es nicht ausgenutzt Hannah, das würde ich nie tun, ich dachte soviel Vertrauen hättest du trotz allem noch.“
    Mein Magen schnürte sich zusammen; ich war so blind gewesen, hatte nur die letzten Wochen gesehen, und wie oft wir uns gestritten hatten, seinen Fehltritt, der schließlich dazu geführt hatte, das ich einfach verschwunden war.
    Die letzten vier Jahre hatte ich vergessen, ich hatte vergessen, wie glücklich wir gewesen waren, was für Pläne wir hatten.
    Und dann schossen mir die Tränen in die Augen.
    „Es…tut mir so leid Sid…“, weiter kam ich nicht, meine Stimme brach, ich konnte das Schluchzen nicht mehr unterdrücken.
    Sid zögerte einen Moment lang, dann kam er schweigend auf mich zu und nahm mich die Arme.



    „Ist schon gut Baby…ist alles okay…“, sagte er leise an meinem Ohr.
    Ich schmiegte mich an ihn, legte die Arme um ihn.
    Wie lange wir dort so standen weiß ich nicht, aber alles, was sich während der letzten Wochen aufgestaut hatte, brach aus mir heraus.
    Irgendwann sah ich auf, sein Hemd war durchnässt von meinen Tränen, und er sah mich mit einer Mischung aus Freude und Angst zugleich an.
    Ich wollte noch etwas sagen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt, und nachdem wir uns einen Moment lang schweigend angesehen hatten, war ich es, die die Initiative ergriff, und legte meine Lippen sachte auf seine.



    Er erwiderte den Kuss erst zaghaft, dann immer intensiver, und einen Moment lang hatte ich das Gefühl, als würde die Welt um uns herum einstürzen.
    Er löste den Kuss und sah mich atemlos an.
    „Ich liebe dich Hannah…ich habe dich immer…“
    Ich legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen.
    „Sei doch still…“, flüsterte ich.
    Ich löste mich aus der Umarmung, und schweigend bei der Hand, und diesmal war ich diejenige, die eine Situation ausnutzte…



    Wir lagen aneinandergeschmiegt im Bett, und redeten.
    Darüber, was passiert war, und ich musste wohl oder übel einsehen, dass ich ihn nicht unwesentlich selbst zu seiner „Tat“ getrieben hatte.
    Wir waren seit vier Jahren zusammen, studierten an derselben Uni, doch im letzten Semester hatte ich mich verändert.
    Abgesehen davon, dass Lernen mir leicht fiel, und ich es deshalb gerne tat, hatte ich meine Kommilitonen und vor allem Sidney vernachlässigt.
    Ich wollte unbedingt durch meine Noten glänzen, die beste des Semesters sein, und führte einen kleinen Privatkampf gegen den schlimmsten Professor, den man haben konnte.
    Ich fühlte mich ungerecht von ihm behandelt, ich war besser, als seine Noten es aussagten, und ich setzte alles daran, um es ihm auch zu beweisen.
    Moira, eine Mitstudentin, war schon seit langem scharf auf Sid, was mir aber nie Anlass zur Eifersucht gegeben hatte, da er nicht viel von ihr hielt, bis zu der verhängnisvollen Party zumindest.
    Er hatte sich so einsam gefühlt, und alles, was er versucht hatte, um mir wieder näher zu sein war gescheitert.
    Dann kam die Party, Alkohol, und bei Sid, und das versuchte ich ihm schon seit Jahren auszureden, auch ein Joint.
    Irgendwann war ihm so schlecht, dass er raus wollte, frische Luft schnappen, und da war Moira.
    Sie war ihm so lange auf die Pelle gerückt, dass er sich dazu hinreißen ließ, mit ihr ein wenig herum zu schäkern, und ehe er noch etwas dagegen tun konnte, küsste sie ihn.
    Wäre er nüchtern gewesen, hätte er vermutlich gar nicht erst mit ihr geredet; doch so war unglücklicherweise ich in die Situation geplatzt.
    Wir redeten, bis es zu dämmern begann, und ich sank schon langsam in den Schlaf, als die Türglocke mich wieder ins Reich der Lebendigen riss.
    „Geh nicht…“, Sidney hielt mich fest im Arm.
    Ich machte mich los: „Ich muss wenigstens nachsehen…“, und so zog ich mir rasch etwas über, und ging zur Tür.
    Vor mir stand Lucille, in Tränen aufgelöst.
    „Hannah…“, schluchzte sie, „Ich…brauch deine Hilfe….“



    To be continued...

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  • Gestern bin ich leider nicht mehr dazu gekommen, dafür geht's heute weiter.


    Semesterferien und andere Katastrophen - XII.
    Versöhnungen



    Ich holte sie erstmal von der Straße, die Nachbarn mussten ja nicht mehr als nötig mitbekommen, und führte sie in die Küche, wo ich uns einen Kaffee machte.
    Unser Streit war ab dem Moment, da sie vor mir gestanden hatte vergessen, wie konnte es auch anders sein?
    Sie war meine beste Freundin, trotzdem wir uns in den Haaren gelegen hatten, und mit Sid war fast alles wieder im Reinen, also hatte ich ihr längst verziehen.
    Wir setzten uns an den Küchentisch, ich versorgte sie mit Kleenex und Kaffee, und machte ihr Frühstück, auch wenn sie das zuerst ablehnte, sie habe keinen Hunger.



    Als ich ihr wortlos den Teller hinstellte, aß sie schließlich doch mit großem Appetit, und begann, nachdem sie satt war, stockend zu erzählen.
    „Lestat hat…er hat…“, sie musste sich sichtlich zusammenreißen, um nicht wieder auf der Stelle in Tränen auszubrechen.
    Schließlich atmete sie tief durch, und hatte sich gefasst.
    „Er hat mich rausgeschmissen.“
    Ich setzte die Tasse ab.
    „Was hat er…?“, fragte ich ungläubig.
    Die beiden waren für mich immer der Inbegriff einer intakten Beziehung gewesen.
    „Ich sitze auf der Straße…“, sagte sie leise.
    „Ja aber…warum hat er dich rausgeschmissen?!“
    „Er sagt, ich nehme ihm die Luft zum atmen, ich würde ihn einengen, und dass er seine Freiheit bräuchte.
    Außerdem könne ich ja zu einem meiner tollen Bekannten ziehen, wenn ich mich schon so prächtig mit ihnen amüsieren würde.“
    „Bekannten…?“
    Wieder flossen Tränen über ihr Gesicht, die sie fast verschämt mit einem Kleenex abtupfte; sie putzte sich lautstark die Nase.
    „Das ist es ja…“, rief sie aufgebracht, „ich habe keine Ahnung was er damit meint.
    Ich habe auf seinem Geburtstag mit anderen getanzt, klar, und ich treffe mich auch mit Freunden, aber wer tut das denn nicht?
    Er ist ja wohl derjenige, der mehr flüchtige Bekannte hat als ich.“
    „Aber das sagt er doch nicht einfach nur so…ist irgendwas passiert?“
    „Nein Hannah…ich kann mir nicht erklären, was er gemeint hat.
    Er hat mir einen Koffer vor die Tür gestellt und meinte, er will mich hier nicht mehr sehen, das war’s.
    Ich wusste nicht, wo ich sonst hin sollte.“
    Jetzt war es endgültig vorbei, ich konnte sie nicht mehr beruhigen, und sie schluchzte herzzerreißend.
    Ich strich ihr tröstend über den Kopf.
    “Du bleibst erstmal hier; wir haben genug Platz, und abgesehen davon: Was für eine beste Freundin wäre ich denn, wenn ich dich nicht aufnehmen würde?“
    „Danke Hannah…aber ich bin euch doch nur im Weg.“
    „Keine Widerrede, du bist niemandem im Weg, und meinen Eltern bringe ich das schon irgendwie bei.“
    Sie fiel mir um den Hals.



    „Ach Hannah, was würde ich ohne dich machen…“
    In dem Moment kam Sidney in die Küche geschlurft, mehr oder weniger bekleidet, und sah verunsichert aus, als er uns beide sah.
    „Ähm…soll ich lieber gehen?“
    „Nein, ist schon gut, komm rein.“
    Lucille sah irritiert zwischen uns beiden hin und her, und ihr Blick mutierte zu einem einzigen Fragezeichen.
    „Erklär ich dir später…“, murmelte ich ihr zu, und damit gab sie sich für den Moment zufrieden.
    Sid nahm sich einen Kaffee und setzte sich zu uns.
    „Ist was passiert?“
    In kurzen Sätzen erklärte ich ihm, was passiert war, und das Lucy erstmal hier bleiben würde.
    „Soll ich lieber gehen?“, fragte er vorsichtig.
    „Nein, ist schon in Ordnung…wir müssen uns einen Schlachtplan ausdenken.
    Könntest du nicht mal mit Lestat reden?
    Ich meine immerhin kennst du ihn besser als ich, durch deinen Bruder.“
    „Kann ich versuchen…ich weiß allerdings nicht, ob das heute schon eine gute Idee ist.“
    „Nein, natürlich nicht.
    Wir warten am besten erstmal ein paar Tage ab.“
    Ich wandte mich an Lucille.
    „Bis dahin bleibst du hier und schläfst dich jetzt erstmal ordentlich aus….wie wir alle“, fügte ich murmelnd hinzu, als mir meine eigene Übermüdung bewusst wurde.
    Ich brachte Lucille in mein Zimmer, wo ich bei ihr blieb, bis sie eingeschlafen war, was nicht allzu lange dauerte; immerhin war auch sie die ganze Nacht wach gewesen.



    Danach verabschiedete ich mich von Sid.
    „Sie tut mir so leid…wie kann man einfach so seine Frau vor die Tür setzen?“
    „Keine Ahnung…aber das bekommen wir schon raus“, gab Sid mir zur Antwort.
    „Ja…ich hoffe…“
    Als er schließlich ging, richtete ich mir das Sofa in meinem Zimmer her, es war selbstverständlich, dass ich Lucille das Bett überlassen würde.
    Ich wollte mich schon hinlegen, als ich draußen im Flur eine Tür schlagen hörte, aus der Richtung von Daniels Zimmer.
    Ich überlegte kurz, ob ich ihn jetzt oder später zur Rede stellen sollte, und entschied mich dann für jetzt – immerhin war er nicht ganz unschuldig an der allgemeinen Situation, wobei ich ihm eigentlich keine Vorwürfe machte, sondern eher Travis.
    Leise verließ ich das Zimmer, um Lucille nicht zu wecken, und fand meinen Bruder auf dem Sofa sitzend in seinem Zimmer vor.
    „Hallo Brüderchen…“, ich setzte mich neben ihn.



    „Hi Hannah.“
    „Schöne Nacht gehabt?“
    „Ja…wieso?“
    „Och…rein interessehalber…“
    „Hmhm…“
    „Hast bei deiner neuen Flamme geschlafen?“
    „Ja, aber ich wüsste nicht, was dich das angeht.“, er stand auf, und seine Körperhaltung verriet, dass er erwartete, dass ich gehe.
    „Ach, ich mein nur…ihr seid ein hübsches Paar, wenn man euch so im Freibad sieht…“
    Schlagartig wich die Farbe aus seinem Gesicht – ich hatte ihn.
    „Wann…du warst auch im Freibad…?“, fragte er unsicher.
    Ich stand auf.
    „Ja, war ich.
    Und hab dich quasi in flagranti erwischt.
    Warum hast du nichts gesagt Daniel?“
    „Ich…weil…“ er schluckte hart, stammelte sich etwas zurecht.
    Plötzlich gab es einen Sinn, dass er einfach abgehauen war, nachdem ich ihm von meinem Essen mit Travis erzählt hatte, und warum er die letzten zwei Wochen so launisch gewesen war.
    „Warum hast du nicht mal mir, als deine Schwester was erzählt?“
    „Was hätte ich denn sagen sollen?“, entgegnete er kraftlos.
    „Hey Familie, nur damit ihrs wisst, ich bin genau das, wofür ihr mich immer gehalten habt, ich gehöre nicht dazu, genau, ich bin anders, ich liebe Frauen und Männer.
    Hätte ich das sagen sollen?
    Und kannst du dir Dad vorstellen, was er gesagt hätte?“
    „Daniel…es ist für andere nicht wichtig, wen du liebst, wichtig ist, dass du damit glücklich bist.“
    „Ja…sagst du, aber was sagen die anderen?“
    „Mom bringen wir das schon bei, und Dad…den überlässt du wie immer mir.“
    Sein Gesicht nahm plötzlich panische Züge an.
    “Sag’s ihnen nicht…bitte Hannah, sie erfahren es noch früh genug, aber sag nichts davon den Alten.“
    Ich zögerte einen Moment lang, gab ihm dann aber mein Versprechen, nichts zu sagen.
    Er sah so glücklich aus, und befreit, dass er endlich mit jemandem hatte reden können, wer war ich, ihm dieses Glück wieder zu nehmen?
    Ich ließ ihn allein, und ging in mein Zimmer, wo ich mich nach dem ganzen Trubel endlich aufs Sofa legte, um den wohlverdienten Schlaf nachzuholen.



