Die spanische Braut

  • *






    Nur wenig später tauchte Catalina aber schon erneut in der gerade erst wieder hergerichteten
    Ahnengalerie des Schlosses auf und ging zielstrebig auf eines der älteren Gemälde zu.
    Sie beachtete die unzähligen Gesichter nicht, von denen die meisten ihr nur zu vertraut waren,
    denn im Augenblick interessierte sie nur ein einziges.
    Zorn loderte in ihrem Gesicht, Zorn über ihre eigene Dummheit, dass sie die Wahrheit nicht
    früher erkannt und sich dermaßen übertölpeln lassen hatte.






    „Also du warst es!“ rief sie böse, als sie sich einem der überlebensgroßen Gemälde näherte.
    „Du hast sie beide vom Pferd stürzen lassen, den alten Duke genauso wie den jungen auch!
    Gib es zu!“
    Totenstille herrschte in der Galerie, aber Catalina ließ sich dadurch nicht beirren. „Du hast
    wohl gedacht, ich würde nicht dahinter kommen. Aber du hast dich getäuscht. Es war ein
    Zufall zuviel. Du hättest nicht so gierig werden sollen. Aber das war schon immer dein
    Problem! Nichts war dir genug!“
    Ein Schatten huschte über das Bild, dann verzogen sich die Lippen des dargestellten Mannes
    plötzlich zu einem höhnischen Grinsen, während es in seinen Augen blitzte.






    „Und dein Problem, meine Schöne, war schon immer, dass du ein viel zu weiches Herz hast,
    selbst in all den Jahrhunderten, wo du es zu verleugnen suchtest!“ Hochmütig sah der Mann
    auf sie hinunter. „Gut, es hat wirklich lange gedauert, aber letztendlich hat die Geduld sich ja
    wohl ausgezahlt. Worüber erregst du dich so, meine Teuerste? Immerhin ist das alles hier dein
    Werk.“
    „Das ist nicht wahr! Du hättest es damals beenden können. Es lag ganz allein bei dir. Aber
    was mit denen geschehen würde, die nach dir kamen, war für dich ohne Interesse. Du hattest
    immer nur dein eigenes Wohl im Sinn, nicht mal dein eigener Sohn hat dir etwas bedeutet .“
    Der Mann grinste böse. „Warum auch? Er war ein Tunichtgut, dumm genug, sich von einer
    Frau ruinieren zu lassen.“






    Nun lächelte auch sie, voller Nachsicht, wie es schien, doch ihre Augen blieben kalt.
    „Das hast du auch. Oder solltest du das vergessen haben. Ruinieren und....töten lassen.“
    „Und du hast es genossen, du Hexe! Jede Minute davon, jeden noch so kleinen Augenblick!“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht wie du“, sagte sie leise und erntete ein um so
    höhnischeres Gelächter.
    „Das magst du dir ja einreden, und vielleicht gelingt es dir sogar, diese Dummköpfe hier
    genauso davon zu überzeugen. Ich hoffe es sogar, denn je weniger sie dich ernst nehmen,
    desto besser. Aber wir beide wissen doch, wie sehr dein kaltes Herz sich nach dem Feuer der
    Rache gesehnt hat, wie gut du es geschürt hast in all den Jahren. Und zumindest eins muss
    man dir lassen, du warst überaus... erfolgreich. Wer, wenn nicht ich, könnte das besser
    beurteilen! Ich,.. dein erstes Opfer!“






    „Stanley.....Staaaaanleeeeey!“ Leise und scheinbar von überall her tönte der lockende Ruf
    einer Frau, gerade als er nach einem langen Abend voll des unermüdlichen Geplappers seiner
    frisch angetrauten Gemahlin sein Schlafgemach betreten wollte. Er rieb sich Schultern und
    Arme, denn auf einmal schien der ganze Gang in Eiseskälte zu versinken. Seine Hand zuckte
    zurück, als sich der schwere Riegel an der Tür vor seinen Augen mit Reif überzog. „Was zur
    Hölle...!“
    Wieder hörte er die Stimme seinen Namen rufen, doch diesmal schien es ihm so nah zu sein,
    als befände sich die Frau direkt neben ihm. Er fuhr herum und dann.... sah er die Gestalt am
    anderen Ende des Ganges. Eingehüllt in ein seltsam kaltes Licht, stand sie ihm reglos
    gegenüber. Verunsichert fuhr er sich mit der Hand übers Gesicht. Spielte seine Fantasie ihm
    einen Streich?






    Da sie sich nicht rührte, ging er schließlich ganz langsam auf sie zu, doch jeder Schritt fiel
    ihm schwerer, als er in dem Licht allmählich Einzelheiten ihres Gewandes und schließlich
    auch ihres Gesichtes erkennen konnte.
    Abrupt blieb er stehen und starrte sie an, ungläubig, fassungslos.
    „Nein! Unmöglich!“ stammelte er. „Du...du kannst nicht hier sein.... das ist nicht möglich! Du
    solltest längst ....!“
    Sie rührte sich noch immer nicht, doch ihre Augen, ihre toten Augen starrten ihn unverwandt
    an, durchbohrten ihn, dass er meinte, die Kälte der Galerie würde ihm in jeden einzelnen
    Knochen fahren.
    Er musste sich regelrecht zwingen, den nächsten Schritt zu machen, und noch einen und noch
    einen. Seine Hand zitterte, als er sie nach ihr ausstreckte und .... gerade als er sie berühren
    wollte, verschwand sie!






    Bei allen Teufeln was ging hier vor? Sie konnte nicht hier sein, sie war...nein...nein, sie
    konnte nicht mehr am Leben sein. Unmöglich! Oder war es ihr womöglich doch gelungen, zu
    fliehen? Besaß dieses verfluchte Priesterversteck etwa einen zweiten Ausgang, von dem er
    nichts gewusst hatte?
    Ihm blieb nichts weiter übrig, er musste sich überzeugen. Er musste dort hinunter, sich
    überzeugen, dass....er hatte gehofft, es bliebe ihm erspart. Nie wieder hatte er diesen Ort
    betreten wollen, den Ort seiner größten Schande. Verdammt, fluchte er, während er die
    Treppen der im Dunkeln liegenden Halle hinunter hastete. Verdammt! Vermutlich war es nur
    der Rest seines Gewissens, der ihm die Erscheinung vorgaukelte.





    ++++++++++++++
    geht weiter

  • *






    Gleich als er die schwere Eichentür aufgeschoben hatte, schien sich sein Gedanke zu
    bestätigen. Der untrügliche Gestank der Verwesung erfüllte den Raum und ließ ihn sofort
    wieder zurück weichen. Er würgte und würgte, wollte nicht wieder hinein, doch er musste
    sich selbst überzeugen. Vorsichtig betrat er den Raum erneut und tastete sich im Dunkeln
    vorwärts, immer gewärtig, sich zu übergeben oder mit dem Fuß gegen einen leblosen Körper
    zu stoßen. Aber nichts. Schließlich hatte er die schwere Truhe erreicht, die weit hinten in der
    Ecke stand und schaffte es, mit Hilfe der Zunderdose, die er dort stehen gelassen hatte, eine
    Kerze zu entzünden. Was er in deren flackerndem Licht erkennen konnte, beruhigte und
    entsetzte ihn zugleich. Auf dem Bett lag die Leiche seines Bruders, dass er es war, konnte er
    nur noch an der Kleidung und den langen dunklen Haaren erkennen, doch vor ihm, auf dem
    Boden neben dem Bett, den Kopf neben ihn gebettet, lag sie, die Spanierin, unverändert, als
    wäre sie nicht....Da drehte sie auch schon den Kopf zu ihm herum, langsam nur, doch ihn hielt
    nichts mehr und er floh, verfolgt von einem unheimlichen Gelächter.






    Als würde er von Heerscharen der Hölle verfolgt, rannte Stanley zurück in sein
    Schlafgemach, und drehte den schweren Schlüssel herum. „Nein, nein, das war alles nur ein
    Streich meiner Fantasie“, dachte Stanley, um sich selbst zu beruhigen, während er zitternd die
    Hände nach der Wärme des Feuers ausstreckte. Das waren alles nur Trugbilder, weil er sich
    eben doch schuldig fühlte. Verdammt, er hatte das doch alles nicht gewollt. Nur ein dummer
    Zufall, ein falscher Augenblick, und eins hatte zum andern geführt. Wenn William nur nicht
    so überaus edel, so geradezu unmenschlich rechtschaffen gewesen wäre! Nein, rief er sich
    energisch zur Ordnung. Er musste damit abschließen. Endgültig. Er würde damit anfangen,
    die restlichen Sachen dieser Unglückseligen loszuwerden. Und dann nach und nach...sein
    Vater hatte bereits bestimmt, Williams Name aus den Familienchroniken zu tilgen. Bald
    würden sie beide vergessen sein. Und er konnte vergessen. Bald.






    Es kostete ihn Zeit und einiges Geschick, seine Aktivitäten zu verbergen, als er mit reichlich
    Überwindung erneut hinunter ging um die Leichen, denn natürlich war die Frau genauso tot
    wie sein Bruder, um sie nun beide so zu verstecken, dass niemand rein zufällig über sie
    stolpern konnte, selbst wenn er diesen Raum doch finden sollte. Am liebsten hätte er die zwei
    verbrannt, doch im Haus konnte er das nicht riskieren, und sie ins Freie zu schaffen, noch viel
    weniger. Er wusste später nicht mehr zu sagen, wie oft ihm der Gestank den Magen
    umgedreht hatte, doch am Ende konnte er durchaus zufrieden sein mit seiner Arbeit. Alles,
    was einmal der Spanierin gehört hatte und seit ihrem Verschwinden in einem kleinen Gelass
    aufbewahrt worden war, zu dem nur er den Schlüssel besaß, befand sich nun in dem Raum,
    dessen Existenz mit seinem Tod vergessen werden würde. Als die bestellen Epitaphe für seine
    Eltern endlich fertig waren, ließ er sie am Eingang des Ganges aufstellen. Eigentlich hatte er
    ihn so für immer verschließen wollen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab, selbst wenn er
    nicht sagen konnte, was.






