Kapitel 12
Robin ging aus dem Bad. Ohne darüber nachzudenken, dass seine Kleidung voller Blut war, verließ er das Haus und stieg in seinen Wagen.
Mittlerweile war es schon dunkelste Nacht. Trotzdem fand er problemlos den Weg zu Davids Haus.
Dort angekommen brach er die Tür auf.
Das alles tat er, ohne dass er es wirklich mitbekam.
Es war für ihn so, als würde er etwas vollkommen Alltägliches tun, über das man nicht mehr Nachdenken musste.
Zum Beispiel so etwas wie Zähne putzen.
In Davids Wohnung fing er an, alles zu durchwühlen.
Wenn ihn Jemand gefragt hätte, was er suchte, dann hätte er nicht antworten können.
Er wusste es selbst nicht.
Erst als er es schließlich gefunden hatte, wusste er, wonach er gesucht hatte.
Es war ein Buch.
Carries Tagebuch.
Er hatte gewusst, dass sie eines gehabt hatte. Aber er hatte es niemals gefunden.
Robin hatte keine Ahnung, woher David ihr Tagebuch hatte.
In diesem Moment war es ihm auch egal.
Er schlug die erste Seite auf...
Lass mich ein Vogel sein. Lass mich fliegen.
Lass mich los. Lass mich ICH sein. Ich bin nur Ich.
Niemand sonst. Keine Rollen.
Filme sind kein Leben. Leben. Leben. Ich will nur leben.
Lasst mich doch einfach. Wollt ihr mich tot.
Dann holt mich. Holt mich hier raus und schickt mich in den Tod.
Alle zusammen.
Ich weiß, dass ihr mich hasst. Ich sehe es in euren Augen.
Ihr wollt mich los werden. Dann bringt mich um! Oh bitte bringt mich doch um...
Schießt eine Kugel in meinen Kopf. Oder stecht ein Messer in mein Herz.
Ich brauche meinen Körper nicht mehr. Besitzt ihn.
Aber lasst meine Seele. Lasst sie fliegen. Lasst sie alles tun, was sie will.
Macht sie doch bitte nicht so kaputt...Bitte...
Ich brauche sie doch! Wie soll ich denn ohne sie leben?
Wie soll ich denn...
An dieser Stelle brach der Eintrag ab.
Robin schlug die nächste Seite auf und seine Augen hafteten sich wieder an die roten, kleinen Buchstaben.
Sie wollen mich nicht sehen.
Wollen nicht begreifen, dass ich nur ein Mensch bin.
Nichts sonst. Ich bin keine Göttin.
Ich kann das nicht ertragen, was sie mir antun.
Bin ich stark? Bin ich stark genug für sie? Nein. Ich weiß es. Ich spüre es.
Jeden Tag machen sie mich etwas mehr kaputt. Ich lächle.
Aber ich will weinen. Ich weiß nicht, wie ich ihnen entkommen soll.
Es gibt kein Entkommen. Ich bin gefangen. Keine Flucht. Kein Wegrennen.
Nur noch das. Warum? Ich habe doch Beine, ich muss doch rennen können!
Ich will rennen! RENNEN! LASST MICH! RENNEN! Run away from the pain
Run away from the pain
Run away from the pain
Run away Run away Run away
[geht noch weiter]
Wenn du dich erinnerst...
-
-
Robin legte das Buch aufs Bett und ging zu Davids CD Ständer.
Er zog eine Schachtel heraus, nahm die CD, die darin war, und legte sie in die Stereoanlage.
Das Lied fing an.
Er wartete, bis es an der richtigen Stelle war und sang dann mit:
„Run away...Run away from the pain...Yeah...
Run away...Run away from the pain...Yeah...
Run away...Run away...Oh...Run away away away...“
Sein Blick ging zur CD Schachtel, auf der eine kleine Karte klebte:
“Alles Gute zum Geburtstag! Carrie!“
„Aerosmith – Janie's got a gun.“ sagte er. Was für ein Lied…
Er hob das Tagebuch wieder hoch und las den nächsten Eintrag.