    Ich seufzte auf – warum war ich nicht einfach in den Urlaub gefahren?


    To be continued...

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    to be, is to do (Plato)
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  • Ich musste erst bei dem Spinnweb-Spiel mitmachen, deshalb geht's erst heute weiter, und diesmal isses echt viel :D


    Semesterferien und andere Katastrophen - XIII.
    Wahrheit und Lüge



    Fünf Tage war es her, dass Lucille bei uns „eingezogen“ war, und sie war mehr als vorsichtig, mit allem was sie sagte oder tat.
    Meine Mom war sofort dafür gewesen, dass sie bei uns blieb, während mein Dad…na ja, ihr könnt es euch denken.
    Die ersten beiden Tage hatte Lucy fast ausschließlich mit Selbstvorwürfen verbracht, und mit Heulen; aber mittlerweile hatte sie sich wieder so weit in der Gewalt, dass sie nicht mehr in Tränen ausbrach, wenn sie sich nur im Spiegel ansah.
    Am Nachmittag war Sidney vorbeigekommen, wie fast jeden Nachmittag, seit unserer „Aussprache“, und ich bekniete ihn dieses Mal, endlich zu Lestat rüber zu gehen, und mit ihm zu reden, denn so wie die Situation war, konnte es nicht weitergehen.
    Er hatte zwar Bedenken, weil er der Meinung war, dass wir uns am besten nicht einmischen würden, ging aber schließlich doch, und wenn es nur mir zu Liebe war.
    Außerdem hatte ich Lucille dazu überreden können, nicht den ganzen Tag im Haus herumzuhocken, und so hatte sie sich schließlich angeboten, für uns einkaufen zu gehen, und wollte später ein opulentes Abendessen kochen.
    Daniel war – wie könnte es anders sein – am frühen Nachmittag zu Travis gegangen.
    Bisher hatte ich mich zusammenreißen können, und weder meiner Mom noch meinem Dad etwas erzählt, auch wenn es mir unter den Nägeln brannte, wenigstens meiner Mom etwas zu sagen.
    Ich hatte den Nachmittag also für mich, und bestellte eine Masseurin; nach dem ganzen Theater hatte auch ich mir etwas Entspannung verdient.



    Grade hatte ich mich auf der Pritsche ausgestreckt und begann, die Massage wirklich zu genießen, und an nichts zu denken, als ich lautstark meine Eltern aus der Küche hörte.
    „…dir gleich gesagt, das geht nicht gut!“
    „Jetzt beruhig dich erstmal…nichts passiert.“
    „NICHTS PASSIERT?
    …mich vor der ganzen Stadt!
    Und du… nichts passiert!“
    „…verliebt…du nichts ändern!“
    „…immer gesagt…nicht normal!“
    „…IST normal…selbst wissen…glücklich…“
    „…damals gesagt…nicht will, aber nein…“
    „Du warst einverstanden!“
    „…wusste ich nicht…missraten...DEIN SOHN!“



    Das war’s, zuerst wurde die Küchentür, dann die Haustür lautstark zugeschlagen; mein Dad, dessen Stimme ich zuerst gehört habe, hatte offenbar das Haus verlassen.
    Ich erhob mich augenblicklich von der Pritsche, und entlohnte und entließ den Masseur; schlimm genug, dass er den Streit bis hierher mitbekommen hatte.
    Meine Mom fand ich auf dem Sofa in der oberen Halle – nicht weinend, aber sichtlich am Boden zerstört.
    „Mom…?“
    Ich setzte mich ohne zu fragen neben sie.



    „Was…ist passiert…?“
    Sie antwortete nicht gleich, so dass ich schon zweifelte, dass sie meine Frage gehört hatte.
    Schließlich sah sie mich an.
    „Dein Dad…hat Daniel in der Stadt gesehen…mit diesem neu hierher gezogenen Typen.“
    Ich schluckte hart – ich hatte gar nichts sagen brauchen, mein Dad war mir, mal wieder, zuvor gekommen.
    „Verstehe…“
    „Hast du davon gewusst Hannah?
    Ich hatte eigentlich gedacht, dass du vielleicht…ich meine natürlich, bevor du wieder mit Sidney zusammen gekommen bist…“
    „Nein ich…“, ich überlegte kurz, es hatte jetzt auch keinen Sinn mehr, mein Wissen für mich zu behalten, „Ja, Daniel hat mir vor ein paar Tagen davon erzählt.“
    Meine Mutter nickte nur kurz.
    „Dad kriegt sich schon wieder ein, wir wissen doch alle, wie er ist…“
    Sie sah mich an: „Diesmal nicht…er wird Daniel wahrscheinlich vor die Tür setzen.
    Wie er es schon so oft vorhatte.
    Ich zog meine Brauen zusammen: „So oft vorhatte?
    Sie haben sich nie besonders gut verstanden, und Dad hat Daniel oft strammstehen lassen, aber rausschmeißen, weil er sich verliebt hat?“
    „Hannah…Daniel ist…nicht Todds Sohn.
    Er ist nur dein Halbbruder.“
    Das traf mich wie eine Keule ins Gesicht.
    Hatte ich eben noch überlegt, meiner Mom einen Schnaps einzuschenken, damit sie sich beruhigte, dachte ich nun darüber nach, mir lieber selbst einen zu holen.
    „Mein HALBBRUDER?!“, platzte ich hervor.
    „Aber…wieso…ich meine…wie…?!“
    Meine Mom atmete tief durch, und setzte sich gerade hin.
    „Bevor ich deinen Vater kennen lernte, gab es einen anderen, er hieß Alan.
    Wir waren…sechs Jahre zusammen.
    Wie Sid und du studierten wir zusammen, er Medizin, ich Psychologie.
    Wir hatten grade beide den Abschluss in der Tasche, wollten uns ein Haus kaufen, eine Familie gründen.“
    Sie unterbrach sich; es fiel ihr sichtlich schwer, über ihre Vergangenheit zu reden.
    „Bis eines Tages…ich weiß nicht, was ihn dazu trieb, es war nicht seine Art, und er überfuhr mich damit, wie ein Bus.
    Er dachte daran, nach Afrika zu gehen, er meinte, dort werde er mehr gebraucht als hier, wo die medizinische Versorgung sowieso schon eine der besten der Welt wäre.
    Ich wollte es ihm ausreden, aber es hat nichts genutzt.
    Ich verstand, dass er helfen wolle, es ehrte ihn, aber ich verstand seine Gründe nicht.“
    Abermals stockte sie.
    „Und er ging, schneller, als ich es erwartet hatte.
    Ich konnte nichts dagegen tun…“, sie wischte sich eine Träne aus dem Auge, bevor sie fort fuhr.
    „Ich hatte ihn so geliebt…ich wollte nur ihn, und in den ersten Monaten zerriss es mir das Herz, ihn nicht mehr um mich zu haben.
    Und dann kam dein Dad.
    Ich lernte ihn auf dem Geburtstag einer meiner Freundinnen kennen; weiß der Teufel, wie ich es damals auf die Party geschafft habe.
    Er war aufmerksam, und überschüttete mich an jenem Abend mit Komplimenten, sorgte dafür, dass ich immer etwas zu trinken hatte, unterhielt mich, und brachte mich schließlich nach Hause.
    Damals übrigens noch in einem ziemlich verlotterten Käfer, nicht in einer seiner Luxuskarossen, die er heute fährt; er war damals noch ein kleiner Bote bei Epic, bevor er sein eigenes Label gründete.
    Ich wollte nichts von ihm, dazu hatte ich Alan zu sehr geliebt, und dein Dad gefiel mir damals nicht mal besonders.
    Aber er ließ nicht locker, überraschte mich in den folgenden Monaten immer wieder mit Blumen und Geschenken, lud mich zum Essen ein.
    Zuerst wollte ich nichts mehr, als ihn wieder loswerden, bis ich bemerkte, dass er mich zum Lachen brachte…das erste Mal, dass ich wieder wirklich befreit lachen konnte, seit Alan gegangen war.
    Und eines Abends, wir waren im Kino gewesen, und anschließend hatten wir noch etwas getrunken…übernachtete er bei mir.“
    Sie seufzte tief, und man konnte ihr ihre Erschöpfung ansehen.
    „Wie dem auch sei, wir wurden ein Paar, und zwei Monate später fragte er mich, ob ich seine Frau werden will.
    Alan hatte mich das nie gefragt, auch wenn ich insgeheim damit gerechnet hatte, dass er irgendwann fragen würde.
    Nun, aber der war in Afrika, und dein Dad war hier, und so heirateten wir.
    Den Rest kennst du.“
    Sie endete, und sah mich an.
    „Nein Mom…ich weiß, wie Dad sein Label gegründet hat, wie er die Stars den anderen Labels abgeworben hat, aber…verdammt, was ist mit Daniel?“
    Abermals seufzte sie, bevor sie endlich ihre Erzählung fortsetzte.
    „Es war…vor fast zwanzig Jahren.
    Dein Dad hatte gerade einen Vertrag mit einer Gruppe von viel versprechenden Newcomern geschlossen, und wolle gleich ein Album mit ihnen aufnehmen.
    Er war wochenlang nicht mehr als ein paar Stunden zu Hause, schlief teilweise sogar im Studio, und so langweilte ich mich, trotzdem ich dich den ganzen Tag um die Nase hatte.
    An einem Freitag brachte ich dich zu meinen Eltern, ich wollte endlich mal wieder ausgehen und Spaß haben.
    Ich ging ins „Weatherby“, den Club wirst du nicht mehr kennen, er wurde vor fast fünfzehn Jahren dem Erdboden gleich gemacht, aber damals war das der Club.



    Endlich war ich wieder unter Menschen, tanzte und lachte, bis mir jemand auf die Schulter tippte.
    Ich drehte mich um, und mich traf fast der Schlag.
    Vor mir stand Alan.“
    Ich lauschte atemlos ihrer Geschichte.
    „Ich hatte ihn damals fünf Jahre lang nicht gesehen, aber als er vor mir stand, war schlagartig der alte Zauber wieder da.
    Es war, als hätten wir uns niemals getrennt.
    Wir scherzten und lachten, bis wir irgendwann darauf zu sprechen kamen, warum er überhaupt gegangen war.
    „Ich habe damals glaube ich einfach kalte Füße bekommen“, sagte er, während er meine Hand nahm.



    „Elaine…ich bin nicht gegangen, weil ich dich nicht mehr liebte.
    Ich bin gegangen, weil ich dich zu sehr liebte.
    Ich hatte Angst vor mir selbst, Angst, dass ich dich irgendwann verlieren könnte, Angst, nicht alles richtig zu machen.“
    Unablässig streichelte er meine Hand, und ich war kurz vorm Heulen.
    „Und deshalb fandest du es besser, dich einfach aus dem Staub zu machen, ja?
    Mich einfach sitzen zu lassen, auf einem Trümmerhaufen, meine Träume und all meine Wünsche sterben zu lassen.
    Das war feige Alan.“
    Ich wollte aufstehen und gehen, doch er hielt mich zurück.
    Elaine…ich bin gekommen, um es wieder gut zu machen…“, sagte er leise.
    „Wieder gut machen? Nach fünf Jahren?
    Wie du siehst bin ich verheiratet, es gibt nichts, was du wieder gut machen könntest.
    Ich wünsche dir noch ein schönes Leben, Alan.“
    Er hielt noch immer meinen Arm fest, und sah mir in die Augen.
    „Ich sehe, dass du verheiratet bist…Elaine, liebst du ihn?“
    Damit hatte er mich getroffen, ich konnte ihm nicht mehr antworten, und brauchte es auch nicht.“
    Sie sah vor sich hin, in ihren Erinnerungen versunken, bevor sie wieder anhob.
    „Es war mitten in der Nacht, als er mich nach Hause begleiten wollte.
    Auf unserem Weg kamen wir an einem Motel vorbei, eine billige Absteige, die den Namen Motel nicht mal verdient hatte, so heruntergekommen war das Ganze.