    Einige Wochen waren ins Land gegangen, Wochen voll trügerischer Ruhe. Zumindest in
    seinem Haus, das er für geraume Zeit verlassen musste, um seinen neuen Pflichten als Duke
    nachzukommen. Denn das Land war inzwischen in völligem Aufruhr. Königin Mary war
    gestorben, endlich, sagten die einen, viel zu früh die andern. Und doch waren es nicht die
    Unruhen und Intrigen am Hofe der noch nicht fest auf dem Thron sitzenden Elizabeth, oder
    die Ungewissheit über seine eigene Zukunft, die ihm nach seiner Heimkehr plötzlich nachts
    den Schlaf raubten. Es war ein Gesicht, ihr Gesicht., das er immer wieder vor sich sah. Bleich
    und düster, die Augen blutend, die Lippen zerschunden, so erschien es immer dann, wenn er
    die Augen schloss und immer wieder hörte er ihre Stimme in seinem Kopf, die ihm stets die
    gleiche Frage stellte. „Warum, Stanley? Warum?“






    Er versuchte alles, um die Stimme zum Schweigen zu bringen, von schwerem Wein bis hin
    zum Kissen über dem Kopf, doch nichts half. Sie war immer da, sobald er sich niederlegte
    und es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Eines Nachts, er hatte sich gerade erst fröstelnd
    unter die Decke gelegt und die Augen geschlossen, da hörte er sie wieder, diese gnadenlose
    Frage. Doch diesmal schien sie nicht aus seinem Kopf zu kommen, sondern ... Er blinzelte
    und riss die Augen auf, als er sie direkt neben sich auf dem Bett liegen sah, ein höchst
    zufriedenes Lächeln auf den Lippen.
    „Kannst du nicht schlafen, Stanley?“ fragte sie, ohne den Kopf zu drehen. Ruckartig kam er
    nach oben, verhedderte sich bei dem Versuch, aus dem Bett zu springen in der Decke und
    schlug auf dem Boden auf.






    „Hab ich dich erschreckt, Stanley?“ Ihre Lippen bewegten sich nicht, nur in ihren Augen
    glomm ein düsteres Feuer, als sie ihn ansah, kaum dass er sich wieder aufgerappelt hatte.
    Verzweifelt schüttelte er den Kopf. „Nein, du bist nur eine Einbildung, du bist nicht hier, du
    bist tot. Tot, hörst du!“
    „Aber ja, Stanley. Ich bin tot.“ Ihr Mund verzog sich zu einem kalten Lächeln. „Oder doch
    nicht? Ich weiß nicht, ich fühle mich eigentlich nicht tot.“ Sie musterte sein entsetztes Gesicht
    und ihr Lächeln vertiefte sich. „Hast du mich vermisst, Stanley? Es ist geraume Weile her,
    nicht wahr? Oh...nein, fast hätte ich vergessen, ich muss dir gratulieren, du hast ja unterdessen
    geheiratet, und auch ... geerbt. Von deinem Vater...“ das Lächeln verschwand, „...und von
    meinem. Du bist ein Dieb, Stanley Morgan, ein Dieb und ein Mörder!“ Als sie Anstalten
    machte, sich zu erheben, wartete er nicht länger. Wie er war, im Nachtgewand stürzte er aus
    seinem Schlafgemach, hinunter in die Kapelle, wo er sich sicher wähnte.






    Tatsächlich war und blieb es auch so. Die Kapelle wurde der einzige Ort, an dem er ihr nicht
    begegnete. Und sie war immer da. Und nicht nur in der Nacht. Plötzlich erschien sie ihm auch
    am Tage, kam durch die Wände, in allerlei Spukgestalten, die nur er wahrnehmen konnte.
    Und sie tat es scheinbar nicht mal, um ihn zu erschrecken, nur zum Spaß, nur um zu sehen,
    wie sein Gesicht blass wurde, seine Hände zuckten, als würden sie sich am liebsten um ihren
    Hals legen und zudrücken, einfach zudrücken. Wenn er dann die Flucht ergriff war er sich der
    erstaunten und bald auch besorgten Blicke seiner Umgebung wohl bewusst. Zumal er
    inzwischen Stunden in der Kapelle zu brachte, obwohl ihm das frömmelnde auf den Knien
    herumrutschen schon immer zutiefst zuwider gewesen war. Ob er hoffte, auf diese Weise eine
    Möglichkeit zu finden, seine ganz persönliche Plage loszuwerden, oder wirklich um
    Vergebung seiner Sünden bat, das war ihm selbst nicht wirklich klar.




    ++++++++++++
    geht weiter

  • *







    Eines Tages aber, als sie ihm wieder einmal erschien, direkt hinter dem Stuhl seiner Gattin,
    während sie beim Essen saßen, ein Messer im Hals und das Blut nur so an ihr herunter
    strömend, dass ihm nicht nur der Appetit verging, da packte ihn die Wut. Ohne sich um den
    erschrockenen Ausruf seiner Gemahlin zu kümmern, sprang er auf, eilte durch die Halle, in
    die Kapelle, schnappte sich eine Kerze vom Altar und stürmte in den Raum hinein. „Du
    gottverdammtes Biest!“ schrie er ihr Bild an. „Dir werd' ich’s zeigen!“ Erwürgen mochte er
    sie ja nicht können, aber wenigstens das hier blieb ihm nicht verwehrt! Er riss seinen Dolch
    aus der Scheide und zog ihn kreuz und quer über die Leinwand. „Da, da und da! Lass mich
    endlich in Frieden du Teufelsbrut!“






    „Aber Stanley, Stanley, Stanley!“ lachte sie hinter ihm und er fuhr herum. „Hat dir meine
    kleine Vorstellung nicht gefallen? Das tut mir leid. Ich muss mich wohl noch mehr bemühen.“
    Sie zuckte nur mit den Schultern, während er vor Wut am ganzen Leibe zitterte und kein Wort
    herausbrachte. Sie deutete auf den Dolch. „Willst du mich damit erstechen, oder das gleiche
    tun, wie mit dem Bild?“ Sie lachte immer noch, verdammt, sie lachte ihn aus. „Stanley, ich
    bin doch schon tot, hast du das vergessen. Nein, nicht wahr, das hast du nicht? Wie solltest du
    auch, ich lasse es nicht zu. Lauf, Stanley, lauf, versteck dich vor mir. Doch...wohin du auch
    gehst, du wirst mich mitnehmen. Und wenn du glaubst, dass dein Leben jetzt schon eine Qual
    ist, dann sei gewarnt. Das...war erst der Anfang. Nur ein klein wenig...üben, lernen, wie es
    gemacht wird.“ Und während er in die Kapelle zurück rannte, wütend und gegen seinen
    Willen auch ein wenig ängstlich, lachte sie, lachte und lachte und schien nie wieder damit
    aufhören zu wollen.






    „Wie hast du es gemacht? Wie konntest du das zuwege bringen, aus dem Bild heraus?“ Ihre
    Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart, noch bevor die Erinnerung ihn zu seinem recht
    unrühmlichen Ende geführt hatte.
    „Wie?“ fragte er voll mitleidigem Spott. „Du selbst hast mir die Macht dazu gegeben, indem
    du dein Geheimnis preisgabst, damals als du dem Mädchen geholfen hast, das heute eine alte
    Frau ist, die verzweifelt versucht, ihren Neffen zu retten.“ Sie schüttelte den Kopf, als wolle
    sie es immer noch nicht glauben. „Oh, wie furchtbar für dich. Dabei weißt du doch genau,
    dass du nicht die Einzige in diesem Hause bist, die den dunklen Pakt geschlossen hat? Und
    dass an diesen Pakt Bedingungen geknüpft sind? Du hast dich der Rache verschrieben, das
    allein hat dir ungeheure Kräfte und sogar die Macht verliehen, mich hier festzuhalten. Doch
    nun, da dein zu Eis gefrorenes Herz zu schmelzen beginnt, schwindet diese Macht. Und was
    du verlierst, gewinne ich. Jede deiner Schwächen macht mich stärker. Nur so konnte ich den
    Unfall für George organisieren. Ich wusste, dass du ihn nicht leiden lassen würdest, denn du
    hattest übersehen, dass ich für den Schürzenjäger James auch schon das passende Ende
    arrangiert hatte. Er war noch nie ein guter Schütze!“






    „Das warst auch du?“ stieß sie entsetzt hervor. „Das ist unmöglich. Du kannst das Bild nicht
    verlassen!“
    „Ach? Kann ich das nicht?“ Seine Gestalt auf dem Bild schrumpfte. Und dann beugte er sich
    plötzlich nach vorn und sein Kopf ragte aus dem Rahmen und starrte sie an. „Es war fast
    schon zu leicht. Dein Mitleid für George war so stark, dass ich mich kaum anstrengen musste,
    um hier heraus zu kommen. Und selbst wenn ich im Augenblick erneut hier festsitze, hat es
    sich doch gelohnt. Denn der junge Schnösel ist zu früh in dieses Haus gekommen und wird
    sich nicht lange an meinem Titel freuen. Und so wird nun am Ende auch die Sippe meines
    lieben kleinen Bruders, den du nie kennengelernt hast, deinem Fluch zum Opfer fallen, es sei
    denn“, er grinste „...du verschonst ihn!“






    „Warum sollte ich das tun?“ fragte sie so gleichgültig wie irgend möglich. Seine Hand fuhr
    aus dem Bild und packte ihre Hand, noch ehe die Erschrockene zurückweichen konnte.
    „Du kannst mich nicht täuschen, du hoffst doch inständig, dass er die Lösung herausfindet,
    aber das wird er nicht, und falls doch wird er keinen Erfolg haben, denn nur ich könnte ihm
    sagen, was er wissen muss, um deine Aufgabe zu erfüllen. Also hast du die Wahl, töte ihn
    oder töte ihn nicht, aber in beiden Fällen werde ich siegen! Hörst du? Ich werde siegen,
    siegen.......siegen!“
    Catalina riss sich los und löste ihre Gestalt auf, bevor er sich zurücklehnte und verstummte.
    Warum hatte sie nicht früher daran gedacht? Und wie konnte sie nur so dumm sein! Ihre
    Schwäche machte ihn stark, gab ihm die Gelegenheit, aus dem von ihr bewachten Gefängnis
    auszubrechen! Und nun stand sie vor der Wahl, entweder auf die Vollendung ihrer Rache zu
    verzichten, oder jetzt auch Patrick diesem Ziel zu opfern. Aber Stanley freizugeben und ihn
    der ewigen Ruhe zu überlassen, während sie selbst.....nein, nein! Sie hatte nur eine Chance,
    ihn zur Hölle zu schicken, sie durfte Patrick nicht verschonen, sollte er versagen.








