Kapitel 2: Ankunft
Als der Bus vom Flughafen in das Tal fuhr, in dem Siera Simlone Stadt lag, hatte man eine wunderbare Aussicht. Vor mir lag eine kleine Ansammlung von Gebäuden und sich endlos am Straßenrand enlangziehende Strommasten. Und im Hintergrund sah man die Berge. Ich war überrascht, wie grün es doch war. Ich meine, in einer Wüste erwartet man nur Staub und Sand, aber hier sah man überall Kakteen, Büsche und Bäume, die ich beim besten Willen nicht zuordnen konnte. Es gefiel mir.
Der Busfahrer setzte mich dann vor einem kleinen grünen Häuschen ab. Man würde erwarten, dass ich hineinstürmte, um es mir anzusehen, doch das tat ich nicht. Stattdessen setzte ich meine Tasche neben mir ab und hockte mich auf den warmen Wüstenboden. Das sollte also nun mein neues Zuhause werden? Ich war gerade einmal 19 und vollkommen auf mich allein gestellt. Irgendwie bekam ich es jetzt doch mit der Angst zu tun und ich traute mich nicht, das Haus zu betreten, denn dann würde es endgültig sein.
Es war übrigens nicht schwer, dieses Haus zu bekommen. Als ich mich am Flughafen von SimVegas bei der Einwanderungsbehörde meldete, war man begeistert, dass jemand mit der Staatsangehörigkeit der SimNation sich freiwillig für das Besiedlungsprogramm meldete. Scheinbar lief das Programm nicht ganz so gut an. Die meisten Bewerber waren Immigranten, die sich in der Sierra Simlone ein besseres Leben erhofften. Aber hey, dass war ich im Grunde auch. Der Beamte wies mir sofort das Haus direkt in Sierra Simlone Stadt zu. Würde ich mindestens fünf Jahre hier leben bleiben, wäre es meins.
Zuvor musste ich ein paar Eignungstests über mich ergehen lassen. Der Beamte meinte, dass sie aufgrund der Profile der freiwilligen Siedler eine bessere Werbekampagne ausarbeiten wollten.
Dabei kamen wirklich interessante Dinge zum Vorschein. Ich selbst hätte mich niemals so ernst und schüchtern eingestuft. Im Gegenzug glaube ich aber auch nicht, dass ich so eine Sportskanone bin. Wenigstens mein Sternzeichen stimmte.
Auch meine Hobbys wurden genau unter die Lupe genommen. Demnach interessiere ich mich besonders für Kultur, meine Umgebung und Essen. Zumindest bei letzterem konnte ich voll und ganz zustimmen.
Der interessanteste Teil des Tests war der Chemie-Test. Dabei ging es aber keineswegs um irgendwelche Formeln, sondern die Herrschaften wollten herausfinden, auf welchen Typ Mann ich stand. Nun, das war nicht schwer. Stark und behaart sollte er sein. Und Make-up gehört ausschließlich in mein Gesicht.
Ich muss eine ganze Weile so nachdenklich vor meinem neuen Haus gesessen haben. Plötzlich hörte ich ein Räuspern hinter mir und blickte in das Gesicht einer jungen Frau. Ich stand auf, klopfte mir den Staub von meinem Hintern und begrüßte sie. Sie stellte sich als Geraldine vor und arbeitete für eine der neuen Ölfirmen. Auch sie war gerade erst hier in Sierra Simlone Stadt eingetroffen.
Und sie blieb nicht der einzige Besuch an diesem Tag. Noch bevor ich Geraldine in mein Haus begleiten konnte, das ich selber noch nie betreten habe, kam eine weitere Gruppe von Menschen auf mich zu. Gerda, Benjamin und Manuela. Ich lud sie alle zu mir ein. Es konnte nicht schaden ein paar neue Menschen kennen zu lernen. Außerdem hatte ich so keine Ausrede mehr, mein eigenes Haus nicht zu betreten.
Im Gegensatz zu den anderen, war Gerda eine Einheimische. Sie und ihr Mann hatten eine Farm ganz hier in der Nähe, schon lange bevor die ersten Ölquellen in der Sierra Simlone entdeckt wurden. Ich musste Gerda meine Bewunderung aussprechen. Ich fand es toll, dass es Menschen gab, die wie sie, weit ab von der Zivilisation lebten und dafür sorgten, dass wir Stadtbewohner allen erdenklichen Komfort genießen konnten. Ich glaube, sie fühlte sich wirklich geschmeichelt.
Und dann war es endlich so weit. Zum ersten Mal betrat ich mein Haus. Es war überschaubar und das war auch gut so. Wie hätte ich sonst vor den anderen dagestanden, wenn ich mich in meinem eigenen Haus nicht zurechtgefunden hätte. Ich ging sofort in die Küche und zu meinem Glück, hat jemand kurz vorher einige Lebensmittel in den Kühlschrank gelegt, sodass ich meinen Gästen wenigsten eine Kleinigkeit zu Essen anbieten konnte.
Na gut, um ehrlich zu sein, hatte ich selbst einen Bärenhunger, denn schließlich habe ich nichts mehr gegessen, seit ich aus dem Flugzeug gestiegen bin. Die anderen hatten scheinbar keinen so großen Appetit, doch das störte mich nicht. "Glaubt ihr, dass wir morgen wieder so ein tolles Wetter haben werden?", fragte ich die anderen, während ich mein Sandwich abbiss. Manuela schaute mich an, als ob ich verrückt geworden wäre und der Gesichtsausdruck der anderen lies ähnliches vermuten. Ich lief knallrot an und kaute weiter an meinem Brot herum. Woher sollte ich denn wissen, dass in dieser Wüste die Sonne eigentlich immer schien.
Und noch etwas musste ich feststellen. Bei den Temperaturen, die draußen und auch hier drinnen im Haus herrschten, blieb das Essen nicht lange frisch. Eigentlich wurde es schon schlecht, noch während Geraldine und ich es aßen. Das war mir auch schon wieder total peinlich. Wie konnte ich meinen Gästen nur vergammeltes Essen anbieten? Doch Geraldine beruhigte mich schnell wieder: "Mach dir keine sorgen, Oxana. Das mussten wir alle erst einmal lernen."
Ich musste gestehen, dass ich Benjamin irgendwie süß fand. Sein Kleidungsstill war zwar gewöhnungsbedürftig und seine Nase hatte auch eine ganz seltsame Form, aber er hat etwas an sich, das mich ganz kribbelig macht. Es könnte aber auch sein, dass das nur an den vergammelten Sandwichs lag.
Die Hitze und das verdorbene Essen schienen mir etwas zu Kopf gestiegen zu sein, denn ich fing an ihn anzuhimmeln. Gerda guckte mich nur kopfschüttelnd an. Und auch Benjamin starrte mich verwundert an. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass er sich von mir verarscht vorkam. Er verabschiedete sich deshalb auch hastig und ging.