    Wir brauchten uns nur anzusehen, und jeder wusste vom anderen, was er dachte.
    Wir mieteten ein Zimmer, für diese eine Nacht, der Typ an der Rezeption grinste anzüglich, doch nicht einmal da hatte ich ein schlechtes Gewissen.
    Schließlich wollten wir ja nur „Reden“, und das taten wir, aber es war alles gesagt, und das wussten wir.
    Als wir zusammen saßen, war es wie früher, und obwohl auch wenn es falsch war, verbrachten wir schließlich die Nacht miteinander.



    Und…Daniel ist das Ergebnis dieser Nacht.
    Es brach mir fast das Herz, als wir uns verabschiedeten, und er mich zum letzten Mal küsste.
    Er strich mir das Haar aus dem Gesicht und sagte: „Alles wird gut Elaine…alles wird wieder gut…“


    [I]

    Wie ich wünschte, er hätte Recht behalten…“, die letzten Worte kamen nur sehr leise über ihre Lippen, bevor sie endgültig endete; es gab nichts mehr zu sagen.
    „Du hast…Alan nie wieder gesehen?“
    „Nein, nie wieder.
    Als ich wusste, dass ich schwanger war, und dass das Kind nicht von Todd sein konnte, habe ich ihn angerufen, um ihm zu sagen, dass er Vater würde.
    Und ich fand es das Beste, dass wir uns nicht wieder sehen würden.“
    „Mom…du meinst, du hast ihm nicht mal erlaubt, sein eigenes Kind zu sehen?“
    „Was sollte ich denn machen?
    Ich liebte ihn, er liebte mich, ja, aber eine Scheidung wäre damals der Todesstoß gewesen, damals war die Gesellschaft noch nicht so tolerant, wie heute Hannah.
    Und abgesehen davon waren meine Eltern erzkatholisch, was hätte ich tun sollen?“
    „Aber was hat Dad dazu gesagt?!“
    „Nun…ich habe lange mit mir gerungen, bevor ich ihm überhaupt etwas sagen konnte.
    Großer Gott, ich habe sogar überlegt, ob ich ihm das Kind nicht einfach unterschieben sollte.
    Für eine Abtreibung war es bereits zu spät, und selbst wenn nicht, ich hätte das nie übers Herz gebracht.
    Irgendwann siegte mein Gewissen, und ich habe ihm alles gebeichtet, alles.
    Ich dachte, er würde durchdrehen und mich vor die Tür setzen, und insgeheim freute ich mich sogar über diese Möglichkeit, schließlich hätte ich dann doch noch einen Weg gefunden, mit Alan zusammen zu sein.
    Aber nichts davon passierte.
    Er freute sich sogar, und meinte, es würde dem kleinen an nichts fehlen, und er würde ihn aufziehen, wie seinen eigenen Sohn.“
    „…was er nie getan hat“, warf ich ein.
    „Nein, dass hat er nie getan, er hat Daniel von Anfang an behandelt, wie einen Aussätzigen.
    Ich glaube, er wollte mich unbedingt an sich binden, ich übte keinen Beruf aus damals, und war somit von ihm abhängig.
    Ich glaube, er hat das alles nur getan, um mich für meinen Fehltritt bezahlen zu lassen.“
    „Mom, das verstehe ich nicht…du arbeitest wieder, seit Daniel auf der Junior High war, du hättest dich leicht von ihm trennen können.“
    „Das hätte ich, ja, aber ich habe nie gesagt, dass ich deinen Dad nicht liebe, es war nur nie so, wie es mit Alan war.“
    „Und du liebst Dad…?“
    Sie überlegte einen Moment, bevor sie antwortete: „Es war nicht alles nur schlecht, was ich mit ihm erlebt habe.
    Aber ich weiß nicht, ob ich noch dasselbe für ihn fühle, wie ich es einmal war…“
    Bevor ich etwas sagen konnte, kam Lucille zur Tür herein, mit Einkaufstüten beladen.
    „Hi zusammen, tut mir leid, ist etwas später geworden, aber ich fange jetzt an zu kochen.“
    Sie stockte, als sie die Mienen von meiner Mutter und mir sah.
    „Soll…ich lieber wieder gehen…?“
    „Nein Lucille, ich hab riesigen Hunger, lasst uns anfangen, Hannah und ich werden dir helfen.“, antwortete meine Mom ihr prompt.
    Und so begaben wir drei uns in die Küche, wo Lucille uns von ihren Kochkünsten überzeugte.



    Trotzdem wir uns zusammenrissen, wurde der Abend nicht so ausgelassen wie geplant, zumal weder mein Dad nach Hause kam, noch Daniel oder Sidney etwas von sich hören ließen.
    Ich hatte meine Mutter nicht fragen können, aber ich hoffte inständig, dass Daniel noch nichts davon wusste, und dass vor allem nicht unser…mein Dad ihm die Wahrheit ins Gesicht schleudern würde…


    To be continued...

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  • So, bevor die Fortsetzungen unregelmäßiger werden, weil mein Urlaub beendet ist, lass ich euch noch an der vierzehnten teilhaben ;)


    Semesterferien und andere Katastrophen - XIV.
    Entscheidungen



    Der nächste Tag begann, wie der letzte aufgehört hatte; ich wurde das flaue Gefühl im Magen nicht los, weswegen sich mein Frühstück auf eine Tasse Kaffee beschränkte.
    Erst langsam begriff ich, dass ich seit 22 Jahren in einer Lüge lebte; mein Bruder war nicht mein „richtiger“ Bruder, meine Mutter hasste meinen Dad, zumindest irgendwie, und mein Dad schikanierte alle.
    Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Daniel die Küchentür aufmachte, und sich langsam und ziemlich blass im Gesicht in den Raum schob.
    Hatte mein Dad ihn schon in die Finger bekommen…?
    Er setzte sich mir gegenüber an den Tisch, und sah mich an, das heißt, eigentlich sah er eher an mir vorbei.
    „Hast du es gewusst…?“, fragte er nur leise.
    „Nein…“, gab ich ehrlich zur Antwort, und fügte hinzu: „Es tut mir leid, Daniel…“
    „Was soll ich denn jetzt machen?“
    „Nichts…es wird sich doch nichts ändern; du bist und bleibst mein Bruder.“
    „Ich…dachte wirklich das…“, ich unterbrach ihn: „Daniel…wenn es gar nicht mehr geht, dann ziehst du halt vorübergehend mit in die WG – die anderen werden bestimmt nichts dagegen haben.
    Mom hat mir gestern alles erzählt…aber ich glaube nicht, dass sie es so weit kommen lässt, dass Todd dich wirklich rausschmeißt…“
    Ich hatte absichtlich „Todd“ gesagt, ich wusste nicht, wie er auf „Dad“ reagieren würde.
    Aber plötzlich hob er den Kopf und sah mich an wie eine Eisenbahn.
    „Mom…? Was hat die damit zu tun…?!“
    Ich zog die Brauen zusammen: „Na das…“, ich stockte, hatten wir vom selben Thema gesprochen?
    „Daniel, wovon redest du?“
    „Von Travis.
    Gestern haben wir uns getroffen; wir waren am Strand, haben danach gegessen und dann wollte ich…na du weißt schon.
    Er hat…angefangen zu lachen, und mich gefragt, ob ich wirklich glaubte, dass er schwul wäre.
    Er wäre Schauspieler, und hierher gekommen, um sich auf eine Rolle vorzubereiten, weil ihn hier niemand kennt, und ich wäre ihm grade recht gekommen, mit meiner Naivität.
    Danach…hat er mich rausgeschmissen.“
    Ich biss mir auf die Lippen, ich hatte Glück gehabt, dass ich nicht weiter gesprochen hatte, somit war wenigstens nicht ich diejenige, welche ihm die Nachricht überbringen musste.
    Wobei ich dachte, lieber ich, als mein Dad.
    „Daniel…mein Gott…“
    Ich stand auf und schlang meine Arme um ihn.



    „Das tut mir so leid…“
    „Hannah…sag’s mir, warum passiert so was immer mir?
    Warum bin ich immer der dumme?“
    Ich konnte nichts auf seine Frage antworten; er schien einfach der geborene Pechvogel zu sein, und daran änderte man nichts.
    „Wie…lange, also ich meine, ihr wart doch nur knappe 2 Wochen „zusammen“, oder?“
    „Nein…eigentlich…“, er lachte bitter auf.
    „Es ging schon viel länger, er wohnt noch nicht lange hier, aber länger als diese zwei Wochen, die du meinst.
    Ich wollte dir ja schon davon erzählen, als du ankamst, aber du warst so fertig an dem Abend…hätte ich doch gleich was gesagt.“
    „Das hätte höchstwahrscheinlich auch nichts geändert, und jetzt ist es zu spät, um sich Vorwürfe zu machen.
    Außerdem trifft dich keine Schuld – Travis ist die Schlange.“
    „Vielleicht…aber ich hätte doch…ich meine, so was merkt man doch.“
    „Nein Daniel, so was merkt man nicht, und schon gar nicht, wenn man verliebt ist.“
    Die Tür flog auf, und ich löste meine Umarmung – mein Dad platzte in die Küche.
    „Ach…schön, dass ihr beide da seid, dann erspar ich mir eine große Ansprache vor jedem einzelnen.“



    Alleine der Ton, in dem er das sagte, rief einen Brechreiz in mir hervor.
    Ich konnte mir denken, was er wollte, und war dennoch, so wie er es schon sagte, froh, dass er Daniel nicht alleine erwischt hatte.
    Er machte sich nicht die Mühe, eine große Vorrede zu halten, sondern polterte gleich los.
    „Daniel, da du ja sowieso anfängst zu studieren ab dem Herbst, halte ich es für besser, wenn du ab dann auf eigenen Beinen stehst, so wie Hannah.
    Ich hab dir schon eine Wohnung besorgt, und die Kaution hinterlegt, für die Miete musst du selbst aufkommen, aber das dürfte kein Problem sein, irgendeinen Job finden Studenten ja immer.“
    Ich riss die Augen auf – das konnte ja wohl nicht wahr sein.
    Abgesehen davon, dass die beiden sich nie grün gewesen waren, aus mittlerweile verständlichen Gründen, behandelte er Daniel wie irgendein Spiel, das man wegwirft, wenn es einem nicht mehr gefällt.
    Daniel sagte erstmal gar nichts, er war zu geschockt über das, was er eben gehört hatte; zumal es so ausgemacht war, dass er während seines Studiums zu Hause bleiben würde.
    Immerhin studierte er vor Ort, und nicht in einer anderen Stadt, wie ich.
    Schließlich erhob er sich langsam, fast schwerfällig, und sagte völlig ausdruckslos: „Wie du meinst…Dad…“, und wollte schon zur Tür raus.
    Dadurch, dass er so ruhig reagierte, hatte er meinen Vater aber erst recht auf die Palme gebracht; der hatte wohl erwartet, dass Daniel seinerseits ausrasten würde.
    „Und dass mit dem Dad kannst du dir auch abschminken.
    Wenn du’s genau wissen willst, du bist nicht mein Sohn, deine Mutter zog es vor, sich einen Bastard von irgendeinem anderen anzulachen.“
    Mir fiel alles aus dem Gesicht, ich war froh, nicht wirklich was gefrühstückt, sondern nur Kaffee getrunken zu haben, ansonsten hätte ich mich wahrscheinlich wirklich übergeben.
    „Dad, es reicht…!“, das konnte er doch nicht machen; er konnte nicht „einfach so“ sagen, dass Daniel nicht sein Sohn war, nicht nach 19 Jahren, in denen er sich immerhin aufgeführt hatte, wie ein Vater.
    „Halt du dich da raus.“, fuhr er mich an.
    Daniel hatte, während er die Tirade von meinem Dad über sich hatte ergehen lassen, mit dem Rücken zu ihm gestanden, und drehte sich nun um.
    Und dann sagte er etwas, dass ich weder erwartet, noch ihm jemals zugetraut hätte.
    „Erzählen Sie mir etwas, dass ich noch nicht weiß, Mister Lucas, Sir.
    Und keine Bange, ich werde Ihre Geduld und Ihre Großzügigkeit kaum mehr länger als eine Stunde in Anspruch nehmen.“
    Damit drehte er sich wieder um und verließ die Küche.
    Mein Dad öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder, und mir ging es kaum anders.
    Es dauerte einige Sekunden, bis ich mich wieder gefasst hatte.
    „Todd…Mom hat Recht, du bist wirklich ein Arschloch.“, damit ließ ich ihn stehen, und ging Daniel nach, der mit Sicherheit schon dabei war, seine Sachen zu packen.