    ++++++++++++++++++++++++
    Das war es dann wieder für heute. Ich entschuldige mich bei allen hochfürstlichen und königlichen Herrschaften, deren Abbilder in der Ahnengalerie versammelt wurden, für die Degradierung :)
    Für alle, die beim ersten Besuch von Patrick und Lady Alice auf Ravensdale Hall die Frage gestellt hatten, mit wem Catalina damals gesprochen hat, nun dürfte das wohl beantwortet sein.
    Und ja, wir kommen noch einmal auf die Geschichte zurück, an die Stanley sich hier erinnert hat, um die Fragen, die sich nun schon wieder aufgetan haben (ich kann einfach nicht widerstehen, seht es mir nach) zu klären.
    Ob es noch eine Fortsetzung vor Weihnachten gibt, wage ich zu bezweifeln, aber eine weitere in diesem Jahr sollte zu schaffen sein.
    In diesem Sinn, euch allen ein wunderschönes Weihnachtsfest mit allem, was dazu gehört.
    LG Nery

  • Hallo liebe Nery,


    oh! Es geht schon weiter! :applaus Das ist ja schön.
    Und was ist dieses Kapitel mal wieder für ein Schätzchen.
    Als erstes ist natürlich anzumerken, dass ich echt froh bin, dass Dein Sohnemann einen Computer gekriegt hat. ;)
    Und ich wische mir erleichtert den Angstschweiss von der Stirn, dass wohl offensichtlich Dein 3D-Error nix mit dieser Unmenge an Gemälden zu tun hat. :D


    Womit wir beim Thema sind. Deine Bilder sind ja immer klasse, aber dieses Mal finde ich sie besonders gelungen. Was ich von der Gemäldegalerie halte, hab ich Dir ja letztens schon per PN mitgeteilt, oder? Fantastisch gebaut. Wirkt sooo echt, das es schon fast beängstigend ist.
    Ebenso beängstigend ist, was Du diesmal rein optisch mit der armen Catalina gemacht hast. Da überfällt einen ja das kalte Gruseln. Allerdings kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie selber - trotz allem Leid, das ihr widerfahren ist - im Sinne ihrer Rachegelüste einen Heidenspass an dieser Maskerade hat; besonders, wenn man sieht, welchen Effekt das auf Stanley hat.
    Ich glaube, meine Favourites sind diesmal das mit Stanleys Kopf, der aus dem Rahmen ragt (was für ein genialer Wurf! :roftl) und das letzte, in dem er ihre Hand ergriffen hat. Catalinas Ausdruck ist da ganz besonders schön. Überhaupt sind die Posen wieder alle super gewählt, unheimlich passend.


    Womit ich jetzt zum Inhalt komme. Oh Mann, da hast Du Dir ja eine wunderbare, überraschende Wendung ausgedacht. Ist also nicht Catalina für den Tod der letzten beiden Erben verantwortlich, sondern Mr. Mistkerl höchstpersönlich.
    Was für eine brilliante Idee - Stanley schliesst, vermutlich aus Rache für die Rache, ebenfalls einen Pakt. Und dann sind die beiden auch noch irgendwie miteinander gekoppelt, und es gibt Bedingungen. Oh, auf die bin ich ja so gespannt.
    Aber ehrlich: es regt mich schon etwas auf, dass Stanley immer noch - oder schon wieder - eine gewisse Macht über sie ausüben kann. :angry
    Und nun ist die Arme nicht mehr frei in ihrer Entscheidung, ob sie den Schnuckel verschont. Zumindest würde es ein wirklich großes Opfer von ihr verlangen, und vielleicht auch sowas wie Vergebung; und ob sie das kann? All die Jahrhunderte als rachsüchtiger Geist, letztendlich umsonst?
    Na, ich bin schon hoch gespannt, wie Du das auflösen willst, und was Catalina tun wird.
    Wirklich, ein sagenhafter Plot.:anbet

  • [FONT=Bookman Old Style, serif]Huhu Nery,[/FONT]

    [FONT=Bookman Old Style, serif]Hah, ich habs doch gewusst. :megafroi[/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Ja, auch wenns gedauert hat, bis die Erkenntnis kam, aber gerade als ich Geschichte nochmal gelesen habe, hatte ich fast schon die Gewissheit, dass Catalina da nicht alleine ist... *g*[/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Ich wusste, dass nicht nur Catalina dort rumspukt, auch wenn ich nicht gedacht hätte, dass Stanleys Geist (oder wie man ihn sonst nennen will) in sein Gemälde gebannt war. Tja, und nun löst sich diese Verbannung so langsam. Und das nur, weil Catalina wieder mehr Gefühle zeigt. Aber wer ahnt auch schon, dass es nicht nur den einen Pakt gibt, sondern das auch Stanley einen abgeschlossen hat. [/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Und nun wissen wir auch, dass anscheinend Stanley eine wichtige Rolle spielt, bei der Suche nach der richtigen Lösung für den Fluch. Auf jeden Fall denkt er das, und so wie Catalina reagiert hat, steckt da wohl die Wahrheit dahinter. Ich ahne Schlimmes für Patrick. :hua[/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Ganz großartig fand ich die Rückblende. Ja, ich bin heute etwas garstig eingestellt. :hehe[/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Nein, ich denke, dass Stanley viel von dem verdient hat, was Catalina ihm angetan hat. Auf jeden Fall war ihre Methode sehr einfallsreich und erfolgreich. Stanley war ja nur noch ein Wrack und mit seinen Nerven war es ja nicht mehr weit her. Aber das würde wohl jeden so gehen, wenn einen die tote Ex-Verlobte immer und immer wieder erscheint und einen quält. [/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Und doch gibt es noch so einige Rätsel zu lösen. Wo genau hat Stanley die beiden Leichen versteckt (vielleicht hab ich es auch einfach überlesen ^^)? Warum konnte Catalina Stanley nicht in die Kirche folgen? Wie genau ist Stanley gestorben und ins Bild gebannt worden? Tja und dann noch die große Frage, wie sind die beiden Pakte aneinander gebunden und hat Stanley wirklich recht und am Ende doch noch gewonnen, während Catalina verloren scheint? [/FONT]

    [FONT=Bookman Old Style, serif]Und was die Bilder angeht, gerade das von Stanley aus dem Bild, kann ich mich Julsfels nur anschließen. Einfach toll gemacht. :)[/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Ebenfalls freut es mich auch, dass dein Sohn so nett ist und dich mit an den Computer lässt. Aber wenn man so schöne Geburtstagsgeschenke kriegt, teilt man doch gerne. *g* [/FONT]

    [FONT=Bookman Old Style, serif]Ganz liebe Grüße[/FONT]
    [FONT=Bookman Old Style, serif]Llyn[/FONT]

    You are never more alive than when you're about to lose your pants!



    FS: Sunrise Update: 04.06.19

  • Was für eine packende Fortsetzung! Die Ahnengalerie hast du wunderschön gestaltet, überhaup tsind die Bilder wieder mal fantastisch! Irgendwie hab ich ja kein Verständnis,dass Catalina Stanley das Leben so zur Hölle gemacht hat ,ja ich weiss er war und ist ein schlechter Kerl,bzw.jetzt Geist,aber sie stellt sich auch nicht in ein gutes Licht,wenn sie so grausam ihre Rache ausübt.Man sollte sich nie zu üblen Taten hinreissen lassen,dadurch stellt sie sich auf eine Stufe mit Stanley.Dass ihre Rache nicht das Richtige ist,zeigt sich ja schon daran,dass sie in die Kapelle,in das Domizil Gottes keinen Zugang hat. Fast tat mir Stanley ein klein wenig leid. Ich könnte mir vorstellen,dass seine zunehmende Macht sich aber auch auflöst,wenn sie vollständig auf ihre Rache verzichtet.
    Meinen neuen Namen musst du rückwärtslesen,das war mein Opa,der mir in meiner Kindheit gerade an Weihnachten immer herrlichste Dinge gebastelt und geschenkt hat und an ihn erinnere ich mich durch meinen neuen Nick.
    Eine Frage noch,was hat man den unter Epitaphen zu verstehen ?

    Einmal editiert, zuletzt von Siola ()

  • Woohaaa, weitreichende Fortsetzung!
    Ganz ehrlich, ich kann Catalania sehr gut verstehen mit ihrer Rache. Ich hab mich richtig gefreut beim Lesen dieses Kapitels.
    Die Ahnengalerie ist mal wieder eine unglaublich gelungene Location (auch wenn das Wort nicht wirklich zu deiner Story passt *gg*)
    Wo Stanley die Leichen versteckt hat, würde mich wahnsinnig interessieren! Und was ist mit Catalanias Leiche? Steckt sie noch in ihrem Körper oder hat sie ihn schon verlassen? Oder kann sie sich den Zustand aussuchen??? Oder war am Ende doch nur alles Stanleys Einbildung? (was ich nicht glaube) Und welchen Pakt hat er geschlossen?
    Übrigens hätte ich es schön gefunden, wenn man ein Bild von seiner Frau gesehen hätte. Würd mich irgendwie interessieren.
    Freue mich auf die nächste Fortsetzung!

  • nur eine kurze Nachricht. Habe atemlos gelesen. Spannend wie ein Krimi. Die Ahnengalerie ist umwerfend schön. Fragen habe ich eine Menge. Jetztwird es ja richtig tubulent! Nur unser Computer spinnt. Alles andere mündlich. LG.

  • Hallo, endlich habe ich es geschafft, die Räume für die heutige FS nachzubauen, auch wenn es eigentlich eine weniger wichtige ist, aber die Kulissen müssen halt stimmen.


    Auch diesmal wieder ganz lieben Dank an alle Kommentatoren (die mich immer noch gern haben, obwohl ich selber so furchtbar faul war - *kniefall mach und um vergebung bitte*) und auch an die Karmaspender. (Das erinnert mich daran, dass ich diese Funktion hier noch nicht wiedergefunden habe.)
    Allen, denen ich es noch nicht persönlich oder per PM gesagt habe: ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2010!



    Julsfels: Na klar, du sollst dich ja auch gruseln, bzw, natürlich sollte sich eigentlich Stanley gruseln. Also musste das schon so sein. Und ja, sie hatte durchaus Spaß an der Sache, zumindest etwas. Wer hätte das nicht, wenn er das durchgemacht hätte. Und sind wir doch ehrlich, verdient hatte Stanley das schon, oder?
    Ich mag deine Favobilder auch, verrate aber mal lieber nicht, mit welchen durchaus simplen Aktionen das Ganze gemacht war. Auch wenn ich ungefähr 20 Versuche pro Bild gebraucht habe, bis es richtig aussah. *grins*
    Was Stanleys Motiv, auch den Pakt zu schließen betrifft, hast du recht. Darauf kommen wir natürlich noch mal, denn natürlich sind wir hautnah dabei, wenn der Herr den Löffel abgibt.
    Seine Macht über Catalina, so sie denn existiert, ist allerdings so eine Sache, jaja, Es gibt Bedingungen dafür, wie das ganze aussehen kann, so oder so. Und noch ist die Entscheidung nicht getroffen.
    Danke für das tolle Kompliment, ich versuche dem gerecht zu werden :)


    Llynya: ist doch schön, wenn du es zumindest geahnt hast, dann hab ich was richtig gemacht. Die kleinen Hinweise sollen ja schon irgendwas bewirken. Geist triffts eigentlich ganz gut. Im Grunde ist er das gleiche wie Catalina selber, nur dass er eben nicht die Freiheit hat, sich zu bewegen, wie er will.
    Garstig war es, was du gesagt hattest (was ich in meinem Kommi zu deiner FS meinte). Aber das darfst du gern sein, ich bin es auch, zumindest was Stanley betrifft, obwohl der Arme....nein, nein...lass uns ruhig garstig sein. Denn verdient hat er es.
    Überlesen hast du das mit den Leichen nicht, sei unbesorgt, noch hab ich das nicht verraten und das hat auch seinen Grund, wie du gleich merken wirst.
    Und auch die andern Fragen beantworte ich natürlich noch, aber etwas Geduld wirst du da noch haben müssen, denn es dauert bei einigen noch ein bissel.