Du willst weg von hier? Okay. Dann geh.
Verlasse dieses Zimmer, verlasse dieses Haus, verlasse die Menschen, die Carrie lieben.
Warum bist du nicht Carrie? Sie wird geliebt. Du nicht.
Du bist nichts weiter als ein mieses Stück Dreck. Tu nicht so überrascht!
Das weißt du doch schon längst! Warum, glaubst du, sieht dich Robin immer so an, wenn er die Rasierklingen sieht?
Er weiß, was du tust! Du ekelst ihn an! Er hasst dich!
Er sagt, dass er dich liebt! ABER ER LIEBT NICHT DICH! ER LIEBT CARRIE!
ER LIEBT DIESE SCHLAMPE, DIE DICH TAG UND NACHT QUÄLT UND VERRÜCKT MACHT!
Warum? Ich will geliebt werden!!!
Bring Carrie um. Bring sie um.
Und ersetze sie. Und du wirst geliebt.
Liebe ist etwas Schönes. Und du bist nicht schön.
Warum sollte sich etwas Schönes etwas Hässlichem zuwenden?Fortsetzung folgt...
Soo, das war's!^^
Ich hoffe der Einblick in Carries Gedanken und Welt hat euch gefallen =)Übrigens, hier ist noch was:
Eigentlich gibt es sonst von mir keine Outtakes, aber der hier war einfach nur geil x'D
Das ist mit Carrie passiert, als David gestorben ist x'D
Carrie ist selbst mir, wirklich ein Rätsel *g*
LG, eure Elina aka. angel -
Soooo, heute poste ich also Kapitel 13, und somit das Ende dieses Dramas :] (leider ohne bilder :angry)
Über ein paar Rätsel in dem letzten Kapitel werdet ihr euch den Kopf zerbrechen...Aber es hat dennoch Spaß gemacht, dieses letzte Kapitel zu schreiben! Hoffe euch gefällts^^
Viiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiel Spaaaaß
Kapitel 13 (Ende)
Er wollte das nicht lesen. Aber er konnte nicht aufhören. Seine Hände hatten sich seiner Kontrolle entzogen. Ganz von alleine blätterten sie die Seite um.
„Ein schwarzer Sarg, mit rotem Samt ausgeschlagen. Darauf ein Mädchenkörper. Weiße Haut, haselnussbraune Haare. Sie trägt ein weißes Kleid. Ein Hochzeitskleid. Jeder weiß, dass sie tot ist. Alle Gäste stehen um die Leiche herum und reden mit ihr. Sie wissen, dass sie tot ist und reden mit ihr, als würde sie leben. Weil sie keine Ahnung haben. Weil sie nichts von dem Tod wissen. Sie haben keine Ahnung von mir. Sie wissen es nicht, wenn ich sterbe.
Sieht denn keiner, dass das Mädchen tot ist? Wissen sie denn nicht, dass vor ihnen eine Leiche liegt? Begreifen sie denn nicht, dass kein Leben mehr in diesem wunderbaren Körper ist, den sie quälen? Glauben sie denn wirklich, dass irgendeines von ihren gemeinen Worten noch ihr Ohr erreicht? Sind sie denn alle blind? Ich begreife es nicht! Seht doch auf ihre Handgelenke! Die Narben sind doch so tief und so deutlich! Niemand kann so viel Blut verlieren und weiterleben! Habt ihr denn gar keine Ahnung vom menschlichen Körper? Du kannst dir nicht die Adern aufschneiden und weiter leben! Das geht doch nicht...“
Robert musste lachen. Er lachte so laut, dass es ihm selbst in den Ohren weh tat. Dann brach er ab.
„Wenn du tot bist, dann bin ich es auch.“ murmelte er.