    Ich fand ihn denn auch in seinem Zimmer, bei eben jener Tätigkeit, die ich vermutet hatte.
    „Daniel, er hat das nicht so gemeint, er…“
    „Ist schon gut Hannah, er hat es genau so gemeint, wie er es gesagt hat, und ich auch.“
    Mit hochrotem Kopf schmiss er einige Pullover in einen Koffer.
    „Aber wenn…ich meine du hast es gewusst…?“, fragte ich leise.
    „Natürlich habe ich gewusst, ich mag vielleicht nicht so intelligent sein wie du, aber ich bin nicht dumm, und auch nicht blind.“
    „Aber woher…?“
    „Oma hat sich irgendwann mal verplappert, als wir in den Ferien bei ihr waren, kannst du dich noch erinnern?“
    „Ja…aber da waren wir noch Kinder.“
    „Das ist doch egal – sie hat so was fallen lassen, was mich zum Nachdenken gebracht hat, und dann fing ich an, euch zu beobachten.
    Ihr wart so anders als ich, und abgesehen davon muss man nur mal in den Spiegel sehen – ich habe viel von Mom, aber gar nichts von Da…von Todd.“
    Ich nickte nur – was sollte ich auch sagen?
    Anscheinend war ich die einzige, die jahrelang in einer Lüge gelebt hatte.
    „Daniel…wo willst du denn jetzt hin?“
    Er lachte kurz und bitter auf.
    „Gestern hätte ich gesagt zu Travis…und heute…ich weiß es nicht…Hauptsache erstmal weg von hier.“
    „Daniel, überleg dir das noch mal, du kannst nicht einfach abhauen.
    Ich werde nachher mit Mom reden, die biegt das schon wieder hin.“
    „Nein Hannah, lass gut sein.
    Mom hat selbst schon genug unter diesem…Tyrannen zu leiden, ich find schon was.“
    “Dann fahr wenigstens zum Strandhaus…dort kannst du erstmal bleiben, Dad war schon seit Jahren nicht mehr da.“
    „Ja…vielleicht…“
    Er hatte den Koffer inzwischen geschlossen, und nahm sich noch einen Rucksack aus dem Schrank, den er sich über die linke Schulter warf.
    Den Koffer nahm er schließlich in die rechte Hand.
    „So wie es ist, kann ich nicht hier bleiben Hannah…“
    „Nein, wahrscheinlich nicht.“
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, ich wollte nicht, dass er geht, aber ich verstand auch, dass er es hier nicht mehr aushielt, und so wollte ich ihn nicht aufhalten.
    „Mach’s gut…Lästerschwein“, das sagte er mit einem Anflug von einem Grinsen, „und pass auf dich und Mom auf, okay?“
    „Daniel, meld dich, wenn du angekommen bist, ja? Wo auch immer das sein wird…“
    „Mach ich.“
    Er drückte mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange, und verließ das Zimmer.



    Ich blieb wie angewurzelt stehen, und hörte schließlich unten das Aufheulen eines Motors.
    Das war zu viel für einen Vormittag, und als meine Mom schließlich den Kopf zur Tür hereinstecke bemerkte ich, dass ich zitterte.
    „Er…hat ihn wirklich rausgeschmissen…“, krächzte ich hervor.
    „Ich weiß…“
    Wortlos nahm sie mich in den Arm, um mich zu trösten, aber das würde nichts nützen, nicht dieses Mal...


    To be continued...

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  • Das hab ich gestern noch geschafft :)


    Semesterferien und andere Katastrophen - XV.
    Große und kleine Sorgen


    Drei Tage – und Daniel hatte bis jetzt nichts von sich hören lassen.
    Er hatte sein Handy eingesteckt, das hatte ich mitbekommen, aber so oft ich versucht hatte anzurufen, jedes Mal war das verdammte Ding aus gewesen, und ich hatte mindestens hundert mal versucht, ihn zu erreichen, im wahrsten Sinne.
    Meinem Dad war ich aus dem Weg gegangen, was nicht besonders schwer war, er hielt sich kaum noch zu Hause auf, und wenn, dann nur um kurz zu duschen, oder sich frische Sachen anzuziehen.
    Ich hatte viel zu wenig geschlafen, was man mittlerweile auch an meinen Augenringen sehen konnte, und mich reizbarer machte als normalerweise.
    Eigentlich war Lucille hierher gekommen, um Unterschlupf zu suchen, aber je länger sie hier war, was mittlerweile mehr als eine Woche war, desto mehr schien es mir, als genieße sie regelrecht, Lestat nicht um sich zu haben.
    Sie schwirrte zumeist morgens aus dem Haus, und kam erst am späten Nachmittag oder am Abend wieder.
    Heute erwischte ich sie beim Frühstück, und sprach sie zum ersten Mal seit Tagen wieder auf ihren Mann an.



    „Morgen Lucy…“
    „Ah, guten Morgen Hannah“, sie sah besser aus denn je, gestylt bis zum geht nicht mehr und sprühte vor guter Laune.
    „Heute noch gar nicht auf der Jagd…?“
    Zugegeben, die Bemerkung war mehr als bissig, aber der Sinn stand mir auch nicht nach Höflichkeitsfloskeln.
    Sie legte das Besteck nieder.
    „Mein Mann hat mich rausgeschmissen, und ich bin dankbar für jede Ablenkung.
    Das müsstest du doch eigentlich verstehen; schließlich ist es noch nicht lange her, dass du etwas ähnliches mit Sid hattest.“
    „Jaja, schon gut…“, ich schenkte mir einen Kaffee ein; sie war meine beste Freundin, und sie war wie meine Schwester; trotzdem konnte sie sich nicht hier einnisten und nichts an der Situation in der sie sich befand ändern.
    „Aber manchmal hab ich das Gefühl, du willst gar nicht zurück zu Lestat…“
    Sie schluckte, und wollte wohl aufbrausen, wartete aber einige Sekunden ab, und sah mich dann an.
    „Du weißt selbst, wie er sein kann.
    Hannah, ich liebe ihn, aber mit ihm zusammenzuleben habe ich mir anders vorgestellt.
    Er ist eifersüchtig, kontrolliert mich, ist misstrauisch, was ich tue, wenn er mal wieder irgendwo einen Dreh hat.“
    „Lucille, ich weiß, wie er ist, trotzdem: Du sagst selbst, dass du ihn liebst, dann reißt euch verdammt noch mal zusammen, und bekommt das in den Griff.“
    „Vielleicht will ich es ja gar nicht in den Griff bekommen…“
    „Bitte…?“
    Ihr Blick nahm einen schwärmerischen Ausdruck an.
    „Ich…“, sie stockte kurz, fuhr dann aber fort, „nun…ich hab jemanden kennen gelernt.“
    Ich riss die Augen auf.
    „Das ist nicht dein Ernst Lucille.“
    „Doch, das ist mein voller Ernst.“
    „Und er ist derjenige, mit dem du dich jeden Tag triffst…?
    Lucille, du kennst Lestat länger, als ich Sidney kenne; ich hab Sid überhaupt erst durch euch beide kennen gelernt.
    Und ihr beide wart…seid das Traumpaar schlechthin.
    Egal was vorgefallen ist, dass kannst du Lestat nicht antun!“
    Sie erhob sich.
    „Hannah, du bist meine beste Freundin, aber du kannst nicht beurteilen, was vorgefallen ist.
    Du weißt nicht, wie Lestat sich verändert hat, seit wir verheiratet sind.
    Und ehrlich gesagt dachte ich, dass du mir ein bisschen Glück gönnen würdest.“
    Sie war im Begriff, dass Haus zu verlassen, und ich ging hinter ihr her.
    „Ich gönne dir alles Glück der Welt Lucille, und das weißt du auch.
    Aber das kannst du nicht machen!“
    „Lass das meine Sorge sein…“ zischte sie mich an „Außerdem war mein Göttergatte derjenige, der mich rausgeschmissen hat, und nicht ich diejenige, die gegangen ist.



    Aber wer weiß – noch etwas länger, und ich wäre vielleicht von mir aus gegangen.“
    Das war’s, damit schlug sie die Tür hinter sich zu, und war verschwunden.
    Was bildete die sich eigentlich ein?
    Vor ein paar Tagen steht sie vor meiner Tür, in Tränen aufgelöst, und um Hilfe bettelnd, und jetzt sagt sie mir, dass ihr im Grunde egal ist, was mit Lestat passiert?
    Und überhaupt – immerhin war ich so nett gewesen, sie aufzunehmen, obwohl mein Vater dagegen gewesen war.
    Ich schüttelte den Kopf und wollte mich nicht länger damit aufhalten, obwohl ich ihr nachher erstmal gehörig den Kopf waschen würde.
    Wenn sie nicht zurück wollte, nun, hier würde sie auch nicht mehr allzu lange bleiben; sie würde sicher eine andere Lösung finden.
    Stattdessen schnappte ich mir zum x-ten Mal in den letzten paar Tagen den Telefonhörer, und versuchte, Daniel zu erreichen.
    Und tatsächlich – diesmal bekam ich ein Freizeichen.
    Ich ließ es unendlich lang klingeln, und bei jedem „Tuuut…“ rutschte mein Herz ein Stück tiefer; bis er schließlich doch noch den Hörer abnahm.



    „Hallo…?“
    „DANIEL?!!“
    „Hannah…schön deine Stimme zu hören.“
    Was war denn das für ein Satz?
    Als wäre er nur irgendwo im Urlaub.
    „Daniel, verdammt, ich hab mir solche Sorgen gemacht, warum hast du dich nicht gemeldet?
    Und wo zum Teufel bist du?“, meine Stimme zitterte, und durch den Streit mit Lucille fuhr ich ihn heftiger an, als ich es beabsichtigt hatte.
    Im Grunde war ich nur froh, endlich seine Stimme zu hören, zu hören, dass es ihm gut ging.
    „Ich bin irgendwo in einem kleinen Hotel Hannah, mach dir keine Sorgen.“, beschwichtigte er.
    „Was heißt irgendwo?
    Daniel geht’s dir gut?“
    „Ja, besser als vor ein paar Tagen; eigentlich geht es mir so gut, wie seit langem nicht mehr.
    Ich habe vorgestern schon mit Mom gesprochen – hat sie dir nichts gesagt?“
    „Nein…ich hab sie nur einmal kurz gesehen.
    Daniel, was hast du vor?
    Wann kommst du wieder nach Hause?“
    „Erstmal nicht…und zu Hause nenne ich das sowieso nicht mehr.“
    „Nein…tut mir leid…Daniel, du fehlst mir.“
    „Du mir auch Hannah, aber ich muss hier was erledigen, okay?
    Es ist nicht grade einfach, und ich hab keine Ahnung, wie lange es dauern wird.“
    „Was meinst Du…?“
    Ein kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung, bis er ansetzte: „Mom hat mir die Adresse von Dad gegeben…meinem richtigen Dad.
    Ich will ihn…“besuchen“, ich will wissen, wer er ist.“, und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Ich will wissen, wer ich bin, Hannah…“
    Ich musste schlucken; eigentlich hatte ich mir so was fast gedacht, aber ich dachte nicht, dass Daniel mutig genug gewesen wäre für einen solchen Schritt.
    „Ja…natürlich…ich wünsch dir viel Glück Daniel.
    Ihr werdet euch eine Menge zu erzählen haben.“
    „Wenn er mich überhaupt sehen will.“, antwortete er etwas entmutigt.
    „Das wird er, verlass dich drauf.
    Wenn er Mom nur annähernd so geliebt hat, wie sie es mir gesagt hat, dann wird er dich nie wieder gehen lassen“; ich sagte das, um ihm Mut zu machen, ihn aufzumuntern, aber ich war mir selbst nicht sicher.
    Wie reagiert man, wenn nach 19 Jahren plötzlich der eigene Sohn vor der Tür steht, und man ihn nie zuvor gesehen hat?
    „Danke Hannah…ich muss jetzt auflegen.“
    „Ja, ist schon okay.
    Aber ruf mich an, wenn was ist, okay?
    Ich will mir nicht wieder Sorgen machen müssen.“
    „Ich werde dich auf dem Laufenden halten“, sagte er mit einem fast schalkhaften Unterton, und dann beendete er das Gespräch.
    Ich rieb mir die Schläfen.
    Warum drehten bloß alle durch?
    Als es an der Tür schellte, vermutete ich schon die nächste Überraschung, aber es war bloß Sidney.