    @Siola: Danke schön, ich mag die Galerie auch sehr, inzwischen gibts nen harten Kampf um die Position meines Lieblingsraumes zwischen der Galerie und der Bibliothek. Kopf an Kopf Rennen. :)
    Was deine Beurteilung von Catalinas Rache betrifft, da hast du gar nicht so unrecht, wer hat schon das Recht, sozusagen Selbstjustiz zu üben. Aber Menschen, vor allem junge Menschen tun oft Dinge, die sie später vielleicht bereuen, wenn sie sich verletzt fühlen oder leiden mussten. Deswegen muss dieser Weg nicht richtig sein. Wer weiß, vielleicht sieht sie das ja auch noch ein.
    Die Frage haben wir ja schon geklärt.


    @CindySim: och, sag ruhig Location, wenn dir danach ist. Auch wenn's kein Filmset ist :)
    Wo Stanley die Leichen versteckt hat, wird noch aufgeklärt, hab noch ein wenig Geduld. Catalina ist nicht mehr in ihrem Körper, sie führt eine Existenz an der Grenze zwischen Leben und Tod, wo sie zwar scheinbar körperlich erscheinen kann, aber im Grunde ist sie das nicht. Stanley hat sich das nicht eingebildet. Und zu SEINEM Pakt kommen wir noch.
    Es gab bereits ein Bild von seiner Frau, als er geheiratet hat. Aber du wirst sie noch mal wiedersehen.


    Rheasylvia: na dann mach ich das auch so wie du: habe mich gefreut, von dir zu hören. ich liebe Krimis. Glücklicherweise konnte ich die Ahnengalerie bauen, trotz 3D Fehler. Alle deine Fragen hab ich beantwortet. Hoffe, der neue Computer liebt dich. Und unterhalten haben wir uns ja ausführlich, als du da warst. :)



    So, und nun poste ich mal die heutige, wirklich sehr ruhige Übergangsfortsetzung, in der man sich mal einfach nur unterhält. Aber auch das muss eben ab und an mal sein. Vor allem, wenn man Rätsel zu lösen hat.

  • *






    Trotz der freundlichen Atmosphäre herrschte in dem hübschen kleinen Frühstückszimmer
    gedrückte Stille, als Lady Elizabeth hereinkam. Während die Countess vor dem kalten Büffet
    noch darüber nachdachte, ob sie überhaupt etwas essen wollte, knabberte Lady Alice, die
    bereits seit geraumer Zeit am Tisch saß, lustlos an ihrem französischen Gebäck herum. Den
    Kaffee, den sie sonst jeden Morgen zu trinken pflegte, lehnte sie ab und Edwards dirigierte
    den Diener mit der Kanne lautlos zur Anrichte zurück. Dann erkundigte er sich mit gesenkter
    Stimme, als befürchte er, die Mutter des Duke in ihrer Grübelei zu stören, nach den
    Wünschen der Countess.








    „Ich weiß auch nicht, Edwards.“ antwortete diese, während sie sich setzte. „Eigentlich habe
    ich gar keinen Hunger.“
    „Dann vielleicht nur eine Tasse heißen Tee, Mylady?“
    „Nun gut, ja! Und auch eine Tasse für Lady Alice.“ Sie ignorierte die abwehrende Handbewegung
    der Jüngeren, wartete, bis der Butler das Porzellan abgestellt hatte und
    erkundigte sich: „Edwards, haben Sie Seine Gnaden heute morgen schon gesehen?“

    Der Mann schenkte ihr mit einer leichten Verbeugung ein, reichte die Kanne dem wartenden
    Diener und verneinte dann.
    „Aber der Kammerdiener Seiner Gnaden teilte mir mit, Seine Gnaden habe heute ganz früh
    nach seinem Reitdress verlangt.“


    [FONT=&quot]


    [/FONT]




    „Was? Er ist ausgeritten?“ entsetzte sich Lady Alice. Achtlos fiel die Serviette, die sie eben
    noch auseinandergefaltet hatte, auf den Tisch zurück. „Und das sagen Sie erst jetzt! Wie
    konnten Sie das zulassen! Wie konnte er so dumm sein! Er ist doch gerade erst wieder
    genesen. So eine Unvernunft! Mein Gott, Elizabeth, wenn ihm nun wieder etwas passiert!“
    Die Panik in ihrer Stimme ließ sich nicht überhören.
    Doch bevor sie zur Tür eilen konnte, griff die Countess über den Tisch nach ihrer Hand und
    forderte sie mit bestimmter Gelassenheit auf, wieder Platz zu nehmen.
    „Alice, bitte sei vernünftig! Du kannst doch in Zukunft nicht jedes Mal, wenn Patrick auf ein
    Pferd steigt, die Fassung verlieren.“






    Sie gab dem Butler einen stummen Wink, woraufhin er sich mit dem Personal entfernte. Sie
    mussten nicht unbedingt hören, worüber sie sprachen, Gerede gab es ohnehin schon viel zu
    viel.
    „Sieh mal“, suchte Elizabeth die noch immer aufgeregte Alice zu beruhigen. „Wir rätseln jetzt
    seit zwei Tagen herum und sind keinen Schritt weitergekommen. Patrick muss sich einfach
    abreagieren, sonst dreht er noch durch. Immerhin geht es hier um sein Leben!“
    „Ja ich weiß.“ stimmte Alice ihr unglücklich zu und zerknüllte die Serviette. „Die ganze
    Sache zerrt uns allen an den Nerven. Wir haben allen möglichen Unsinn über Flüche, Geister
    und Hexerei gelesen und tappen immer noch im Dunkeln. Hin und her haben wir diese
    Fluchgeschichte gedreht, aber mehr als dass man ihrer Seele Frieden schaffen und das
    Unrecht wiedergutmachen müsste, haben wir immer noch nicht herausgefunden.“






    „Vielleicht haben wir das doch!“ ertönte eine ungewöhnlich gutgelaunte Stimme von der
    Terrassentür und diesmal sprang Lady Alice tatsächlich von ihrem Stuhl auf und hielt sich nur
    mühsam zurück, ihren Sohn auf der Stelle in die Arme zu ziehen.
    „Patrick, Gott sei Dank, du bist wohlauf!“
    „Ja sicher, warum sollte ich es nicht sein?“ Offenbar in glänzender Stimmung beugte sich der
    junge Duke über die Hand seiner Mutter. „Guten Morgen, Mamà. Hast du schon einen
    Spaziergang draußen gemacht? Das Wetter ist ist herrlich. Und die frische Luft wirkt wahre
    Wunder.“
    „Das ist nicht zu übersehen,“ lachte Elizabeth, bevor Patrick zu ihr herüber kam, um auch sie
    zu begrüßen. „Dein Ausritt muss dir ausgesprochen gut bekommen sein, Patrick.“ konstatierte
    [FONT=&quot]sie nach einem Blick in sein leicht gerötetes Gesicht. [/FONT]







    „Das kann man wohl sagen und ich habe einen Bärenhunger.“
    Verfolgt von den mehr oder weniger fassungslosen Blicken der Damen begann er damit,
    seinen Teller mit den Köstlichkeiten des Büffets voll zu laden, um sie gleich darauf mit
    größtem Appetit zu verspeisen.
    „Würdest du wohl die Güte haben, uns darüber auf zu erklären, was du mit dieser Bemerkung
    vorhin gemeint hast!“ verlangte Lady Alice, nachdem sie beide ihm eine Weile zugesehen
    hatten.
    „Aber sicher Mamà. Ich glaube, dass die Lösung doch nicht so kompliziert ist, wie wir
    dachten.“
    „Ach nein?“ fragten die beiden Frauen im Chor. „Dann lass mal hören, wir sind ganz Ohr!“



    ++++++++++++++++
    geht noch weiter



    [FONT=&quot]
    [/FONT]

  • *






    „Also, der Gedanke kam mir, als ich heute morgen an der Dorfkirche vorbeiritt.“ Er füllte
    seinen Teller noch einmal, trank hastig einen Schluck Kaffee und fuhr fort.
    „Du hast doch erzählt, dass sie sich das Leben genommen hat, Tante Liz, nachdem Stanley sie
    dort unten einsperrte, nicht wahr?“
    „Ja und?“
    „Das wirft zwei Fragen auf. Zunächst: Wo ist ihre Leiche? Wenn, wie du sagst, niemand
    außer dir, den Raum betreten hat, müsste sie noch dort sein, wenigstens die Überreste. Ebenso
    wie die von William. Aber das sind sie nicht. Und das bedeutet, jemand hat sie fortgeschafft,
    jemand, der wusste, dass sich Catalina dort befand und dass sie genauso wenig mehr am
    Leben sein konnte wie der Mann, den sie liebte. Und dieser Jemand war...“
    „Stanley Morgan!“ riefen die Frauen erneut wie aus einem Mund.






    „Genau!“ bestätigte er. „Er ist also noch einmal zurückgekommen, um sich von ihrem Tod zu
    überzeugen und hat die Leiche irgendwo versteckt. Und“ er hob den Zeigefinger. „wenn
    Catalina ihn dabei beobachten konnte, wie er ihre Juwelen in dem Geheimfach deponierte,
    muss sie doch auch wissen, was mit ihrem Leichnam geschehen ist. Und das bringt uns zur
    zweiten Frage, Tante Liz. Warum hat sie dir das nicht erzählt?“
    „Natürlich, weil es mit der Lösung des Fluchs zusammenhängt.“
    „Eben. Denn was braucht eine Seele, um in Frieden ruhen zu können?“ Er konnte den
    Triumph in seiner Stimme kaum zurückhalten, als er seine Frage selbst beantwortete. „Ein
    Grab in geweihter Erde!“
    „Und das gilt um so mehr, als sie Selbstmord begangen hat, was eine Todsünde darstellt!“
    fügte Lady Elizabeth hinzu.






    „Heißt das, wir müssen ihre Leiche suchen?“ fragte Alice und schüttelte sich gleichzeitig bei
    dem Gedanken.
    „Wir müssen sie finden und ihr ein ordentliches Begräbnis verschaffen!“ bestätigte ihr Sohn
    noch einmal und Elizabeth schmunzelte, als sie sah, dass es ihn vor Aufregung kaum mehr auf
    seinem Stuhl hielt. Wahrhaftig, das war der Patrick Morgan, den sie kannte, entschlossen,
    unbeugsam, nicht willens, sich von irgendetwas oder irgendwem besiegen zu lassen.
    „Dann bleibt uns nur noch herauszufinden, wie wir das ihr zugefügte Unrecht
    wiedergutmachen können. Auch keine leichte Aufgabe, oder hast du auch hier schon eine
    Idee, Patrick?“ Er verneinte.
    „Ich habe mir weiß Gott den ganzen Morgen den Kopf darüber zerbrochen, aber in diesem
    Punkt komme und komme ich nicht weiter.“






    „Nun, sehen wir doch mal. Wenn wir davon ausgehen, dass es eine Möglichkeit der
    Wiedergutmachung gibt, und das muss es, weil der Fluch sich sonst nicht lösen ließe, dann
    sollten wir doch auch in der Lage sein, sie zu nutzen, oder nicht?! Nun sie wurde lebendig
    begraben - können wir das rückgängig machen? Nein, denn sie ist tot! Man hat ihr ihren
    Besitz gestohlen - können wir ihn ihr zurückgeben? Nein, denn wir haben ihn nicht mehr.“
    Alice sah sie ratlos an, Patrick zuckte mit den Schultern. „Genau das ist es ja, was also bleibt
    dann noch?“








    „Du hast recht Patrick!“ sagte Elizabeth und erhob sich„Wir können ihr nichts zurückgeben,
    aber vielleicht könnten wir sie irgendwie entschädigen?“
    Lady Alice schüttelte den Kopf. „Aber Elizabeth, überleg doch mal. Was willst du ihr
    anbieten? Sie ist ein Geist und kann weder mit Grundbesitz noch mit Geld etwas anfangen!“
    „Das stimmt Mamà“ warf Patrick ein. „Ich glaube aber nicht, dass es darauf hinausläuft. Das
    meinst du doch auch, Tante Liz, oder? Es wird wahrscheinlich etwas so Simples,
    Naheliegendes sein, dass wir es bei aller Grübelei einfach übersehen.“ Und nach einer Weile
    fügte er hinzu. „Ich denke, wir sollten der Reihe nach vorgehen und erst einmal damit
    beginnen, den Leichnam zu suchen.“
    „Das ist überaus vernünftig, also dann...worauf warten wir!“ sagte Elizabeth und rauschte aus
    dem Raum.