Seine Augen waren wieder glasig geworden.
Hätte ihn jetzt Jemand gesehen, dann hätte er ihn ohne zu Zögern in die Psychiatrie eingeliefert. Der Wahnsinn war ihm anzusehen. Anders als bei Carrie. Sie hatte ihn verstecken können.
„Ich habe heute eine Welt gesehen, die ich nie wieder vergessen werde. Alle Farben waren hell, es gab kein Leid, keinen Schmerz. Jeder hat gelacht. Alle waren glücklich. Niemand hatte Angst. Und ich...Ich konnte fliegen. Ich konnte es wirklich! Ich habe meine Flügel gespannt und bin los geflogen! Es war wunderschön! Ich will nie wieder zurück! Ich will ewig in der Luft schweben! Oh bitte! Holt mich nicht auf den Boden zurück! Ich gehöre nach oben! Ich gehe über die Wolken! Ich tanze auf den Sternen! Ich bin im Himmel! Zwingt mich nicht auf die Erde zurück! Es ist mein Paradies!“
Er schüttelte den Kopf. Ihr erster LSD Rausch.
Nach ein paar belanglosen Einträgen kam auch ihr erster LSD Absturz. Davon hatte er nichts gewusst gehabt.
„Irgendetwas ist heute schief gelaufen. Ich weiß nicht genau, was es war. Ich bin geflogen. Wie immer. Und dann habe ich sie auf einmal gesehen. Es waren Engel. Sie haben mir gesagt, dass sie mich nach hause holen. Dass sie mich zu meinen Eltern bringen. Und ich bin mit ihnen geflogen. Und dann...Dann bin ich auf einmal gefallen. Ich weiß nicht, warum. Ich bin einfach gefallen. Und Schmerzen sind durch meinen Körper gebrochen.
Ich lag auf einmal auf der Straße und Rhett war über mir.
Er stand auf dem Balkon und hat auf mich herunter gesehen.
Er hat gefragt, ob alles in Ordnung ist.
Ich glaube, ich bin vom Balkon gesprungen.
Ich glaube, ich bin verrückt.
Ich weiß, dass ich verrückt bin.
Ich bin aus dem dritten Stock gesprungen.
Ich weiß nicht, ob ich noch lebe.
Aber ich muss noch leben. Sonst würde ich jetzt nicht hier sein.
Warum habe ich das getan?
Meine Engel sind weg. Sie haben mich allein zurück gelassen.
Meine Flügel sind gebrochen.
How high can you fly with broken wings?
Verdammt, Aerosmith kennen sich echt gut aus!
It`s amazing“
Er warf das Buch gegen die Wand. Nichts würde ihn dazu bringen, noch weiter zu lesen! Das war genug! Carrie war nicht verrückt! Sie war nur etwas verwirrt! Mehr nicht! Aber er würde sie jetzt nach hause holen! Nach hause...Und sie würden zusammen glücklich werden. Und wenn sie unbedingt in den Himmel wollte, dann sollte sie da hin kommen. Mit ihm.
Robin verließ Davids Wohnung und lief von dort aus zum Friedhof. Die kleine Kapelle, in der die Toten kurz vor der Beerdigung aufgebahrt wurden, war verschloßen. Aber das störte ihn nicht. Er zerschlug das Glas eines Fensters und stieg so ein.
Mit laut pochendem Herzen näherte er sich dem Sarg.
„Carrie? Hier ist Robin. Ich hole dich nach Hause.“
Mit einem energischen Stoß beförderte er den Deckel vom Sarg und sah auf Carrie hinunter.
Ihre braunen Locken lagen um ihren Kopf herum ausgebreitet wie ein Fächer. Ihre schwarzen Wimpern bildeten einen harten Kontrast zu der weißen Haut ihres Gesichtes. Und ihre zarten Lippen standen ein bisschen offen.
Robin beugte sich hinunter und küsste diesen Mund, den er schon so oft geküsst hatte.