    „Na Baby?“
    Er grinste mich dümmlich an.
    „Hallo Sid…“, ich drehte mich um und ging direkt zurück ins Haus; das Schließen der Tür überließ ich ihm.
    „Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“
    „Alles…“, gab ich nuschelnd zurück, während ich mich aufs Sofa setzte.
    „Hm…eigentlich…wollte ich dich fragen, ob du morgen Abend etwas vorhast.
    Ich hab ne Überraschung für dich.“
    „Sid…das letzte, was ich im Moment brauche ist noch eine Überraschung.“
    „Okay…aber vielleicht brauchst du einfach nur etwas, dass dich ablenkt, und deine Stimmung hebt.“, er lächelte.
    „Komm schon Hannah, es wird nichts Schlimmes passieren, versprochen.“
    Er sagte das mit einem solchen Hundeblick, dass ich unweigerlich Lachen musste.
    „Also gut…wann morgen?
    Und wohin gehen wir?“
    „Das wird die Überraschung…“


    To be continued...

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  • Lux: Die kommt jetzt ;) Und so langsam nähern wir uns auch dem Ende.


    Semesterferien und andere Katastrophen - XVI.
    Das Tüpfelchen auf dem i


    Ein Samstagabend mehr, seitdem ich hier war.
    Den ganzen Tag über hatte ich an Daniel denken müssen; ich hoffte inständig für ihn, dass er Alan angetroffen hatte, und dieser auch bereit war, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
    Lucille hatte ich nicht gesehen seit gestern, sie entwickelte zusehends dieselben Angewohnheiten wie mein Dad.
    Den allerdings hatte ich morgens gesehen, eine Seltenheit seit dem Streit mit Daniel, und er war ziemlich zerknirscht an diesem Morgen.
    Er entschuldigte sich bei mir für das, was vorgefallen war, und sagte, er wollte auch Daniel noch anrufen, und ihn zurückholen.
    Was er damit bezwecken wolle, fragte ich ihn, ob es denn nicht reiche, dass er ihn quasi vor die Tür gesetzt hätte, von allem anderen mal abgesehen.
    „Nichts“, war seine lapidare Antwort, er sei ja schließlich auch kein Unmensch, und sähe ein, dass er Mist gebaut hätte.
    Kurz darauf war er auch schon wieder verschwunden; das Label war ihm ja schon immer wichtiger gewesen, als seine Familie, und ehrlich gesagt war ich froh, als er endlich ging.
    Sid hatte mich morgens zwar noch angerufen, und mit großem Pathos erklärt, er wolle den Abend mit mir verbringen und hat nochmals eine „Überraschung“ erwähnt, und das ich mich doch bitte schick anziehen solle.
    Trotzdem fragte ich meine Mom, ob sie den Abend nicht mit Sidney und mir verbringen wollte.
    Sie tat mir leid, und ich wollte nicht, dass sie alleine zu Hause herumhockt.
    Nun, sie lehnte dankend ab; sie habe sich bereits mit einer Kollegin verabredet, zu einem Frauenabend quasi, und außerdem wolle sie „ungern stören“.
    Mir schwante schlimmes; war schon wieder etwas im Busch, von dem alle, außer mir etwas wussten?
    Wie dem auch sei, es wurde schließlich Abend, und ich war Sidney’s Bitte gefolgt, und hatte mich für den Abend herausgeputzt.



    Gegen neun holte er mich endlich ab, nachdem ich schon fast eine Dreiviertelstunde auf ihn gewartet hatte.
    Wir fuhren in die Stadt, in das neue China-Restaurant, das erst vor 4 Wochen eröffnet hatte.
    „Und das war jetzt deine große Überraschung…?“, fragte ich ihn leicht genervt, als wir ankamen.
    „Ach Hannah…das du immer gleich so biestig sein musst.“, seufzte er.
    Er nahm meine Hand und führte mich hinein.
    „Wie in alten Zeiten“, schoss es mir durch den Kopf.
    Er hatte einen Tisch reservieren lassen, durch eine Trennwand etwas abgeschirmt vom Rest des Restaurants.
    Manchmal glaubte ich, aus Sid hätte ein Mädchen werden sollen; er war romantischer, als jeder andere, den ich kannte.
    Unweigerlich musste ich schmunzeln, ich glaube, seine romantische Ader war einer der Gründe, weshalb ich mich überhaupt in ihn verliebt hatte.
    Der Ober brachte uns die Karte, und was folgte war ein Mahl, dass Lukullus vor Neid hätte erblassen lassen.



    Wir redeten und lachten die ganze Zeit über, und tatsächlich vergaß ich während der nächsten Stunden das Chaos um mich herum.
    Irgendwann jedoch kehrten meine Gedanken zum hier und jetzt zurück, und ich berichtete Sidney, was gestern zwischen Lucille und mir vorgefallen war.
    „Das wundert mich nicht…“, murmelte er.
    „Weshalb?
    Du warst doch bei Lestat, was hat er gesagt?“
    Sidney nahm meine Hand.
    „Nicht jetzt Hannah…es war bis hierher so schön, warum sollen wir uns den Abend damit kaputt machen?
    Lass es uns lieber machen, wie die nebenan…“, er neigte seinen Kopf in Richtung des Nachbartisches.
    Der Tisch neben unserem, auf welchen man aufgrund der Wand keinen direkten Blick werfen konnte, war seit einiger Zeit ebenfalls besetzt, und das einzige, was man seither hörte waren getuschelte Worte, Gekicher und zuweilen Geräusche, die auf wildes Geknutsche schließen ließen.
    Hin und wieder hatte ich versucht, einen Blick hinüberzuwerfen, man ist ja neugierig, aber die Trennwand hinderte mich daran.
    Ich musste grinsen.
    „Deshalb hast du mich hierher gebracht?“
    „Auch…“, Sid zog mich an sich und bevor ich etwas erwidern konnte, spürte ich seine Lippen auf meinen.



    Ich schloss die Augen und gab mich dem Moment hin, bevor er sich zaghaft wieder von mir löste, meine Hände aber in seinen behielt.
    „Hannah…wir kennen uns jetzt seit fünf Jahren, vier davon sind wir zusammen.“
    Er holte tief Luft, und ich meinte, Aufregung in seinen Augen aufblitzen zu sehen.
    „Diese vier Jahre, waren die glücklichsten meines Lebens…“
    Mein Herz begann schneller zu schlagen, er würde doch nicht etwa…?
    „Hannah, was ich dir angetan habe, tut mir unendlich leid, und ich würde alles dafür geben, um es ungeschehen machen zu können.
    Du sollst wissen, dass ich dich mehr als alles auf der Welt liebe und verehre, ich lege dir mein Herz zu Füßen.
    Ich bin der glücklichste Mensch der Welt, wenn ich nur in deiner Nähe sein darf.
    Ich habe heute Abend ausgesucht, denn heute vor fünf Jahren, sind wir uns zum ersten Mal begegnet, und seitdem gab es nicht eine Minute, in der ich nicht an dich gedacht habe.“
    Mein Mund wurde trocken; ich fürchtete, es war genau das, was ich vermutet hatte.
    Erneut setzte er ab und atmete tief durch, bevor er fort fuhr.
    „Hannah…alles was ich habe, alles was ich bin, verdanke ich dir, und deshalb will ich dich heute Abend fragen…“
    Von drüben ertönte ein glockenhelles Lachen, ein Lachen, wie ich es so oft gehört hatte – es gehörte Lucille.
    Sid wandte den Kopf kurz und verärgert in Richtung der Trennwand, und auch ich blickte in die Richtung, nachdem ich das Lachen gehört hatte.
    Nur war ich dieses Mal so indiskret, mich weiter nach hinten zu lehnen, um durch den kleinen Spalt zwischen Wand und Schirm blicken zu können.
    Ich riss die Augen auf; dort saß tatsächlich Lucille, aber sie war nicht alleine.
    „Ich glaube, ich muss kotzen…“, stammelte ich, und sprang auf.



    Ich rannte quer durch das Restaurant, auf die Toiletten zu, wo ich denn auch das tat, was ich vorher angekündigt hatte.
    Ich weiß nicht, wie lange das Ganze dauerte, aber es kam mir wie eine Ewigkeit vor.
    Kreidebleich lehnte ich mich an die Wand im Vorraum, und eine ältere Dame fragte mich, ob mit mir alles in Ordnung sei, oder sie lieber einen Arzt rufen sollte.
    „Nein, alles in Ordnung, vielen Dank; ich fürchte nur, ich habe zu viel gegessen“, antwortete ich, woraufhin sie mich wieder mir selbst überließ.
    In diesem Moment fragte ich mich zum ersten Mal ernsthaft, wie viel Mist auf einen Haufen ein Mensch eigentlich ertragen kann, und befand im selben Augenblick, dass das, was ich eben gesehen hatte, meine Grenzen definitiv bei weitem überschritt.
    Irgendwann ging die Tür zur Toilette auf, und Sid streckte den Kopf herein.
    „Hannah…das hier ist die Damentoilette, und ich wäre dir dankbar, wenn du rauskommen würdest, und ich nicht rein müsste.“
    „Ja…ja, ich komm gleich.“
    Ich tastete mich an der Wand entlang, und schließlich nach draußen, wo Sidney mich schon in Empfang nahm.
    „Baby…was ist passiert?“
    Er hatte es anscheinend nicht gesehen, hatte Lucilles Lachen nicht als ihres erkannt; Gott sei Dank.
    „Erzähl ich dir später…“, nuschelte ich, „Lass uns nur weg von hier…“
    Auf dem Weg nach Hause überkam mich wieder das Bild aus dem Restaurant, und damit auch der Anflug von Übelkeit, den ich aber niederkämpfte.
    Sidney blickte nur immer wieder besorgt zu mir herüber, fragte aber erstmal nicht weiter nach, wofür ich ihm, trotzdem er mehr als enttäuscht aussah, dankbar war.
    Zu Hause angekommen stürmte ich zielstrebig der Bar entgegen, und schenkte mir einen Scotch ein; ich hatte das Glas schon an den Lippen, doch Sidney nahm es mir sanft wieder ab.



    „Hannah…trinken bringt doch nichts.
    Komm schon, was ist passiert?
    Liegt es an mir…?“, fügte er zweifelnd hinzu.
    Ich sah ihn an.
    „Nein…das ist es nicht.“, ich nahm seine Hand.
    „Sid…was hat Lestat dir erzählt?“


    To be continued...