    ++++++++++++++++++
    geht noch weiter

  • *






    „Ich würde euren Optimismus gern mit euch teilen, aber ihr habt da eine Kleinigkeit
    übersehen,“ meinte Alice, nachdem sie in die Bibliothek gewechselt waren und Patrick sich
    umgezogen hatte.
    „Was meinst du Mamà?“ Sie strich sich mit der für sie typischen selbstvergessenen Geste eine
    imaginäre Falte aus ihrem Kleid, bevor sie seine Frage ebenso typisch mit einer Gegenfrage
    beantwortete.
    „Nun ich frage mich, wie ihr euch das vorstellt! Wo wollt ihr mit der Suche beginnen? Dieser
    schreckliche Mensch könnte sie ja überall versteckt haben!“
    „Nicht überall Alice“, nahm die Countess ihrem Neffen die Antwort ab. „Er musste es
    heimlich tun, ohne dass es jemand bemerkte. Ich meine, er konnte sie unmöglich durch ein so
    großes, belebtes Haus schleppen, ohne ständig über einen Dienstboten zu stolpern. Im Grunde
    bleiben nur der Gang, die Kapelle, die Keller- und Gruftgewölbe und der Garten.“







    Bei der Erwähnung des Gartens stöhnte Patrick auf. „Wenn er sie dort vergraben hat, finden
    wir sie nie, denn nach dreihundert Jahren wird nichts mehr von ihr übrig sein, was man
    bestatten könnte.“
    „Eben deshalb heben wir uns den Garten für den Schluss auf. Du hast doch selbst gesagt, dass
    es eine Möglichkeit geben muss. Also wenn ein Teil der Lösung darin besteht, ihrem
    Leichnam ein ordentliches Begräbnis zu verschaffen, dann muss er wohl noch irgendwo
    existieren und dann werden wir ihn mit ein wenig Glück auch finden!“
    „Oh mein Gott!“ seufzte Lady Alice und hielt sich demonstrativ ihr Riechfläschchen, das sie
    seit der Erzählung der Countess stets bei sich trug, an die Nase. „Warum hat mich, als ich in
    diese Familie einheiratete, niemand davor gewarnt, dass ich es mal mit Geistern, Flüchen und
    vergrabenen Leichen zu tun haben würde.“







    „Oh Mutter, du bist einzigartig!“ Patrick begann zu lachen, sprang auf und gab ihr einen Kuss
    auf die Stirn, während Elizabeth in gespielter Entrüstung den Kopf schüttelte.
    „Also ich bitte dich Alice, Du wirst doch den armen Henry nicht dafür verantwortlich machen
    wollen!“ Die beiden Frauen zwinkerten sich mit einem Lächeln zu, bevor die Countess
    vorschlug, zunächst einmal - sofern noch vorhanden - die alten Pläne der Abtei und des darauf
    vom ersten Duke erbauten Schlosses zu suchen und sie mit den heutigen Bauplänen zu
    vergleichen. So ließe sich ihrer Ansicht nach am leichtesten feststellen, wo Veränderungen
    vorgenommen worden waren und v.a. wann und warum.
    „Auf diese Weise können wir einiges von vorn herein bei der Suche ausschließen.“







    Das Argument klang durchaus logisch und so verbrachten sie den gesamten Tag in der
    Bibliothek, ein Buch nach dem andern wälzend und froh darüber, dass Patrick die gesamte
    Sammlung gerade erst hatte sortieren lassen. Unterbrochen wurde dieses eifrige Studium nur
    von den Mahlzeiten, die natürlich im Speisezimmer eingenommen wurden. Darauf hatte die
    Mutter des Duke bestanden, da sie nicht alle vertrauten Regeln und Traditionen der Familie
    dieser Geistergeschichte opfern wollte. Sie klammerte sich daran wie an einen Strohhalm, um
    in dem ständigen Schwanken zwischen Hoffnung und Verzweiflung nicht die Nerven zu
    verlieren.







    Doch nach diesem Zugeständnis an die Konventionen beugten sich Patrick und Elizabeth
    während des ganzen restlichen Tages eifrig über alte Bücher und Pergamente, stritten sich
    hier und da über Kleinigkeiten, ob dies z.B. nun ein zugemauerter Gang sei oder nicht,
    während die sonst in allen Dingen stets so korrekte Alice, in ungewohnter Weise auf der
    Leiter herumturnte, um aus den Regalen auf der Galerie und den obersten Fächern der
    Bücherschränke immer neue Rollen hervorzuholen.
    Von Zeit zu Zeit erkundigte sie sich nach eventuellen Fortschritten, wurde aber meist mit
    einem „Jetzt noch nicht!“ vertröstet.







    Doch als sie sich schließlich gegen Abend erschöpft von ihrer Akrobatik auf die bequeme
    Chaiselongue fallen ließ und Patrick sich, ganz der besorgte Sohn, erkundigte, ob alles in
    Ordnung sei, da verkündete Elizabeth schließlich, sie hätten nun genug durchgesehen.
    „Es gibt da einige interessante Merkwürdigkeiten im Untergeschoss, die es durchaus wert
    sind, in Augenschein genommen zu werden. Es hat vielleicht nichts zu bedeuten, aber es ist
    immerhin ein Anfang!“
    Der unternehmungslustige Ton ihrer Stimme, begleitet von einem herausfordernden Blick,
    verriet einen solchen Tatendrang, dass Lady Alice sie nur verwundert ansehen konnte. Woher
    nahm sie in ihrem Alter nur die Kraft und Ausdauer, dies alles durchzuhalten? Seit dem
    frühen Morgen studierte sie nun schon die Pläne und jetzt machte sie sich ungeachtet der
    fortgeschrittenen Stunde auf den Weg in die Kellergewölbe, um diesen sogenannten
    „Merkwürdigkeiten“ auf den Grund zu gehen. Und Patrick? Für ihn war der Optimismus der
    Tante genau jene Stärkung, die er so dringend brauchte im Kampf um sein Leben.







    Noch immer in diesen Gedanken betrat Lady Alice ihr Schlafgemach, schon in Vorfreude auf
    ein heißes Bad, das sie sich wahrhaft verdient zu haben glaubte. Auch wenn sie, wie sie sich
    nur höchst ungern eingestand, für ihren Sohn nicht wirklich eine große Hilfe gewesen sein
    konnte. Ihr Leben war bisher einfach in zu ruhigen und wohlgeordneten Bahnen verlaufen, als
    dass sie auf eine so außergewöhnliche Situation vorbereitet gewesen wäre. Da hatte die
    resolute willensstarke Countess, die sie schon seit jeher bewunderte, ganz andere Erfahrungen
    sammeln können, schenkte man ihren Berichten Glauben.
    „Sei's drum“, dachte die Mutter des Duke, „jeder so gut er kann. Er ist mein Sohn, und ich
    will verdammt sein, wenn ich ihn sterben lasse.“





    +++++++++++++++++++++++++++
    Und das war es nun für heute. Kann man den dreien nur eine hoffentlich erfolgreiche Suche wünschen. Warten wir ab, ob sie finden, was sie suchen und was das für Auswirkungen haben könnte.
    Phu, das war jetzt aber doch etwas kompliziert, fünf mal geändert, bis ich das neue System wirklich verstanden hab. Dabei ist es doch eigentlich ganz leicht. (wenn man sich nicht so dumm wie ich heute anstellt *grins*)
    LG Nery

  • Schöne Bibliothek. ;)
    So, jetzt kommen wir der Sache schon etwas näher. Ich hab selber ja auch schon mal gefragt, was eigentlich aus den Leichen von Catalina und William geworden ist, als Elizabeth damals Catalina in ihrem Versteck zum ersten Mal getroffen hat. Auf dem Weg zum Fluchbrecher den Körper zunächst mal in geweihter Erde zu bestatten, erscheint mir logisch, auch wenn mir persönlich dieser Gedanke an die Nicht-Erlösung der Seele sehr, sehr fremd ist. Nur weil gewisse Menschen der Meinung sind, der Körper müsse unbedingt an von ihnen bezeichneten Plätzen bestattet werden? Nun ja, ich führe das nicht weiter aus, sonst muss ich mich wieder aufregen. :D Ich hab schon immer Probleme mit dem "Bodenpersonal" gehabt und deren Bestreben, ihre Pfründe und ihre Macht zu sichern.


    Nun hab ich ja zu der ganzen "Wie finde ich heute 300jährige Leichen"-Sache ein paar Gedanken und auch ein paar Bilder dazu im Kopf. Allerdings hängen die eng mit gewissen ... Objekten zusammen, und deshalb behalte ich sie für mich. ;)
    Auch was den anderen Punkt der Aufgabe angeht - die Wiedergutmachung - schwirrt mir ja so ein Gedanke im Kopf herum, den ich Dir ja aus bekannten Gründen schon mal per PN mitgeteilt habe, und der immer noch hoffnungsfroh mein Herz erfüllt. :D


    An diesem Kapitel hat mir besonders gefallen, dass es ein wenig Hoffnung, Leben und neue Energie gebracht hat. Die letzten Kapitel waren ja eher traurig und auch, verständlicherweise, aus Catalinas Sicht von einer gewissen Hoffnungslosigkeit geprägt, aber nun ist frischer Tatendrang angesagt. Was sowieso auch besser ist, nichts ist schlimmer, als gezwungenermaßen untätig herumsitzen zu müssen und darauf zu warten, dass das Schicksal sich erfüllt. Man fühlt sich immer besser dabei, wenn man das Schicksal in die eigene Hand nehmen kann, auch wenn das vielleicht nur eine Illusion ist.