Carrie reagierte nicht.
„Verdammt! Wach auf! Ich bins! Robin!“ schrie er.
Sie rührte sich immer noch nicht.
„Das ist nicht lustig, Carrie! Verstehst du? Du hattest deinen Spaß! Jetzt komm mit mir nach hause! Hörst du mir zu? Komm mit...Ich bringe dich auf deine Wolken...Du darfst auf den Sternen tanzen! Und ich liebe dich! Ich liebe wirklich dich! Nicht eine Maske! Du bist doch mein Engel...Du weißt doch, dass ich dich liebe...Ich kann doch ohne dich nicht leben...Du kannst doch nicht weg sein...Du bist doch mein Engel...“
Robin brach ab. Es schien keinen Sinn zu haben, mit ihr zu reden. Sie hörte ihm ja doch nicht zu.
Er legte einen Arm unter ihren Rücken und den anderen um ihre Hüfte und hob sie aus dem Sarg heraus.
Sie war so leicht...So leicht und so kalt...
„Ich bringe dich nach hause. Okay? Ich bringe dich nach hause.“
Er trug sie aus der Kapelle heraus, wobei er das Türschloss kaputt machte, und sah sich draußen auf der Strasse nach einem Wagen um. Es war nur ein einziger da. Und der war verschlossen. Aber Robinließ sich von nichts mehr aufhalten.
Er brach das Auto auf.
„So schwierig ist das gar nicht. Siehst du, Carrie? Dein Mann bringt dich sicher nach hause. Du musst keine Angst mehr haben.“
Robin fuhr den selben Weg zurück, den er vorhin gekommen war. Vor dem alten Haus, in dem er heute den ganzen Tag verbracht hatte, hielt er.
„Wir sind da, mein kleiner Engel. Wir sind zu hause. Komm.“
Dieser Aufforderung kam Carrie nicht nach, deswegen musste er sie wieder tragen. Er brachte sie ins Wohnzimmer, legte sie aufs Sofa.
„Hier sind wir. Dein Himmel ist für dich bereit. Ich habe dich doch noch gerettet! Ich habe dich gerettet!“
Er brach in Tränen aus.
Eine Woche später fand die Polizei in einem alten, verfallenen Haus zwei Leichen. Die eines jungen Mannes, der den Akten nach David Simmens hieß. Er war umgebracht worden. Die andere Leiche war die eines gewissen Robin Brightens. Seine Pulsadern waren durchtrennt.
Da festgestellt worden war, dass Robin kurz vor seinem Tod Geschlechtsverkehr gehabt hatte, fahndete die Polizei nach einer Frau. Aber die Suche ergab nichts.
Sie schlossen den Fall ab und schrieben in die Akte, dass Robin anscheinend verrückt geworden war, erst David und dann sich selbst umgebracht hatte.
Damit war die Sache erledigt.
Ungefähr zwei Jahre später nahm die Polizei einen jungen Mann fest, der seinen Bruder umgebracht hatte.
Auf die Frage, warum er das getan hatte, antwortete er nicht.
Am nächsten Tag fanden sie ihn mit durchgeschnittenen Pulsadern in seiner Zelle auf. Man fand nie heraus, mit was er sich die Pulsadern hatte aufschneiden können.
Und auch niemand konnte sagen, was der Satz bedeutete, der mit seinem Blut an die Wand geschrieben worden war: „Die Langoliers sind wieder da.“
In der allgemeinen Aufregung, die nach dieser Entdeckung herrschte, bemerkte keiner der Polizisten die junge Frau, die in der Toilette der Polizeistation stand und sich das Blut von den Händen wusch.
Kein Verstand überlebt Carries Langoliers. Am allerwenigsten ihr eigener...
The End
Hoffe , es hat euch gefallen ! :]
Und ich bedanke mich noch, bei all meinen treuen Lesern! :knuddel