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  • Soo, auf 2 oder 3 Fortsetzungen könnt ihr euch, neben dieser, noch gefasst machen :)
    @krassblatt: Die Lindenstraße besteht seit Jahren nur daraus, dass ne Folge zu Ende geht, wenn's grade spannend wird :roftl
    Nee, aber ernsthaft; wenn man jedes Mal alles verrät, wird einem das "Muss" genommen.
    Man liest mit weniger Motivation weiter, weil sich im Grunde schon alles geklärt hat; es muss sich alles langsam aufdecken, damit's gut wird ;)


    Semesterferien und andere Katastrophen - XVII.
    Freunde kommen und gehen


    Sidney wich meinem Blick aus.
    „Hannah…manchmal ist es besser, wenn man sich einfach nicht einmischt, das habe ich dir schon so oft gesagt, wann wirst du es verstehen?“
    Ich ließ seine Hand los.
    „Ich weiß Sid, und es könnte mir auch herzlich egal sein, ginge es nicht um Lucille und…“, ich stockte kurz, „und vor allem um Daniel.“
    „Was hat der damit zu tun?“
    „Sidney…sag mir, was Lestat dir erzählt hat, bitte.“
    Er seufzte, und ließ sich auf einen Barhocker sinken.
    „Nicht besonders viel.
    Allerdings…“, mit irgendetwas wollte er nicht rausrücken, und das merkte ich.
    „Allerdings was?“, ich setzte mich ihm gegenüber.
    „Erinnerst du dich daran, was Lovecraft die Figuren in seinen Geschichten oft hat sagen lassen?
    Das es besser ist, wenn die Menschen nur das wissen, was oberflächlich offensichtlich ist, und dass das einzige Glück, dass wir haben unsere Unwissenheit ist?“
    Ich verdrehte genervt die Augen.
    Dieser Abend hätte der schönste meines Lebens werden können – natürlich hatte ich gewusst, was Sidney mich fragen wollte, auch wenn er es letztendlich nicht ausgesprochen hatte, und jetzt saßen wir hier, und er faselte irgendwas von einem toten Schriftsteller.



    „Sidney…mach mich nicht nervös…“
    „Okay…also gut…“
    Er fuhr sich durchs Haar.
    „Es ist vielleicht nicht alles ganz so, wie du denkst… oder vielmehr, wie Lucille es dargestellt hat.
    Meine Güte; sie ist deine beste Freundin, ich sollte die Klappe halten.“
    „Nein, grade weil sie meine beste Freundin ist, solltest du reden verdammt“, ich musste schlucken, weil abermals das Bild aus dem Restaurant vor meinem geistigen Auge erschien.
    „Eine Freundschaft kann man nicht auf Lügen aufbauen…“, fügte ich ein wenig verbittert hinzu.
    „Als ich bei Lestat war…nun, es ist nicht ganz so gelaufen, wie Lucille es dir erzählt hat.“
    Ich nickte nur, bevor er in seinen Ausführungen fort fuhr.
    „Ich weiß, dass Lestat eifersüchtig ist und dieser ganze Quatsch, durch meinen Bruder, aber Lucille hat ihm die Jahre hindurch wohl auch immer einen Anlass dazu gegeben.
    Vor Jahren, als Lestat noch lange nicht das war, was er heute ist, und seine erste wirkliche Rolle gespielt hat, nun…“, er unterbrach sich kurz.



    „Er hatte Lucille mitgenommen zum Set, um ihr die Welt hinter den Kulissen zu zeigen, und sie fuhr wohl voll drauf ab; ich weiß nicht, du kennst sie besser als ich.“
    „Ja…sie hat…immer schon gesagt, sollte sie jemals heiraten, dann nur einen wirklichen Star…“
    Sid nickte, um schließlich weiterzuerzählen.
    „Jedenfalls…Filme sehen nur gut aus auf der Leinwand, und nicht bei den Dreharbeiten.
    Ihr wurde schnell langweilig, wenn Szenen immer wieder und wieder gedreht werden mussten, und das Leben in einem Wohnwagen war wohl auch nicht das Richtige für sie.
    Zumal Lestat sich nicht wirklich um sie kümmern konnte; wenn man morgens um 6 mit den Dreharbeiten beginnt, und oft erst weit nach Mitternacht ins Bett kommt, bleibt halt nicht wirklich viel Zeit, sich um seine Freundin zu kümmern.“
    „Sidney…das weiß ich alles selbst, komm zum springenden Punkt.“
    „Du wolltest, dass ich dir erzähle, was Lestat gesagt hat, und so hat er es mir gesagt.“, verteidigte er sich.
    „Ist auch egal, jedenfalls, bei besagtem Dreh war eben auch ein Statist dabei, für den Lucille sich zusehends interessierte.“
    „Travis…“, fiel ich ihm ins Wort.
    Sid sah mich skeptisch an.
    „Hast du selbst mit Lestat gesprochen…?“
    „Nein…erzähl weiter.“



    „Wie du schon sagtest, eben dieser Travis; der natürlich mehr Zeit hatte, sich mit Lucille zu befassen, und das wohl auch ganz fachmännisch tat, obwohl er nur Statist war, der aber, zumindest nach seinen eigenen Worten, noch eine „glänzende Karriere“ vor sich hätte, wenn man ihn erstmal entdeckt hätte.
    Wie dem auch sei, damals lief wohl schon etwas zwischen Lucille und ihm, ich weiß nicht, wie weit sie gegangen sind, allerdings war es wohl schon keine harmlose Liebelei mehr.
    Zu Lestat’s Glück waren die Dreharbeiten bald abgeschlossen, und sie kehrten hierher zurück; den Rest mit der Hochzeit und allem drum und dran kennst du.“
    „…und das Travis hierher gezogen ist…“, fügte ich hinzu.
    „Ja…das erzählte Lestat auch.
    Und dass das Theater seitdem erst richtig angefangen hat.
    Zuerst hat Lucille sich noch Vorwände gesucht, um zu Travis gehen zu können, der ja wohl mittlerweile tatsächlich ein richtiger Schauspieler ist.
    Sie wolle ihm die Stadt zeigen, er hätte hier ja schließlich keine Bekannten und so weiter.
    Bis sie Lestat schließlich klipp und klar gesagt hat, dass sie nicht wisse, ob die Ehe mit ihm die richtige Entscheidung gewesen wäre.
    Daraufhin hat Lestat sie mehr oder weniger vor die Tür gesetzt; er hat ihr gesagt, wenn sie das nicht wisse, dann solle sie sich schleunigst darüber klar werden, woraufhin sie fluchtartig das Haus verlassen hätte.
    Den Rest kennst du.“
    Ich sackte auf dem Stuhl zusammen; wie konnte man sich in einem Menschen, den man seit der Grundschule kannte, so sehr täuschen?
    „Hannah…alles in Ordnung…?“
    Ich rieb mir die Schläfen.
    „Nein…nichts ist in Ordnung…na ja, zumindest erklärt es einiges, aber es ist nichts in Ordnung…“
    In kurzen Worten erklärte ich ihm, was mit Daniel passiert war, und was ich eben im Restaurant gesehen hatte.
    Lucille und Travis, wie ein frisch verliebtes Pärchen; und die Geschichte von Sidney erklärte ihr Verhalten in den letzten Tagen.



    Was sie aber nicht erklärte war, warum Travis Daniel so gedemütigt hatte.
    Vielleicht stimmte auch die Geschichte mit dem Schauspieler, und Daniel war für Travis nur ein Spielzeug gewesen.
    Aber warum überhaupt das alles?
    Sie hätte sich von Lestat trennen können, ein klarer Strich unter die Sache, und alles wäre seinen Gang gegangen, niemand wäre verletzt worden; und vor allem wäre meine Familie vielleicht noch das, was sie einmal war.
    „Sidney…wir müssen was unternehmen.“
    „Was hast du denn vor?
    Die beiden mit Gewalt auseinander bringen?
    Lucille im Haus einsperren und Travis aus der Stadt jagen?
    Ich verstehe nicht, was sie dazu getrieben hat, aber was willst du unternehmen?
    Wenn sie sich tatsächlich so sehr in Travis verliebt hat, dann sollten wir die beiden vielleicht einfach in Ruhe lassen.“
    „IN RUHE LASSEN?!
    Nach dem, was sie Daniel angetan hat?
    Sid, sie hat schon mehr angerichtet, als man auf den ersten Blick sieht, und ich will verdammt noch mal wissen, warum dieses ganze Theater.
    Und vor allem dachte ich…sie wäre meine Freundin…“, ich konnte die Tränen kaum noch zurückhalten.
    Sid legte den Arm um mich, legte seinen Kopf auf meine Schulter.
    „Hey Baby…nicht weinen, wird alles wieder gut, versprochen…“
    „Du sagst das so einfach…“
    „Es wird einfach, vertrau mir.
    Ich werde mit Lucille reden, und dann sehen wir weiter.“
    „Nein…das übernehme ich.“
    Schließlich brachte ich Sidney zur Tür, ich wollte mir Lucille bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit vorknöpfen, und ich nahm an, dass das wieder einmal beim Frühstück sein würde, deshalb wollte ich ausgeschlafen sein.
    Zwar hatte er sein Angebot, mit ihr zu reden noch einmal erneuert, aber er hatte schon mit Lestat gesprochen, Lucille würde mir gehören...


    To be continued...

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  • So, weiter geht's.
    Hat leider etwas gedauert, weil ich das Spiel neu installieren musste, und von daher vorher das Haus und die Familie sichern und mir nachher die Downloads von 2 Sicherungs CD's wieder zusammensuchen konnte. :motz


    Semesterferien und andere Katastrophen - XVIII.
    Pläne



    Ich hatte mich die ganze Nacht über im Bett hin und her gewälzt, ohne wirklichen Schlaf zu finden, und ich stand auf, als der Morgen grade zu dämmern begann.
    Auf dem Weg zum Bad begegnete mir meine Mom auf dem Flur.
    „Morgen Hannah…“, sie grinste mich an.
    „Morgen Mama…“, gab es einen bestimmten Grund für ihre gute Laune?
    „In der Küche sitzt jemand, den du bestimmt gerne sehen wirst; aber werd erstmal richtig wach.“



    „Daniel?!“
    Sie nickte, und ging dann lächelnd nach unten.
    Ich schloss die Augen – er war tatsächlich wieder da.
    Etwas mehr als eine Woche war er fort gewesen, und unter normalen Umständen hätte ich wahrscheinlich darüber gespöttelt, dass er einmal mehr das, was er vorhatte nicht durchgezogen hatte.
    Aber das war nebensächlich, die Hauptsache war, dass er wieder hier war.
    Ich sprang unter die Dusche und schlüpfte in neue Sachen, und wollte mich grade auf den Weg nach unten machen, als Daniel mir am oberen Treppenabsatz begegnete.
    Ich flog in seine Arme.



    Er drückte mich an sich, und schien überaus gut gelaunt zu sein.
    Wie es aussah, hatte ihn die Sache mit Travis doch nicht so sehr mitgenommen, wie ich gedacht hatte.
    „Na Lästerschwein, wie geht’s dir?“
    Ich löste mich von ihm, ihn in die Seite knuffend, wie ich es immer getan hatte, wenn er mich so nannte.
    „Blöde Frage, jetzt, wo du wieder da bist.
    Viel wichtiger ist, wie es dir geht…?“
    Er grinste.
    „Astrein, um nicht zu sagen hervorragend.“
    Er zog mich hinter sich her in mein Zimmer, wo wir uns gemeinsam aufs Sofa sinken ließen.