    Deine Schauplätze sind wie immer wunderschön. Die Bibliothek ist ja sowieso einer meiner Lieblingsräume, und ich mag sie auch deshalb so gern, weil sie in gewisser Weise den Beginn unserer Zusammenarbeit markiert, und die empfinde ich nach wie vor als sehr bereichernd.
    Auch die Bilder sind wieder so schön geworden. Sie wirken absolut natürlich und echt. Ich habe jedesmal beim Ansehen das Gefühl: ja, genau so könnte es zu dieser Zeit ausgesehen haben. So könnte es sich angefühlt haben. Man kann ganz in die Epoche eintauchen, und das ist ein wirklich großes Geschenk.
    Nochmal vielen Dank für diese wundervolle Geschichte.


    Liebe Grüße!

  • Liebe Nerychan,


    was für eine tolle Fortsetzung! Endlich haben die drei einen Anhaltspunkt gefunden! Aber ob es das wirklich ist? Wer weiß! Auf jeden Fall sind sie einen wichtigen Schritt weiter gekommen! Nun ist nur die Frage, ob sie mit ihrer Suche erfolgreich sein werden!


    Ich frage mich, was die Wiedergutmachung sein könnte - könnte da vielleicht die Liebe von Patrick, die er einer gewissen Frau zu geben vermag, eine Rolle spielen???


    Was das Beerdigen in geweihter Erde angeht, so sehe ich es ein wenig anders als Julsfels - zwar glaube ich auch nicht, dass das Loslösen der Seele damit zu tun hat, wo sie begraben ist. Sehr wohl aber damit, wie sie nach dem Tod behandelt wurde, ob sie mit Respekt verabschiedet und zur letzten Ruhe gebettet wurde - wo das auch immer sein mag.
    Das kennt man ja auch aus heutigen modernen spirituellen Ansichten so, dass es ganz wichtig ist, "verwirrte" Seelen zu erlösen, in denen man ihnen die Ruhe und den Respekt schenkt, der ihnen aus welchem Grund auch immer versagt geblieben ist. Ob das nun Spinnerei ist oder nicht, ist ja mal egal - hier HABEN wir es ja schon mit Geistern zu tun ;) und von daher ist es für die Geschichte so durchaus denkbar!


    Ich bin also sehr gespannt, wie es weitergeht!


    Wie immer waren Deine Kulissen gigantisch - die Bibliothek allen voran!


    Liebe Grüße
    Innad

  • Ich habe ja ganz schön was verpasst :(


    Da taucht also ein altbekanntest Gesicht auf und macht sich sofort über die Seele der armen Catalina her, die bei all ihrem Kummer und Leid nur zu gerne Variks Schmeicheleien verfällt. Rache ist aber auch eine nur zu köstliche Verlockung, wenn einem so großes Unrecht getan wurde, das Dumme ist nur, dieses Gericht wird eiskalt serviert und liegt der Guten jetzt wohl ziemlich heftig im Magen, sinnbildlich.


    Das sie als erstes gegen Stanley gezogen ist, ist nachzuvollziehen und geschieht dem Mistkerl nur Recht. So edelmütig sind wir dann doch nicht. Aber wie es scheint hat sie ihn nicht in die ewigen Jagdgründe geschickt, sondern an ihrem Schicksal teilhaben lassen, was bei einer bösen, intriganten Seele wie ihm aber nur von Nachteil sein kann, wie sie ja nun selbst merkt. Es war schon ne ziemliche Überraschung, das der 'Gute' noch in irgendeiner Form existiert. Aber klar, das Böse ist gierig und warum sich mit einer Seele zufrieden geben, wenn man zwei Rachegeister haben kann, die sich nicht grün sind? Das ist die perfekte Heimunterhaltung für jemanden wie Varik, zurücklehnen und in Ruhe über die Jahrhunderte beobachten was abgeht. Popcorn inbegriffen.


    Mir ist nicht ganz klar was denn nun alles der Fluch beinhaltet, was Catalinas ursprüngliche Absicht war und was hat es mit der Zeitspanne von 300 jahren auf sich? Es ist immer die Rede davon das Patrick zu früh in dieses Haus kam, was von Stanley inszeniert wurde, wohl aus Eifersucht, denn Catalina mag ihn ja offensichtlich. Also gilt der -ursprüngliche- Fluxh nur für 300 Jahre? Das wäre aber zu simpel, denn dann müsste man es nur aussitzen, aber Patrick soll ne Lösung suchen (die wohl wirklich sehr naheliegend ist und er macht durchaus einen guten Anfang mit seiner Suche) und dann haben wir ja noch den unerwarteten Störfaktor Stanley-Geist.


    Hm.


    LG,
    Lenya

  • nun habe ich mal kurz die Nacht zum Tag gemacht, um wie versprochen deine FS zu lesen. Der Tatendrang der drei ist so überwältigend, nach den schmerzvollen Kapiteln, dass man zuerst liest und danach die Fotos noch einmal in Ruhe anschaut. Auch diese sind vom Licht überströmt und strahlen einen wahren Optimismus aus. Schön anzusehen sind wie immer die vielen Details, die du so liebevoll gestaltet hast.:applaus
    Aber ich glaube, so simpel, wie Patrick sich die Lösung erst einmal vorstellt, wird es wohl doch nicht werden, mit der Lösung des Fluchs. Du hattest mir einmal gesagt, Gräber sind wichtig; sie sind die Wohnung der Seelen, in die sie immer wieder zurückkehren können. dadurch zieht Ruhe und Frieden in sie und auch in die Herzen der Zurückgebliebenen ein. Das stimmt tatsächlich insoweit ich das auch mit dem Grabstein meiner Tochter erfahren habe. Nur, wird ihr Stanley diese Ruhe nicht so einfach lassen. Es wird interessant sein, zu erfahren, welche Abkommen Catalina mit ihm und der Herr des Bösen mit beiden geschlossen hat. Ich bin schon sehr gespannt. :rolleyes
    Erst musst du aber deine Erkältung auskurieren. Ich wünsche dir baldige Genesung und viel Energie für die nächste Fortsetzung. L.G.

    Einmal editiert, zuletzt von Rheasylvia ()


  • Was das Beerdigen in geweihter Erde angeht, so sehe ich es ein wenig anders als Julsfels - zwar glaube ich auch nicht, dass das Loslösen der Seele damit zu tun hat, wo sie begraben ist. Sehr wohl aber damit, wie sie nach dem Tod behandelt wurde, ob sie mit Respekt verabschiedet und zur letzten Ruhe gebettet wurde - wo das auch immer sein mag.


    Oh, da haben wir uns mißverstanden. Ich halte sehr viel davon, die Toten angemessen, mit Würde und Respekt zu behandeln und zu bestatten. Ich glaube auch, dass das durchaus wichtig und richtig ist.


    Ich habe nur etwas dagegen, dass eine von Menschen geschaffene Institution willkürlich einen Ort benennt, an dem die Toten bestattet werden müssen, um Ruhe zu finden. Und den Menschen erzählt, wenn jemand nicht an diesem Ort bestattet wird, wird er in ewiger Verdammnis schmoren. Und natürlich hat diese Institution die alleinige Verfügungsgewalt über diesen Ort. Da stellen sich mir die Nackenhaare auf.
    So etwas hat für mich nichts mit Respekt vor den Toten zu tun, und auch bestimmt nichts mit göttlicher Gnade.

  • Oh, da haben wir uns mißverstanden. Ich halte sehr viel davon, die Toten angemessen, mit Würde und Respekt zu behandeln und zu bestatten. Ich glaube auch, dass das durchaus wichtig und richtig ist.


    Ich habe nur etwas dagegen, dass eine von Menschen geschaffene Institution willkürlich einen Ort benennt, an dem die Toten bestattet werden müssen, um Ruhe zu finden. Und den Menschen erzählt, wenn jemand nicht an diesem Ort bestattet wird, wird er in ewiger Verdammnis schmoren. Und natürlich hat diese Institution die alleinige Verfügungsgewalt über diesen Ort. Da stellen sich mir die Nackenhaare auf.
    So etwas hat für mich nichts mit Respekt vor den Toten zu tun, und auch bestimmt nichts mit göttlicher Gnade.


    Da haben wir uns wirklich mißverstanden - denn da gebe ich Dir absolut recht und hätt es nicht besser formulieren können!!!!

  • Hallo zusammen,


    heute mal keine große Vorrede, nur noch schnell die Kommis beantworten. Nein, nein, nicht hetzen, ich bin für alle sehr dankbar. Nur die Zeit, die Zeit. Wenn der Stress dich nicht auffrisst, oder die Dauererkältungen, könntest du ewig leben.


    @Juslfels und Innad: ihr habt in dem Sinne beide recht. iich finde das auch reichlich komisch, dass eine bestimmte Gruppe das Recht für sich in Anspruch nimmt, zu entscheiden, wer wo wie bestattet wird und damit in den sprichwörtlichen Himmel kommt. Und ob es damit diese Bestattung in geweihter Erde sein wird, die, so ich es denn zulasse, den Fluch bricht, das wird sich zeigen müssen. Aber der Gedanke daran ist natürlich in den Menschen der damaligen Zeit noch fest verwurzelt, ebenso wie der an die ewige Verdammnis für einen Selbstmörder. In sofern sind Patricks Vermutungen gar nicht so abwegig und vielleicht von Erfolg gekrönt, wenn wirdavon ausgehen, dass den beiden Toten wahrlich keinerlei Respekt erwiesen wurde. :misstrau


    Julsfels: ich versuche schon, dich so unwissend wie möglich zu halten, was angesichts deiner wunderbaren Bastelei für mich gar nicht immer einfach ist. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, nicht wahr? Auch wenn das bei den Morgans zur Zeit eher an eine Achterbahnfahrt erinnert, ein ewiges Auf und Ab, wie gut, dass es nur 10 Tage sind, sonst wäre das Ganze wirklich eine arge Quälerei.
    Ich bin auch immer noch sehr dankbar für unsere Zusammenarbeit, ohne die das alles, das richtige Feeling, die richtigen Kulissen gar nicht möglich werden. Insofern revanchier ich mich gern mit etwas zu lesen und hoffentlich schönen Bildern. :)


    Innad: ei, ei, was habt ihr nur immer mit der Liebe. Alles träumt von einem happy end, nur wie sähe das in diesem Falle schon aus? Ist ein bisschen alt die Gutste, zumindest für den Jungspund Patrick. Oder doch nicht? Wer weiß! Aber wir wollen dem armen Mann ja wenigstens das Gefühl geben, er hätte eine Chance, sein Leben zu retten, nicht wahr? :applaus
    Und vielen Dank fürs Kompliment, ich liebe die Bibliothek auch über alles, einer meiner absoluten Lieblingsräume, zusammen mit der Kapelle.


