Aufgabe 6
Liebes Tagebuch,
ich hab dich endlich wieder!!! Es hat mir gefehlt, dich mit meinen Erinnerungen zu füttern. Mal sehen, ob ich sie alle behalten habe...
Adrian wollte nicht mehr lange warten mit dem Heiraten. Also machten wir einen Termin fest. Ich war soooo aufgeregt. Ich nervte Anabelle fast zu Tode glaube ich. Allein das Aussuchen des Brautkleides, da hat sie bestimmt die meisten verloren. Aber finde mal das PERFEKTE Kleid! Ich weiß nicht, in wie vielen Geschäften wir waren, bis wir ES endlich hatten. Ich wollte unbedingt in einer bestimmten kleinen Kapelle heiraten. Ich hab mich sofort in sie verliebt, als ich meine ersten Streifzüge durch Roseville gemacht hatte. Den Saal mieten, die Deko bestimmen und die Einladungen aussuchen und verschicken. Anabelle war immer dabei. Sie ist so lieb, ich glaube ohne sie hätte es noch viel länger gedauert.
Dann war es soweit, der große Tag war da. Aufregung pur! Anabelles Wagen wollte erst nicht anspringen. Ich dachte ich muss sterben. Das Brautkleid auf dem Rücksitz, der wartende Bräutigam vor dem Altar... ein Segen, nur eine Horrorvorstellung, denn dann sprang der Wagen doch an. Dann saß die Frisur nicht! Die Haare rutschten ständig wieder aus dem Knoten. Dann der Anruf meiner Eltern, dass der Flug Verspätung hatte und sie hoffen noch rechtzeitig anzukommen. Je mehr schief ging, desto nervöser wurde ich. Hätte ich Anabelle nicht gehabt, ich wäre gestorben. Dann im letzten Moment auch noch DAS, mein Absatz brach ab. Das war das Ende! Ich konnte doch nicht barfuss zum Altar.
In dem Moment kam Mira rein, sie hatte mit Jan den weiten Weg von Ravensea extra für meine Hochzeit auf sich genommen. Wir hatten uns ewig nicht gesehen. Sie wollte wissen, wann wir fertig sind, der Pastor würde mich vermissen. „Gar nicht, wenn das SO weitergeht!“, habe ich geantwortet und hielt ihr den abgebrochenen Absatz entgegen. „Ich geh nicht barfuss auf meine Hochzeit!“ hab ich ziemlich hysterisch geschrieen. „Nee, du nicht! Das wäre ja auch was! Gib mir mal den Zweiten...“ Mira widersprechen? Unmöglich, also hielt ich ihr den Zweiten hin und zack war der Absatz auch ab. Mein Gesicht muss einmalig gewesen sein. „So meine Süße, die nehme ich jetzt und du nimmst meine weißen mit Absatz. Ist doch praktisch, wenn die Freundin die gleiche Schuhgröße hat, oder?“
Ab da ging es wieder aufwärts: Meine Eltern trafen im letzten Moment ein. Anabelle hatte meine Frisur mit 88 Haarnadeln in den Griff bekommen, wenn es Gewitter gegeben hätte... der Blitz wäre bei mir gelandet. Nein, die Sonne schien und wir machten uns auf in die Kapelle. Mein Vater führte mich zum Altar. Da stand mein süßer Adrian schon und wartete brav, denn durch die Frisur- und Schuhaktion ging es erst 20 Minuten später los. Was er wohl gedacht hatte? Hätte ja auch sein können, dass ich unterwegs Reißaus nehme...
In dem Moment, als ich neben ihm stand, waren alle Pannen vergessen und meine Nervosität wie weggeblasen. Mein Vater übergab mich an Adrian mit den Worten: „Jeder sieht ein Stückchen Welt, gemeinsam seht Ihr die Ganze. Möget Ihr die hellen Fußstapfen des Glücks finden und ihnen auf dem ganzen Weg folgen.“ Das sind die kleinen, einzigartigen, unplanbaren Highlights des Tages, die man nie vergisst.
Die Party danach war einmalig schön. Jan und Mira hatten mir gefehlt und wir versprachen uns, nicht wieder so lange zu warten mit dem Wiedersehen. Sie waren begeistert von Adrian und unterhielten sich lange mit ihm.
Der DJ hatte super Musik und wir tanzten bis zum Morgen durch. Miras Schuhe waren super bequem. Es war ein toller Abend, an den ich gerne zurück denke.
Auf dem Hochzeitsfoto sieht man mir die Anspannung vor der Trauung nicht mehr an. Ich schaue mir gerne die Fotos an. Adrian hat sich seine eigene Erinnerungskiste zusammengestellt. Darin sind z. B. der kaputte Absatz, einige meiner Haarnadeln, der Korken der ersten Sektflasche des Abends, das Brautpaar vom Hochzeitskuchen und ein Tonband von seinem Bruder, mit Mitschnitten der Trauung und der Party.
Wir sitzen ab und an zusammen und holen alle Erinnerungen aus den Schränken und tauschen uns aus. Ich beschreibe ihm die Fotos und lass meine Erinnerungen dazu schweifen und er anhand der gesammelten Dinge, seine.
Umgezogen sind wir auch, das Haus wurde für unsere Pläne zu klein. Und dabei gingst du leider verschütt. Aber jetzt hab ich dich ja wieder. War ja klar, dass du in einer der letzten Kisten versteckt warst...
[FONT="]... für unsere Pläne zu klein, ja da war ich stehen geblieben. Ich spiele noch mit Anabelle im Orchester, einziger Unterschied, dass ich nur noch die Zweitbesetzung bin. So bin ich mehr in der Stadt und nicht mehr so viel unterwegs. Adrian wollte nicht, dass ich mit dem Spielen aufhöre. Aber Ende des Jahres läuft der Vertrag aus und ich bin nicht sicher, ob ich ihn verlängere. Anabelle, Pascal unser Cellist und ich haben da eine verrückte Idee. Ein eigenes Musikzentrum! Ob das etwas wird, steht noch in den Sternen. Adrian ist weiter bei Wellnessa.
Aber unser größtes Glück ist Claire. Sie hat Adrians Augen und meine dunkle Haarfarbe. Ich fände es nicht schlecht, wenn sie bald ein Geschwisterchen bekäme... [/FONT]