    „Los, jetzt erzähl schon.“, quengelte ich.
    „Was erzählen…?“; er grinste erneut.
    „Ach komm schon, du weißt genau, was ich meine“, ich zog einen Schmollmund.
    „Hmhm…sie haben nette Mädchen dort, wo ich war.
    Und der ein oder andere Mann gefiel mir auch…vielleicht hätte dir auch noch einer gefallen.“
    „Daaaaniieeell…“.
    Er lachte.
    „Okay…ist schon gut.
    Ich habe Alan getroffen.“
    „Und…?“
    Meine Güte, mach’s nicht so spannend!“
    Er wurde ernster, und sah mich an.
    „Du kannst dir nicht vorstellen, wie es ist, nach fast zwanzig Jahren den Mann zu sehen, der dein richtiger Vater ist.
    Es war…hm…wie soll ich das ausdrücken.
    Das lässt sich nicht in Worte fassen.“
    Er versank einen Moment lang in Gedanken.
    „Wie hat er reagiert…?!“
    „Sehr ruhig, erstmal, fast gelassen.
    Ich wusste selbst nicht, was ich sagen sollte, als ich an seiner Tür klingelte, obwohl ich mir mindestens tausend Sätze überlegt hatte, die ich sagen wollte.
    Und das einzige, was mir schließlich eingefallen ist war: „Dad…?“.
    Mein Gott, ich kam mir so blöd vor.
    Wir haben uns gegenübergestanden, und uns angestarrt, zwei, drei Minuten lang, und dann…“
    „Und dann was?“, ich glaube, ich war mindestens genauso aufgeregt wie er, als er vor Alans Tür stand.
    Ein Lächeln zeichnete sich auf Daniels Gesicht ab.
    „Er war wahrscheinlich genauso aufgeregt wie ich, und dann, als er mich ansah, zog er mich einfach in seine Arme.
    Und dann standen wir da draußen, vor der Haustür, lagen uns in den Armen und haben geheult wie die Schlosshunde.“
    Er grinste wieder.
    „Muss ein ziemlich seltsames Bild abgegeben haben.“
    Mir fiel mindestens der K2 vom Herzen; ich hatte so gehofft, dass Alan Daniels Aufkreuzen positiv aufnehmen würde.
    Ich musste unweigerlich lächeln.
    „Und wie…ging es weiter…?“
    „Wir haben geredet, den ganzen Tag lang, bis tief in die Nacht.
    Er erzählte mir aus seinem Leben, von seinen Eltern, meinen Großeltern, von seinem Studium, seiner Arbeit in Afrika, und wie er schließlich wieder hier landete.
    Er zeigte mir Jahrbücher von der Uni, Bilder von ihm und Mom.
    Ich kann dir nicht alles erzählen, was er gesagt hat, es war so viel, und mir schwirrt immer noch der Kopf.
    Die paar Tage, die ich bei ihm war, waren wirklich schön Hannah, und wir werden uns in Zukunft noch öfter sehen.“
    „Das freut mich so für dich Daniel“; ich schloss ihn spontan in die Arme.
    Er grinste: „Mich freut es noch viel mehr…ich weiß endlich, wer meine Wurzeln sind.“
    „Das ist gut…“
    Daniels Gesicht nahm wieder einen nachdenklichen Ausdruck an.
    „Hast du noch mal mit Mom gesprochen?“
    „Nein…wieso?“
    „Ich glaube…er würde sie wirklich gerne wieder sehen.
    Ich habe ihr noch nichts gesagt, und sie hat kaum nach ihm gefragt, aber ich glaube, die beiden waren wirklich sehr verliebt ineinander.“
    Ich nickte.
    „Ja…das hat Mom mir erzählt.
    Aber die Entscheidung sollten wir ihnen überlassen, oder nicht?
    Was Mom getan hat, ist ihr nicht leicht gefallen.“
    „War es besser, ihr Leben an der Seite von Todd zu fristen?
    Diesem…“
    „Daniel…fang nicht schon wieder an.“
    Er sah mich an.
    „Nein…nicht heute.“
    Wir saßen wohl eine Stunde in meinem Zimmer, und redeten und alberten herum; es freute mich, dass es Daniel wieder so gut ging, bis es an der Tür klopfte, und Sidney hereinkam.
    „Hi ihr beiden…“
    „Hi Sid.“
    Daniel sah etwas irritiert aus, er hatte nicht wirklich mitbekommen, was passiert war, und somit war er immer noch auf dem Stand des Tages, an dem ich für die Ferien nach Hause gekommen war.
    Trotzdem fragte er im Moment nicht weiter nach.
    „Hannah, kann ich kurz mit dir sprechen?“
    Sidney wartete an der Tür, aber ich bedeutete ihm, hereinzukommen.
    Zwar wollte ich Daniels gute Laune nicht gleich wieder ins Gegenteil wandeln, aber er konnte ruhig dabei sein, ich hatte nie Geheimnisse vor ihm gehabt.
    Also setzte Sidney sich zu uns.



    „Hast du schon mit Lucille gesprochen…?“, platzte er denn auch gleich hervor.
    „Nein, ich hab sie heute noch nicht gesehen.“
    Daniels Gesicht mutierte mehr und mehr zu einem Fragezeichen, weshalb ich ihn erstmal darüber aufklären musste, was vorgefallen war, während er nicht hier gewesen war.
    Von Minute zu Minute verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck mehr.
    „Das…dieses…dazu fällt mir nichts mehr ein…“
    „Mir auch nicht“, erwiderte ich auf seine Sprachlosigkeit.
    Schweigend saßen wir noch ein paar Minuten beieinander, bis es abermals Daniel war, der das Schweigen brach.
    „Ich hätte da vielleicht eine Idee...
    Hannah kann Lucille nicht einfach so ansprechen, was denkt ihr, was sie sagen würde?“
    „Alles abstreiten, nehme ich an, selbst wenn wir sie mit Travis gesehen haben.“, erwiderte Sid.
    „Eben.
    Über den Grund, warum sie das alles getan hat, würde sie ebenso schweigen, warum sollten wir uns also aufregen?
    Die Idee, die ich habe, ist vielleicht ein klein wenig fies, aber sie könnte sie immerhin aus der Reserve locken.
    Und ihr beide müsstet mitspielen.“
    Sid und ich sahen uns an.
    Mein kleiner Bruder war zwar eher derjenige, der sich wie ein geprügelter Hund in die Ecke verzieht, aber wenn ihn etwas wirklich aufregte, konnte er verdammt gemein werden.
    Das hatte er mir früher mehrmals demonstriert, indem er die schönen langen Haare meiner Barbies mit Mom’s Nagelschere bearbeitet hatte.
    Aber das waren nur Kinderstreiche gewesen; das hier war anders.
    „Daniel…was hast du vor…?“
    Geheimnistuerisch beugte er sich nach vorne: „Also passt auf…“
    Nachdem Daniel uns seine Idee unterbreitet hatte, ließ er Sid und mich auch schon in meinem Zimmer sitzen.
    Wir sahen uns an.
    „Was…denkst du?“, fragte er mich.
    „Ich weiß nicht…hört sich für mich nicht grade einladend an.“
    Er nickte.
    „Nein, das nicht, aber andersherum hat er Recht.
    Aus ihr werden wir nie etwas herausbekommen, wenn du sie einfach nur fragst.
    Du könntest sie rausschmeißen, klar, aber was würde das noch ändern?“
    „Ich weiß nicht Sid…lasst mich erstmal eine Nacht darüber schlafen.“
    Wir standen auf, und er gab mir einen Kuss.



    „Ich weiß, dass du das kannst Baby…“, damit verabschiedete er sich und verschwand durch die Tür.
    Ich sah auf die Uhr, es war gerade erst Mittag.



    Mein Blick fiel schließlich auf die alte Schreibmaschine, die Daniel mir irgendwann mal von einem Trödel mitgebracht hatte.
    Ich setzte mich und fing an, einen Brief zu tippen; und ich wusste, dass ich nicht erst eine Nacht über den Vorschlag schlafen musste…


    To be continued...

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    To do, is to be (Socrates)
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  • So, heute geht's mal wieder weiter.
    Ich war die letzten Tage etwas schreibfaul ;)


    Semesterferien und andere Katastrophen - XIX.
    Vorbereitung



    Ich brauchte nicht lange zu überlegen, um zu wissen, was ich schreiben würde.
    Ingesamt tippte ich zwei Briefe, und kam mir bei dem letzten schon etwas niederträchtig vor, weil ich ziemlich dick aufgetragen hatte.
    Aber ich kannte Lucille lange genug, um zu wissen, was ihr gefiel.
    Natürlich konnte ich nicht einschätzen, was Travis schreiben würde, dafür kannte ich ihn zu wenig, aber er hatte sich immer recht hochgestochen ausgedrückt, und außerdem war er des lateinischen mächtig, und so war auch das Unterfangen nicht all zu schwer.
    Den Brief, welcher an Lucille gerichtet war, drapierte ich demonstrativ auf dem Küchentisch, so dass er ihr gleich ins Auge springen musste, wenn sie heute nach Hause kam.
    Jenen für Travis gab ich James, der sich auch sofort auf den Weg machte, um ihn weg zu bringen.
    Jetzt hieß es einmal mehr Warten; darauf, dass die beiden unabhängig voneinander die Briefe lesen und auch darauf eingehen würden.
    Ich wollte die Küche gerade wieder verlassen, als ich die Haustür hörte, und Lucille auf ihren unverkennbaren klappernden Absätzen hereinstolzierte.
    Ich musste mich beherrschen, um sie weder gleich auf den Brief aufmerksam zu machen, noch um sie auf „die Sache“ anzusprechen.
    Wie beiläufig grüßte ich sie, und wollte eigentlich weiter, um mich in den Whirlpool zu begeben.



    „Hannah…?“, Lucille sah mir hinterher.
    „Ja?“, ich drehte mich um, und versuchte meiner Stimme einen beiläufigen Klang zu geben, um mich nicht zu verraten.
    Sie ließ die Schultern sinken.
    „Bist du noch immer sauer auf mich?“
    „Nein Lucille…du steckst in einer schwierigen Zeit.
    Tut mir leid, dass ich dich so angemacht habe.“
    Damit ließ ich sie stehen, und sprang tatsächlich in den Whirlpool, in welchen sie mir nach ein paar Minuten folgte; den Brief, welchen ich eben getippt hatte in der Hand.
    Ihre Wangen waren leicht gerötet, und sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd.
    „Hast du das gesehen?“, sie wedelte mit dem Brief vor meiner Nase herum.
    „Ja…ich hab vorhin nach der Post geschaut, und da war dass für dich dabei.“
    Sie legte den Brief beiseite und stieg zu mir in den Pool.
    „Von wem ist der, wenn ich fragen darf?
    Von Lestat?“
    „Ach komm, du hast ihn doch bestimmt schon längst gelesen Hannah…“
    „Lucy…das wäre das letzte, was ich tun würde.“



    Sie seufzte und lehnte sich zurück.
    „Er ist nicht von Lestat…er ist…“
    ‚Von mir…’, beendete ich den Satz in Gedanken, und versuchte, keine Miene zu verziehen.
    „Na ja….ich hab dir doch erzählt, dass ich jemanden kennen gelernt habe, und von ihm ist der Brief.“
    Ich grinste. „Ach…also von deinem heimlichen Verehrer?
    Wer ist er?“
    Ich glaubte einen Anflug von Skepsis in ihrem Gesicht zu sehen, doch dann grinste sie ebenfalls.
    „Das…bleibt vorerst noch mein Geheimnis.
    Aber er will sich heute Abend mit mir treffen, und deshalb muss ich dich jetzt leider verlassen.“
    Sie stieg aus dem Becken.
    „Tut mir leid Hannah, dass wir uns neulich so in den Haaren gelegen haben.“
    „Ist schon okay Lucille…ich bin doch deine beste Freundin.“
    Und damit drehte sie sich um und rauschte aus dem Bad.
    Ich sah auf die Uhr.
    Noch zwei Stunden, vorausgesetzt, der Brief hatte Travis erreicht.
    Ich tat es Lucille gleich, und wollte eben das Bad verlassen, als ein atemloser James mir die Nachricht überbrachte.



    „Ich habe den Herrn angetroffen und ihn den Brief lesen lassen.
    Ich soll Miss Lucille ausrichten, dass er mit dem Zeitpunkt des Treffens einverstanden ist, und dass er auf jeden Fall erscheinen wird.“
    Bei unserem Butler bedankte ich mich dafür mit etwas extra Trinkgeld; und nun war es an mir, mich herauszuputzen, und mich auf ein Treffen vorzubereiten.
    Nachdem ich geduscht und mich herausgeputzt hatte, rief ich Sid an.
    Ich hatte mein Haar hochgesteckt und mir ein Kleid von meiner Mom „ausgeliehen“; es musste alles passen, obwohl es ohnehin wahrscheinlich in die Hose gehen würde.
    Ein verschlafener Sidney hob am anderen Ende der Leitung ab.
    „Hallo…?“
    „Sidney, ich bin’s, Hannah.
    Hast du gepennt?“



    „Ja…hört man das nicht?“
    Ich schickte einen Stoßseufzer zum Himmel.
    „Sid, komm in die Hufe, ich treffe mich heute Abend mit Travis.“
    Ich konnte fast sehen, wie er schlagartig wach wurde.
    „Hast du dir das wirklich überlegt Hannah?“
    „Ja…und es bleibt mir keine andere Wahl, oder?“
    „Nun…du könntest immer noch alles so weiterlaufen lassen, wie es ist…“
    Ich hörte Zweifel in seiner Stimme; war er heute Vormittag noch bester Laune und absolut für Daniels Plan gewesen, bemerkte ich, dass ihm jetzt im wahrsten Sinne des Wortes der Arsch auf Grundeis ging.
    „Sidney…das ist nicht dein Ernst.
    Außerdem warst du heute Morgen selbst noch dafür.
    Ich wollte nur bescheid sagen, dass das Ganze früher stattfindet, als geplant.
    Und ich brauche dich hier, damit du Lucille noch hinhalten kannst.“
    Er schwieg, eine halbe Minute, etwas länger.
    „Okay…aber ich werde irgendwann dazu stoßen.“, noch eine kurze Pause schloss sich an.
    „Hannah…ich liebe dich…“
    Ich musste unweigerlich grinsen.
    „Ich dich auch Sid…bis später.“, damit legte ich den Hörer auf, und stellte mich noch einmal vor den Spiegel, um mein Make-up und mein Outfit nochmals zu überprüfen.