    Lenya: Treffsicher wie immer und höchst amüsant formuliert. Es liegt ihr schwer im Magen. 300 Jahre sind eine verdammt lange Zeit, da können einem die Opfer schon im Magen liegen, dürfte ja eine stattliche Zahl geworden sein. An Stanleys immer noch Präsenz trägt sie allerdings nur bedingt Schuld nämlich insofern, als sie ihn umgebracht hat. Hat sie wirklich, wie man noch sehen wird, aber was der eine kann, das klappt auch bei einem andern. Varik freut sich und genießt sein Heimkino... nur ob er Popcorn mag, das hat er mir noch nicht verraten. ;)
    Deine anderen Fragen sind wie immer präzise und scharfsinnig. Und werden alle beantwortet werden, aber immer schön der Reihe nach. Was sollte ich sonst in den anderen Fortsetzungen machen. 10 Tage können unglaublich lang sein.


    Rheasylvia: Nicht umsonst hat jede Kultur und Religion ihre eigenen Bestattungsrituale erdacht, und selbst wenn man keines als das einzig wahre und richtige bezeichnen kann, so hat doch jedes Ritual seinen Sinn. Wer weiß, wozu es gut sein wird, in diesem Fall, den Leichnam zu suchen. Und wenn es nur den Geist mit der Gewissheit erfüllt, dass ihm/bzw. ihr nun endlich ein würdiger Ruheplatz bereitet wird. Und ihr Andenken gewahrt bleibt, selbst wenn die, die sie kannten und liebten, längst den Weg alles Irdischen gegangen sind. :)


    So, nun aber los gehts mit der FS, die mich etwas Nerven gekostet hat, keine Ahnung wieviele Anläufe und Bilder es gebraucht hat, bis es so war, wie ich es haben wollte. Viel Spielerei mit dem Licht heute, hoffentlich hab ich es nicht übertrieben und ihr könnt die Stimmung genießen, denn heute gibt es....
    eine lang ersehnte Begegnung. *auf die Finger hau - du sollst doch nicht schon alles vorher verraten*:D

  • *





    Es war schon spät in der Nacht, der Mond schien hell durch die nur halb zugezogenen
    Vorgänge und tauchte das herzogliche Schlafzimmer in ein fahles Licht, in dem das schwere
    Eichenholzbett mit seinem halbrunden Baldachin bedrohliche Schatten an die Wand warf.
    Wie überall im Haus herrschte auch hier fast vollkommene Stille. Nur das eintönige Ticken
    der Kaminuhr war zu hören. Patrick lag mit geschlossenen Augen aber noch vollständig
    angekleidet auf seinem Bett und grübelte.
    Wieder waren zwei Tage vergangen, in denen sie allen möglichen und unmöglichen Spuren
    im Haus nachgegangen waren. Fast jeden Stein in den unteren Gewölben hatten sie dabei
    umgedreht, auf den alten Bauplänen immer wieder nach anderen geheimen Räumen gesucht,
    selbst die Diener aus der Küche vertrieben und doch nichts gefunden.
    Langsam begann selbst seine optimistische Tante zu verzweifeln. Was, wenn ihr Leichnam
    gar nicht mehr existierte, wenn es Stanley Morgan irgendwie gelungen war, ihn zu vernichten,
    was also, wenn sie, nein wenn er mit seiner Vermutung unrecht und sie alle damit auf eine
    gänzlich falsche Spur gebracht hatte? Falls ja, dann hatten sie eine Menge kostbarer Zeit
    sinnlos vergeudet.






    Hinzu kam, dass Tante Liz natürlich spürte, dass Patrick trotz allem noch immer nicht
    vollends davon überzeugt war, wirklich in Gefahr zu sein. Im Gegenteil, je länger sie suchten,
    ohne auch nur den geringsten Beweis für die Anwesenheit dieses ominösen Geistes im Haus
    zu finden, desto mehr begann er wieder zu zweifeln. Ebenso wie seine Mutter.
    „Vielleicht machen wir uns nur selbst verrückt, Elizabeth“ gab sie zu bedenken, als sie
    gemeinsam im Garten ein wenig Erholung von der anstrengenden Suche suchten. „Vielleicht
    ist die Sache mit dem Bild ja doch nur ein zugegebenermaßen höchst ungewöhnlicher Zufall,
    und die vielen frühen Todesfälle nur eine tragische Verkettung unglücklicher Umstände, die
    nur den Anschein erweckten, als müsse auf unserer Familie ein Fluch liegen.“
    Aber die Countess schüttelte nur den Kopf und seufzte tief.
    „Ich wünschte, es wäre so. Doch das ist es nicht. Und uns läuft die Zeit davon.“






    Tat sie das wirklich? Oder bildeten sie sich das alles nur ein? Gab es für all das, was die Tante
    ihnen erzählt hatte, nicht vielleicht doch eine einfachere Erklärung? Er hätte es entschieden
    bejaht, wenn da nicht noch etwas anderes gewesen wäre, ein kaum zu bestimmendes Gefühl,
    als ob sie bei ihrer Suche beobachtet würden. Doch womöglich wurde er auch einfach nur
    verrückt.
    Und so war er grübelnd durch das Haus und den Garten gewandert, nachdem die Damen sich
    zurückgezogen hatten, statt selbst zu Bett zu gehen. Er hätte nicht sagen können, warum er
    auf einmal beschlossen hatte, zum ersten Mal allein in jenen Raum hinter der Kapelle zu
    gehen. Doch irgendetwas trieb ihn dorthin. Dieser Geist war Lady Elizabeth angeblich dort
    zum erstenmal erschienen, wenn er sie also selbst sehen wollte, bot ihm dieser Ort die beste
    Chance. Und genau das wünschte er sich mehr als alles andere, sie nur ein einziges Mal zu
    sehen, sei es auch nur, um endlich sicher sein zu können. Dabei fürchtete er diese Begegnung
    mindestens ebenso, wie er sie herbeisehnte.






    Und so war ihm nicht ganz wohl dabei gewesen, als er die quietschende Tür öffnete und in
    das Dunkel spähte. Nicht dass er feige war, das konnte man nun wirklich nicht von ihm
    behaupten, doch diesen merkwürdigen Ort, von dem seine Tante behauptete, es würde dort
    spuken, allein und mitten in der Nacht aufzusuchen, war doch etwas anderes, als es bei Tag
    und in Begleitung anderer zu tun.
    Die Luft war feucht und eiskalt, die Wärme des Spätsommers schien nicht bis hierher
    vorzudringen. Er wunderte sich nur, dass ihm das nicht schon tagsüber aufgefallen war.
    Unwillkürlich spannten sich seine Muskeln, während er geraume Zeit einfach nur in der Tür
    stand und wartete, aber nichts geschah. Alles blieb ruhig und dunkel, bis er eine der Kerzen
    vor dem Porträt anzündete.






    Als er in ihr Gesicht sah, verspürte er sofort das gleiche Gefühl von Vertrautheit, das ihn
    schon beim erstenmal so aus der Fassung gebracht hatte. Und genau wie schon zuvor,
    weigerte sich sein Innerstes, zu glauben, dass seine schöne Unbekannte ihm nach dem Leben
    trachtete.
    Lange stand er vor dem Bild und sah es an, als könne er in ihrem Gesicht eine Antwort auf all
    seine quälenden Fragen finden. Er nahm jede Kleinigkeit in sich auf, hoffte, ihr Lächeln
    würde sich verändern, ihr Blick von jenem fernen Punkt zu ihm zurückkehren, und als nichts
    dergleichen geschah, fühlte er sich zuerst nur enttäuscht und deprimiert, bis er sich im Stillen
    selbst auslachte. Hatte er denn wirklich erwartet, sie würde aus ihrem Rahmen steigen, um mit
    ihm zu sprechen?






    So hatte er die Kerzen gelöscht und sich in sein Zimmer begeben, da er heute ohnehin nichts
    mehr zu tun vermochte. Aber der Schlaf mied ihn wie in den meisten der vergangenen
    Nächte. Immer wieder kreisten seine Gedanken um diese geheimnisvolle Frau, in deren
    Händen sich, sollte sie tatsächlich existieren, sein Leben befand. Was für ein Mensch mochte
    sie wohl gewesen sein, als sie noch lebte, und was hatte sie in all der langen Zeit in diesem
    Haus gesehen und getan? Und wenn sie seit dreihundert Jahren in diesen Mauern
    umherwanderte, warum gab es dann keine Spukgeschichten, wie bei anderen Gespenstern?
    Fragen über Fragen und auf keine vermochte er eine Antwort zu finden.
    Mit einem Mal wurde es im Schlafzimmer merklich kühler und er begann zu frösteln.
    „Merkwürdig! Ich kann mich gar nicht erinnern, das Fenster offengelassen zu haben!“ dachte
    er, öffnete die Augen und ihm gefror das Blut in den Adern.






    Ein wallender Schatten glitt lautlos an seinem Bett vorüber, er lief nicht, er schlich auch nicht,
    nein er schwebte an ihm vorüber, einerseits dunkel, andererseits fast durchsichtig und seltsam
    verzerrt, was den unheimlichen Eindruck nur noch verstärkte. Wer oder was war das?
    Atemlos und ohne sich zu rühren wartete er, bis der Schatten an ihm vorübergezogen war.
    Dann riss er sich selbst aus seiner Erstarrung und sprang aus dem Bett.
    „Also gut, wer seid Ihr?“ rief er die Gestalt an und versuchte in der Dunkelheit des Zimmers
    mehr von ihr zu erkennen. Er war sich nicht sicher, glaubte aber, den Schatten einer Frau vor
    sich zu sehen.
    „Antwortet mir!“ forderte er sie auf. „Was habt Ihr ... in meinem Zimmer ... zu suchen?“
    Die Stimme versagte und er blieb wie angewurzelt stehen, als sein Blick auf ihre Füße fiel,
    die nicht den Boden berührten, stattdessen einige Zentimeter darüber schwebten.






    Sein Ruf war kaum verhallt, da leuchtete es um sie herum kurz auf, bevor sich die Konturen
    der Gestalt noch weiter aufzulösen begannen, ein Kleid, ein Gesicht wurden kurz sichtbar und
    wie ein Blitz durchfuhr ihn die Erkenntnis, wen er vor sich hatte. Vergessen waren seine
    Zweifel.
    „Nein, bitte warte, geh nicht fort!“ flehte er die Verschwindende an und tatsächlich schien sie
    inne zu halten. „Bitte …“ flüsterte er, „…bleib, ich möchte dich gern sehen...und mit dir
    sprechen.“
    „Das ist sehr ungewöhnlich!“ ertönte eine sanfte melodische Frauenstimme. „Keiner Eurer
    Vorgänger hat vor seinem Tod mit mir gesprochen.“
    „Kein Wunder, wenn niemand von deiner Existenz wusste. Ich bin sicher, andernfalls hätten
    sie sich die Chance ebenso wenig entgehen lassen wie ich.“
    „Und worüber ... wünscht Ihr zu sprechen?“ fragte sie nach einer Weile schließlich.
    „Über dich, ... über mich. Ich möchte dich so vieles fragen! Und ich würde dich wirklich gern
    sehen, wenigstens einmal.“






    „Also gut! Aber Ihr müsst verstehen, dass ich Euch nicht helfen kann, die Lösung für den
    Fluch zu finden!“ sagte sie und als er nickte, nahm sie wieder körperliche Gestalt an.
    Eine Wolke schob sich vor den Mond, schlagartig versank das Zimmer in tiefster Dunkelheit
    und er konnte nicht viel mehr von ihr erkennen als zuvor.
    „Stört es dich, wenn ich den Leuchter anzünde?“ fragte er daher, aber noch bevor er sich in
    Bewegung setzen konnte, um eines der langen Zündhölzer vom Kamin zu holen, hob sie die
    Hand und die Kerzen an seinem Bett flammten auf.
    Sein Fuß stoppte mitten im Lauf, während er sie anstarrte, vor Überraschung wie gelähmt,
    nicht unbedingt des kleinen Zauberkunststücks wegen, vielmehr durch ihren Anblick. Tante
    Liz hatte sich nicht geirrt, davon konnte er sich nun selbst überzeugen. Dies war tatsächlich
    die Frau auf den Bildern. Nur erschien sie ihm in Wirklichkeit bei weitem geheimnisvoller.