    Ich atmete tief durch und dachte an das, was folgen würde.
    „Die Show kann beginnen…“


    To be continued...

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  • Heute Abend hab ich mal wieder 'n bißchen weitergeschrieben, und wir näher uns unaufhaltsam dem Ende... ;)


    Semesterferien und andere Katastrophen - XX.
    Die Show beginnt



    Pünktlich um viertel vor acht betrat ich das „Hooters“, ein Club, in dem für gewöhnlich „Künstler“ jeglicher Art verkehrten; nun, oder zumindest das, was sich dafür hielt.
    Von der Aufmachung her modern, kam das Publikum eher den Dandys des 19. Jahrhunderts gleich, und das war unter anderem ein Grund, weshalb ich mich die paar Male, die ich dort gewesen war, nie besonders wohl gefühlt hatte.
    Das ganze Gebäude war schon in seiner Bauart seltsam, wirklich grotesk wurde es jedoch, wenn man es betrat.
    Hier ein riesiger Fernseher, welchen man in einer Football-Kneipe so oft sah, dort die Bedienungen in knappen Röcken, und das Ganze untermalt mit Musik von Erik Satie.
    So setzte ich mich, von den Klängen des Pianisten begleitet an einen Tisch für zwei, mit Blick auf die Eingangstür, und wartete.



    In zehn Minuten würde es soweit sein, und je näher der Zeitpunkt rückte, desto weniger wohl fühlte ich mich in meiner Haut.
    Indes bestellte ich ein Glas Rotwein, und sah mir das illustre Publikum an, das inzwischen in Scharen herbeizuströmen schien.
    Die Bedienung kam meinem Wunsch schnell nach, und als ich gerade das Glas an die Lippen heben wollte, vielleicht auch, um mir Mut anzutrinken, öffnete sich die Tür erneut, und Travis kam herein.
    Gentleman like ließ er sich den Mantel abnehmen, und sah sich kurz um; bis er mich am Tisch entdeckte.
    Er setzte sein Colgate Lächeln auf, und strebte mir entgegen.
    Ich erhob mich, um ihn zu begrüßen.
    Überschwänglich drückte er mir Küsse auf meine glühenden Wangen, und ich hoffte, er würde mir meine Aufregung nicht anmerken.



    „Ah…wie ich sehe, hast du dich bereits ohne mich vergnügt.
    Hast du lange warten müssen?“
    Wir setzten uns.
    „Nein, ich bin erst seit zehn Minuten hier.“
    Während er bestellte, nahm ich eilig einen Schluck Wein, um den Kloß in meinem Hals herunterzuspülen.
    „Hannah…“, er setzte sich gerade hin, und sah mich an.
    „Ich kann mir vorstellen, weshalb du dich mit mir treffen wolltest.
    Es geht um Daniel, nicht wahr?
    Nun, ich muss sagen…“, er seufzte theatralisch, bevor er weiter sprach, „wie ich ihn abserviert habe, war nicht gerade die feine englische Art, und das tut mir leid.
    Ich weiß um euer Verhältnis, und wie sehr ich ihn verletzt haben muss, und dass du nur auf ihn aufpassen möchtest, sein Bestes willst.
    Ich werde versuchen, wieder gut zu machen, was da „passiert“ ist, das musst du mir glauben.
    Wir Schauspieler müssen manchmal einen ungewöhnlichen Weg gehen, um uns auf unsere Rollen vorzubereiten, und das Publikum zu unterhalten, das verstehst du doch sicher?
    Ach, was sage ich, natürlich verstehst du es.
    Dein Köpfchen ist schließlich nicht nur überaus hübsch, sondern auch sehr klug, das habe ich sofort bemerkt, als ich zum ersten Mal bei euch war.“
    Diese gekünstelte Art, dieses gezierte Getue und die hochgestochene Art zu reden….am liebsten hätte ich ihm gleich eine rein gehauen.
    Aber ich musste mich bändigen, und statt ihm auf der Stelle eine zu brezeln, beherrschte ich mich, und lächelte lediglich, während ich seinen Ausführungen lauschte.



    Als er bemerkte, dass ich noch immer nichts sagte, fuhr er fort.
    „Ach…sieh mich nicht so vorwurfsvoll an.
    Ich habe noch keine Idee, wie ich es anstellen soll, aber ich werde mich bei Daniel entschuldigen, sofort Morgen.“
    „Travis…“, ich schlug das linke Bein über das rechte, und beugte mich vor zu ihm, „ist es dir mal in den Sinn gekommen, das es überhaupt nicht um Daniel geht…?“
    Sein Martini wurde serviert, und in seinem Gesicht konnte ich sehen, das er damit nun wirklich nicht gerechnet hatte.
    „Nicht…aber weshalb sind wir dann hier?“
    Ich lächelte süffisant, und hob das Glas an die Lippen.
    Über den Rand hinweg sah ich ihn an: „Nun…wenn sich ein Mann und eine Frau treffen, wie wir beide jetzt gerade, an einem lauen Sommerabend, in einem solchen Etablissement…“; ich ließ eine Pause entstehen, in welcher ich am Glas nippte – und nicht zum letzten Mal an diesem Abend sollte ich froh sein, auf der High School in der Theater AG mitgewirkt zu haben.
    „Ich glaube nicht, dass du so einfallslos bist…“; mit den Worten setzte ich das Glas wieder auf den Tisch, und sah ihn offenherzig an, während ich meine Zeigefinger über den Rand des Glases gleiten ließ.
    Er schwieg, und ich dachte schon, zu dick aufgetragen zu haben, doch scheinbar war er von sich selbst so eingenommen, dass er mein Schauspiel gar nicht bemerkte.
    Er hob eine Braue: „Ich dachte…du und dein Freund…wie war doch gleich sein Name?“
    „Sidney“, warf ich ein.
    „Sidney…richtig…nun, ich dachte, ihr beide wäret quasi frisch wiedervereint…?“
    Ich ließ ein abschätziges Lachen über meine Lippen rollen.
    „Nun, das denkt er vielleicht…Männer sind oft viel zu einfältig, vor allem, wenn sie so einfach gestrickt sind, wie Sidney.
    Sie bemerken zumeist nicht, wenn man sie noch ein letztes Mal…nun, wie soll ich es ausdrücken…wenn man sie zum Abschied noch einmal in sein Bett holt.
    Es wäre doch zu schade, eine Beziehung zu beenden, ohne dieses letzte Mal, denkst du nicht?“
    Mit einem anzüglichen Blick nahm er einen Schluck vom Martini, und zog die Olive, welche auf einem Zahnstocher aufgespießt bisher im Glas gethront hatte aus der klaren Flüssigkeit.
    Er nahm sie genüsslich zwischen die Zähne, um sie dann zu verschlingen.
    „Du überraschst mich, Hannah Lucas…“, er grinste selbstgefällig, und lehnte sich über den Tisch.
    „Ich hätte nicht erwartet, dass du ein solches Miststück sein kannst…“
    Ich lehnte mich zurück, um der Situation die Schärfe zu nehmen, und um ihm nicht näher als nötig sein zu müssen.
    Die Luft knisterte nicht mehr, sie brannte.
    „Manchmal muss man in dieser Welt ein Miststück sein, um nicht unterzugehen…“
    „Stephen King, Dolores, nicht wahr?“
    „So ist es…“, ich lächelte, und verstand zum ersten Mal wirklich, was King seinen Figuren da in den Mund gelegt hatte.
    Nichts hätte wahrer sein können an diesem Abend, als eben dieser Satz.
    In einem Zug leerte er seinen Martini, und winkte die Bedienung herbei, um noch einen zu bestellen.
    Indes leerte auch ich meinen Wein, und so ließen wir uns beide neue Getränke kommen.



    „Ich bemerke, du bist nicht nur ein Miststück, sondern auch sehr belesen, wie es scheint.“
    „Stephen King zähle ich nicht eben zu den Schriftstellern, nach wessen Lektüre man sich als belesen bezeichnen kann.“
    Er war trivial, keine Frage, ein Poseur durch und durch; warum war mir das nicht eher aufgefallen verdammt; ich hätte Daniel und uns allen so viel ersparen können.
    Mit einer wegwischenden Handbewegung wechselte er das Thema.
    „Bücher…ein ohnehin aussterbendes Medium, und veraltet zudem noch.
    Viel mehr würde mich die eben an dir entdeckte Seite interessieren…“; er ließ seinen Blick über meinen Ausschnitt gleiten, und schon allein aufgrund dieses Blickes fühlte ich mich fast vergewaltigt.
    Ich schielte immer wieder zur Tür herüber, ob Sidney nicht doch auftauchen würde, aber er kam nicht.
    Hatte ich ihn übersehen?
    Oder war er uns doch nicht gefolgt, weil er sich dieses Theater nicht antun wollte?
    Travis lehnte sich erneut über den Tisch zu mir herüber, und ich spürte seinen schuhlosen Fuß sacht über meine Wade streichen, was einen Brechreiz in mir auslöste.
    Ich war geneigt, auf der Stelle aufzuspringen und einfach wegzulaufen, jedoch beherrschte ich mich ein weiteres Mal.
    Langsam entzog ich ihm meine Beine, und lehnte mich ihm wieder entgegen, wobei ich ihn einen erneuten Blick in mein Dekollete werfen ließ, diesmal jedoch mit voller Absicht.
    „Wir haben die ganze Nacht Zeit, mein Adonis, wieso also etwas überstürzen…?“, hauchte ich ihm entgegen, während sich unsere Gesichter so nah waren, dass ich schon seinen Atem spüren konnte.
    Er strich mir mit dem Zeigefinger seiner Hand über die Wange.
    Innerlich zuckte ich zusammen, und ich konnte eine Gänsehaut nicht unterdrücken, was er wohl als gutes Omen aufnahm.
    Gut, dass er nicht wusste, wie sehr er mich abstieß.
    „Hannah, Hannah…du wirst immer interessanter, muss ich sagen.“
    „Und das bemerkst du erst jetzt?“, meine Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln.
    „Oh, das warst du vom ersten Moment an…hätte ich gewusst, was du wirklich willst…ich hätte nie so lange gewartet…“
    Ich warf einen flüchtigen Blick zu Tür herüber, und konnte währenddessen sehen, dass sie erneut aufschwang.
    Sein Zeigefinger fuhr über mein Kinn, und dann erneut über meine Wange.
    „Weshalb uns dann noch länger gedulden…?“, sagte ich leise, fast geflüstert, und meine Lippen schnappten spielerisch nach seinen.
    Er schloss die Augen, was es mir für den Moment erleichterte, zumindest aus den Augenwinkeln die Szenerie um mich herum zu betrachten.
    Voller Inbrunst küsste er mich, und ich hatte Mühe, meinem Kuss eine solche Leidenschaft einzugeben, wie er es tat, bevor ich die Augen schloss.
    Die Tür war aufgegangen, und das Lokal nahm eine weitere Person auf; zwar nicht diejenige, auf die ich schon sehnsüchtig wartete.
    Aber immerhin gehörte sie auch zu dieser Farce.
    Lucille hatte das Hooters betreten…



    To be continued...

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