    Als erstes fiel ihm auf, wie ungewöhnlich blass sie war. Nur das warme Licht der Kerzen, das
    sich in ihrem Schmuck zu brechen schien, zauberte ein wenig Farbe auf die Wangen ihres
    Gesichts, das von ihrem dunklen im Nacken zusammengefassten Haar umschmeichelt wurde.
    Regelrecht angezogen wurde sein Blick von ihren Augen, deren Grün ihm heute um vieles
    dunkler erschien als auf den Bildern. Auch hatten sie in den Jahrhunderten etwas von ihrem
    strahlenden Glanz verloren.
    Zwar blickten sie ihn nicht unfreundlich an, diese Augen, eher sogar ein wenig traurig, doch
    das Bedauern, das er gleichzeitig in ihnen zu lesen glaubte, machte ihm mehr als ihre Worte
    klar, dass sie ihn nicht verschonen würde, sollte ihm sein Vorhaben nicht gelingen.





    Warum nur hegte er dann keinen Zorn gegen sie, die bereit war, ihm ohne Zögern in wenigen
    Tagen das Leben zu nehmen? Warum erging er sich stattdessen in stummer Bewunderung und
    ja, empfand sogar Mitleid für diese Mitleidlose, während er ohne es zu merken, Schritt für
    Schritt auf sie zuging? War die romantische Verliebtheit eines unreifen Jungen tatsächlich in
    der Lage, den erwachsenen Mann all das Unglück dieses Hauses vergessen zu lassen? Und
    doch hatte er sich insgeheim seit dem Tag, als er das Bild auf dem Dachspeicher entdeckte,
    nichts sehnlicher gewünscht, als sie kennen gelernt zu haben, nicht ahnend, dass das Schicksal
    derlei Wünsche manchmal auch erfüllt.
    Und nun stand er hier, so bezaubert von ihrer Erscheinung, dass er lange Zeit kein einziges
    Wort herausbrachte, so tief in ihren Anblick versunken, dass er zusammenfuhr, als sie das
    Schweigen unterbrach, um zu fragen, was er zu wissen wünsche und ihm auf die Schnelle
    nichts besseres einfiel als:
    „Was macht du hier?“






    „Ich wollte nach Euch sehen.“ lautete die Antwort.
    „Warum?“
    „Ihr schient so hoffnungslos zu sein, vorhin... und noch immer voller Zweifel.“
    „Dann hast du mich also wirklich beobachtet?“ Warum bin ich eigentlich noch überrascht,
    fragte er sich und schüttelte den Kopf.
    „Natürlich, die ganze Zeit über!“ bestätigte sie seine Vermutung. „Auch vorhin... in
    meinem...Raum. Ihr wirktet so traurig und ... müde. Ich dachte schon, Ihr würdet aufgeben.“
    „Ganz gewiss nicht!“ widersprach er sofort. „Ich werde erst aufgeben, wenn ich tot bin, und
    bis dahin wird noch sehr viel Zeit vergehen.“ Die Entschlossenheit in seiner Stimme entlockte
    ihr ein leises Lachen, bevor sie ihn mit einem Anflug von Spott fragte:
    „Ihr glaubt also, Ihr seid stärker als mein Fluch, ein Fluch, der bisher ohne Ausnahme jedes
    Mitglied dieser Familie getroffen hat?“
    „Nein! Aber ich werde ihn dennoch brechen! Mir bleibt keine Wahl!“






    „Das ist wahr, Ihr habt keine Wahl, niemand hat sie, nicht einmal ich.“ Sie senkte den Kopf,
    aber nicht rechtzeitig genug, als dass er nicht die Schwermut gesehen hätte, die sich über ihr
    Gesicht legte.
    „Heißt das, dass du töten musst, selbst wenn du es nicht willst?“
    „Ja!“ bestätigte sie. „Ich bestimme nur den Zeitpunkt und die Art. Ich kann es früher oder
    später geschehen lassen, es aufhalten oder beschleunigen. So wie bei Euch oder auch Eurem
    Vorgänger.“ Ihre Hand fuhr mit glättenden Bewegungen über die schweren Falten ihres
    Gewandes, während die andere an ihrer Halskette zupfte. Die Augen schlossen sich, als
    sie an den früheren Duke zurückdachte.
    „George Morgan war ein gütiger, redlicher Mensch, der niemals jemandem Schaden zufügte,
    ein Mensch, wie er in dieser Familie nur selten zu finden war. Deshalb ließ ich ihn und seine
    Familie in Ruhe. Aber er hatte auch ohne meine Einmischung nicht sehr viel Glück, nicht mit
    seiner Frau und nicht mit seinen Kindern. Ich konnte ihm daher nur ein langes Leben
    schenken und einen schnellen Tod.“







    Sie öffnete die Augen, sah ihn einen Moment lang an, bevor sie weiter erzählte. „Er stürzte
    vom Pferd wie Ihr, aber er verletzte sich schwer. Er hätte noch weiterleben können, ein paar
    Monate sicherlich, vielleicht sogar ein ganzes Jahr. Aber er vermochte sich kaum noch zu
    bewegen, litt unter furchtbaren Schmerzen und war dankbar, als ich zu ihm kam, um seine
    Qual zu beenden.“
    Patrick lauschte ihren Worten mit wachsendem Staunen. Er zweifelte nicht daran, dass sie die
    Wahrheit sprach und sein anfänglicher Groll schwand. Nur eine Frage brannte ihm noch
    immer auf der Seele.
    „Warum hast du uns alle verflucht?“ Ein Ruck lief durch ihren Körper, ihre Schultern
    strafften sich und sie streifte ihn mit einem ungläubig empörten Blick.
    „Bedarf das wirklich noch einer Erklärung?“ fragte sie voller Bitterkeit. „Eure Tante hat Euch
    die Geschichte doch erzählt!“






    „Ja, aber das meine ich auch nicht.“ erwiderte er ruhig und sah ihr nach, als sie sich abwandte,
    und zum Fenster hinüberglitt, einen Moment in den vom Mondlicht überfluteten Garten
    hinausstarrte und schließlich das Gesicht in den Händen verbarg. Er machte einen Schritt auf
    sie zu, blieb aber gleich wieder stehen. „Dass du dich rächen wolltest, verstehe ich ja, nur
    ....Warum hast du den Fluch nicht auf den einzig Schuldigen beschränkt, auf Stanley Morgan,
    warum hast du stattdessen Menschen dafür verantwortlich gemacht, die zum Zeitpunkt deines
    Todes noch nicht einmal geboren waren?“
    „Vielleicht habt Ihr recht!“ sagte sie dann plötzlich in fast nachdenklichem Ton. „Vielleicht
    war es grausam von mir, auch andere, längst nicht Geborene leiden zu lassen. Aber mein
    Entsetzen war so groß, damals, als ich begriff, was mir geschah.“






    Sie hob den Kopf. „Ich hatte solche Angst, ...wie nie zuvor in meinem Leben, ...Angst vor
    dem Tod in Kälte und Einsamkeit, ein lange währender Tod, ein furchtbarer Tod. Während er
    sich vergnügte und sein Leben genoss. Ihn zu hassen war nicht schwer. Gar nicht schwer. Und
    die Bitterkeit nährte meinen Hass, er wurde stärker und stärker, fraß meine Seele auf, bis er zu
    mächtig wurde, als dass die erflehte Rache allein an dem Verfluchten ihm genügte. Das Leid
    eines Einzigen reichte nicht aus, um meine Qualen zu lindern, meine Tränen versiegen zu
    lassen. Nein! Jeder, der aus dem Verbrechen Nutzen zog, sollte auch die Strafe mit ihm
    teilen.“ Während sie so sprach, konnte er sehen und spüren, wie der Zorn in ihr wuchs. Es
    wurde zunehmend dunkler im Zimmer, die Kerzen flackerten, ihr Licht schien von der
    Dunkelheit regelrecht verschlungen zu werden. Nur sie, die noch immer am Fenster stand,
    durchbrach die Finsternis. Eine entsetzliche Kälte, die von ihr auszugehen schien, kroch über
    den Boden auf ihn zu, erfasste seine Füße, seine Beine, und stieg langsam immer höher, bis
    sie ihn so fest in ihrer eisigen Umklammerung hielt, dass er nicht mehr in der Lage war,
    auch nur einen Finger zu rühren.






    Wind fegte plötzlich durch den Raum, obwohl kein einziges Fenster offen stand, löschte die
    Kerzen und ließ ihn abgesehen von dem unirdischen Wesen vor ihm kaum noch die Umrisse
    der Möbel erkennen. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder als sie herumwirbelte und ihn
    anstarrte, kein sanftes trauriges Wesen mehr, stattdessen ein wahrer Rachedämon mit
    blitzenden Augen und wehenden Haaren, unter dem sich der Schlund der Hölle selbst
    aufzutun schien. Glühende Asche wirbelte um sie herum, die Luft flimmerte in der Hitze,
    während er selbst noch immer vor Kälte schlotterte.
    „Er hat mich verraten und mir alles genommen, alles! Mein Leben, meinen Besitz und selbst
    meinen Namen.“ Allein ihre Stimme ließ die Kälte in seinen Knochen noch schlimmer
    werden. „Ich hatte das Recht, mit ihm das gleiche zu tun“ fauchte sie. „Er sollte in dem
    Bewusstsein leben und sterben, dass er mit seinem Vermögen, seinem Titel und seinem Blut
    auch sein Verbrechen weitervererben würde, von Generation zu Generation, bis nichts mehr
    davon übrig und mein Leid damit hundertfach vergolten wäre.“
    Gerade als er meinte, die eisige Faust, die ihn umklammert hielt, greife nach seinem Herzen,
    und er schon glaubte, es sei aus mit ihm, schoss ein Flammenstoß aus dem Boden, der sie
    verschlang, und ... der Spuk war vorüber.




    +++++++++++++++++++++++++
    Und bisher solls heute erstmal gehen. Ich hoffe, es ist in Ordnung, die Bilder nun alle in einen Post zu packen. Aber wenn man die Möglichkeit schon geboten bekommt, sollte man sie wohl auch nutzen.
    Bis zum nächsten Mal dann, liebe Grüße an alle.
    Nery